Sonntag, Februar 25, 2007

Ein Loblied auf den Keks

Wenn uns etwas auf den Keks geht, dann geht uns etwas auf den Geist. Wir finden etwas, meist das Gerede, das Geschreibe, das Getue anderer, wenn nicht unerträglich, so doch wenigstens langweilend und störend. Die Jungs und Mädels, die ein bisschen jünger sind als ich, haben andere Begriffe um mitzuteilen, dass ihnen etwas auf den Keks geht. Aber ich will auf etwas anderes hinaus.

Mit Keks hat sich die deutsche Sprache das englische „cakes“ einverleibt, einfach mal so. Eine lebendige Sprache kann das und darf das, sie braucht dafür keine Erlaubnis.

Sie muss sich auch nicht schämen, wenn sie Wörter aus einer anderen Sprache buchstabengetreu übernimmt, wie zum Beispiel „set“. Drei Kochtöpfe, die sich in Größe und Verwendungszweck ergänzen, bilden einen Set. Früher sprach man da eher von einer Garnitur, aber Set hat sich durchgesetzt.

Na ja, ganz aufgegeben hat die Garnitur auch nicht. Wenn es um Unterwäsche geht – Hemdchen und Höschen / Shirt and Slip – hat die Garnitur immer noch das Sagen, auch wenn beide zusammen ein Set sind.

Einen Set gibt es übrigens auch in der Schauspielerei, genauer: beim Film. Wenn da ein Film gedreht wird, gehören alle, die daran mitarbeiten, zum Set. Ein Set bezeichnet eben Dinge oder Menschen, die zusammengehören, was aber auch nicht immer gilt; Ehepaare oder Familien wurden bisher noch nicht als Set bezeichnet.

Manche anderen Wörter leisten mehr Widerstand. Wenn es beispielsweise um Teller, Tassen, Suppenschüsseln und so weiter geht, ist auch heute noch von Service die Rede und nicht von einem Set. Wie wir sehen, ist Logik nicht das, was unsere Sprache auszeichnet.

Aber das ist immer noch nicht das, was ich sagen wollte. Was ich sagen wollte und jetzt auch sage: Wir dürfen uns mit unserer Sprache nicht alles erlauben.

Bei aller Phantasie, bei allem Einfallsreichtum: Wörter wie „verstoffwechseln“ und „Eignungshöffigkeit“ sind unerträglich.

Was macht sie so abstoßend, so widerlich? Entweder verdrehen sie die Sprache so vollständig ins Dümmliche wie „verstoffwechseln“, oder sie bauen einen abstoßenden, weil hässlichen Popanz auf, der den Blick auf die Wirklichkeit versperrt.

(Beim „verstoffwechseln“ geht es um links- und rechtsdrehende Milchsäuren und die Frage, welche denn nun die gesündere und dem Stoffwechsel zuträglichere sei. Wie auch immer: Die Milchesäuren werden gewiss nicht „verstoffwechselt“.)

Die „Eignungshöffigkeit“ ist mindestens genauso grässlich.

Dieses Wort wurde im Zusammenhang mit dem Atommüllendlager-Thema Gorleben in die Welt gesetzt. Zitat aus der Süddeutschen Zeitung vom 22. Februar 2007: „Eignungshöffigkeit ist einer jener schillernden Begriffe, die die jahrzehntelange Endlager-Diskussion in die Sprache gespült hat. Er steht für ‚Hoffnung auf Eignung’ – wobei unter Wissenschaftlern schon wieder strittig ist, ob sich hinter der Hoffnung eine ‚Wahrscheinlichkeit’ oder eine ‚Möglichkeit’ verbirgt.“

Eignungshöffigkeit – eines der Schleierwörter, die unsere Sprache vergiften, weil sie die Dinge nicht klar und deutlich beim Namen nennen. (Sind Hoffnungen, die an die Zukunft geknüpft werden, Höffigkeiten?)

Das Ganze ist ein völlig „verstöppeltes“ Thema, wie meine Frau sagte. Ob es jemals entstöppelt werden kann? Versuchen sollten wir es, auch wenn wir nicht wissen, ob der Versuch zum Ziel führt. Heute sagt man lieber ‚zielführend’, was unsinnig ist. Eine Diskussion zum Beispiel führt kein Ziel, weder an der Leine noch an der Hand, eine Diskussion kann zum Ziel führen. Aber ist schon wieder so deutlich.

Und immer wenn man denkt, nun sei für den Augenblick alles gesagt, tauchen noch andere Fragen auf. Was sind beispielsweise „muskuläre“ Verletzungen, die laut Hamburger Abendblatt HSV-Trainer und Mannschaft grosse Sorgen bereiten?

Wenn es muskuläre Verletzungen gibt, dann müsste es auch knochige und sehnige Verletzungen geben. Davon war bisher aber nicht die Rede. Hat es sie nicht gegeben, oder fehlen noch die richtigen unverständlichen, aber beeindruckenden Begriffe?

Eines ist klar: Unsere Sprache ist lebendig. Zur Zeit allerdings kränkelt sie. Wir gehen zu oberflächlich, vielleicht auch gleichgültig mit ihr um; das macht ihr zu schaffen. Gewiss, im Eifer des Gesprächs kann nicht jedes Wort auf die Goldwaage gelegt werden, beim Schreiben, auch in der flüchtigen Tageszeitung, sollte das nicht passieren.

Der einzige Impfstoff, den wir gegen die Verwahrlosung unserer Sprache haben, ist der ständige Protest gegen jede Verhunzung. Anders ist der ansteckenden – Verzeihung – der viralen Wirkung der Dumm-, Blöd- und Schleierwörter nicht beizukommen.

Sonntag, Februar 18, 2007

Vorsicht, Quallen!

Quallen, auch Medusen genannt, sind ziemlich ekelhafte Tiere. Sie bestehen zu 99 Prozent aus Wasser, aber das eine andere Prozent hat es in sich. Wenn uns so ein Biest erwischt, kann das sehr schmerzhaft werden und manchmal sogar gefährlich. Aber wir müssen ja nicht ins Wasser gehen, und an Land können sie uns nichts tun.

Anders ist es mit den Wortquallen. Denen können wir nicht entkommen, egal, was wir tun. Sie begegnen uns in den Zeitungen und Zeitschriften, im Fernsehen und im Funk, einfach überall. Wir entrinnen ihnen nicht.

Nun gut, nicht alle sind gefährlich. Manche kitzeln uns nur, andere versetzen uns einen ganz schönen Schlag. Ärgerlich und lästig sind sie alle.

Da ich kein „gelernter“ Wissenschaftler bin, kann ich die Wortquallen, die im großen Meer der Sprache herumschwimmen, nicht kategorisieren, nicht in Gruppen, Stämme, Sorten oder sonstwas einteilen. Ich kann sie nur beim Namen nennen, kann sie, so gut es geht beschreiben und – wenn nötig – vor ihnen warnen.

Hier eine laienhafte Aufzählung:


Der Hessische Ministerpräsident, Herr Roland Koch, hat das Gesetz zur Gesundheitsreform für zustimmungsfähig erklärt. Herr Koch mag ja zu allem möglichen fähig sein, ein Gesetz ist es nicht.

Irgendjemand hat einen Weg gefunden, der mehrheitsfähig ist. Wege sind weder zu Mehrheiten noch zu sonst etwas fähig; sie mögen für dies und jenes geeignet sein, bestimmt nicht fähig.

Herrn Koch’s Sprachqualle ist, wie wir sehen, nicht allein in dieser Sprachwelt. Wie oft war schon von Material die Rede, das atomwaffenfähig sein soll! Dieses Material war nie fähig, sondern, wenn es zutraf, geeignet zur Herstellung von Atomwaffen.

Da gehen einige Politiker in ein Gespräch, um unterschiedliche Standpunkte zu diskutieren und – wenn möglich – zu einer Übereinkunft zu kommen. Vollmundig wird behauptet, man ginge ergebnisoffen in dieses Gespräch. Na wie denn sonst?!
Wenn man das Ergebnis des Gesprächs schon vorher kennte, brauchte man das Gespräch nicht zu führen – oder?

Zu den besonders häufig vorkommenden Wortquallen gehört „das hohe Gut“. Da ist einmal von dem hohen Gut der Gesundheit die Rede, mal von dem hohen Gut der Freiheit und von vielen anderen auch noch. Peng! Dann liegen diese Wortquallen am Strand, sind unansehnlich, auch ungefährlich und – neue Quallen nähern sich uns.

Natürlich gibt es auch Wortquallen, die nur lustig sind, oder vielleicht doch nicht nur lustig?

Bei schneller Antwort gibt es ein Gratis Geschenk. Also nichts wie ran! Aber sind Geschenke nicht immer gratis? Von dem Gefühl für eine Verpflichtung, die ein Geschenk möglicherweise auslöst, soll hier nicht die Rede sein; das wäre zu philosophisch.

Weniger philosophisch ist es, einen Vorgang moderatorisch zu begleiten. Das muss man erst mal können. Vielleicht geht das, wenn man genügend durchflexibilisiert ist, was immer das bedeutet. Dagegen ist die Wortqualle Jagdausübungsberechtigter recht unscheinbar, nicht wahr? Aber ihre Art kommt im Deutschen recht häufig vor. Nicht nur Mark Twain hat da die Händer über dem Kopf zusammengeschlagen.

Von dieser niederen Qualle schnell noch auf ein höheres Wesen, den Super-GAU. GAU – verflucht sei die Flut der Abkürzungen! – soll heißen: Größter Anzunehmender Unfall. Wenn also nichts größer sein kann, was ist dann ein
Super-GAU? Ganz einfach: super!

Ja, jetzt endlich beginne ich zu begreifen: Mein Zeithorizont muss verrutscht sein. Vielleicht habe ich das Zeitfenster, von dem immer wiede die Rede ist, nicht rechtzeitig geöffnet oder geschlossen. Das muss aber nicht meine Schuld sein. Mal, wird gesagt, sind die Zeitfenster zu klein, mal zu schmal.

Jetzt wollen wir doch mal alle Zeitfenster schließen; denn es zieht wie Hechtsuppe.

Dienstag, Februar 13, 2007

ZASt – zum Teufel mit den Abkürzungen!

Zu doof! Wenn man unverhofft etwas gefragt wird, macht das Gehirn oft auf totale Verdunkelung, und was man eben noch wusste, ist ins Nirwana verschwunden. Das macht Fernsehsendungen wie „Wer wird Millionär“ von Günter Jauch so spannend.

Als ich mich eben fragte, welche blöden Abkürzungen fallen mir denn auf Anhieb (für Deutschkenner: spontan) ein, kam ich nur auf GAU und PUG, den größten anzunehmenden Unfall und den Parlamentarischen Untersuchungsausschuss. Im Grunde reicht das erst einmal, obgleich ich nicht zufrieden mit diesem Ergebnis bin.

Da begegnete mir die Abkürzung ZASt und kam mir zuhilfe. Eine meiner vielen Banken, die meine vielen Vermögen verwalten und hoffentlich vermehren und mich endlich mal zum Multimillionär machen werden, erwähnte ZASt. Aha, dachte ich, das kann sich nur um Zaster handeln und fragte mich sofort: zu wessen Gunsten? Zu meinen? Unwahrscheinlich!

Und so war es dann auch. Es geht wirklich um Zaster, und zwar um meinen, für den ich jeden Tag hart arbeite. (Bei dieser Gelegenheit: Da mir meine Arbeit Spaß macht, wird es nicht lange dauern, bis ich dafür Vergnügungssteuer zahlen muss. ) ZASt heißt Zinsabschlagsteuer, kann also gar nichts Gutes für mich bedeuten. Bedeutet es auch nicht. Ich muss zahlen.

Auch Quatsch. Ich brauche gar nicht zu zahlen; es wird mir gleich von meiner Bank aus der Tasche gezogen; ich brauche nichts weiter zu tun, alles geht automatisch. Nur meine Arbeit funktioniert nicht automatisch, die muss ich noch selbst tun.

Was ich hier geschrieben habe, wird vielleicht noch nicht mit Vergnügungssteuer belegt, wie ich es eben befürchtete, wird aber bestimmt in irgendeiner Form der ZASt anheimfallen. Deshalb: Schluss mit lustig, sonst wird’s noch teurer.

PS: Abkürzungen sind des Teufels. Sie sollen uns verheimlichen, worum es wirklich geht. Aber so richtig funktioniert das Geheimhalten doch nicht.

Freitag, Februar 09, 2007

Tu du's

Schon lange bevor Gerhard Schröder von seiner Agenda 2010 sprach und damit das Wort Agenda adelte, begegnete mir dieses ach so beliebte Wort, wenn auch ohne Jahreszahl. Das war in einer Werbeagentur, elner Communications Agency, wie man das heute nennt. Was auf der Agenda steht oder stehen sollte, war die Frage. Ich wusste die Antwort nicht, weil mir nicht klar war, was mit Agenda gemeint war.

Ich habs dann gelernt. Gemeint war eine Arbeitsliste, ein Papier, auf dem notiert war, was getan werden sollte. Auf dieses Tun, das dann oft nicht getan wurde, komme ich noch zu sprechen.

Kein Zweifel: Agenda klingt viel besser als Arbeitsliste – so weich, so melodisch, jedenfalls nicht nach ungeliebter Arbeit. Klar, dass man lieber Agenda sagt und schreibt. Aber die Zeiten ändern sich. Heute, in der Süddeutschen, brachte ein Redakteur tatsächlich das Wort Arbeitsliste zu Papier anstelle der zu erwartenden Agenda. Er hat’s getan!

Das bringt mich zu den „To-dos“. Zu den was? Ja, zu den „To-dos“. Das sind die Sachen, die getan, die erledigt werden müssen, alles das also, was auf einer Agenda, Verzeihung, auf einer Arbeitsliste, steht.

Dumm ist nur, dass sich in diesem Fall das Englische und das Deutsche bis auf den letzten Ton gleichen: die „To-dos“ hören sich an wie “Tu du’s“. Und so wird es dann auch oft genug gemacht: Tu du es; ich habe keine Zeit, keine Lust oder sonstwas.

Wenn sprachlicher, fremdsprachlicher Unsinn doch immer so treffend beim Namen genannt werden könnte! Scheint aber nicht zu gehen. Schreibt da doch jemand in ener Fachzeitschrift, dass Verkäuferinnen im Closing besser seien als Verkäufer. Was er meint: Verkäuferinnen bringen ihre Verkaufsgespräche oft schneller und erfolgreicher zum Abschluss als ihre männlichen Kollegen. (Nebenbei die Erklärung in aller Kürze: Frauen hören besser zu.)

Donnerstag, Februar 08, 2007

Von Zwillingspärchen und Einzelkindern

„Entbehrlich“ und „unentbehrlich“ sind für mich ein Zwillingspärchen; sie gehören zusammen, auch wenn sie Gegensätzliches meinen. Was entbehrlich ist, muss man nicht haben, was unentbehrlich ist, wird dringend benötigt. So passen die beiden Wörtchen gut zusammen, zwillingsweise sozusagen.

Ganz anders steht es mit „unverzichtbar“. Dieses Wörtchen ist ein Einzelkind; denn das Wort „verzichtbar“ ist – zumindest im Wahrigs Wörterbuch – nicht verzeichnet; es ist mir auch noch nirgendwo begegnet. Übrigens kommt nicht einmal „unverzichtbar“ im dicken Wahrigs vor.

„Unverzichtbar“ dagegen begegnet mir jeden Tag. Politiker, Manager, Gewerkschafts- und andere Funktionäre, Leistungs- und Veranwortungsträger, bedeutende Personen des Öffentlichen und veröffentlichten Leben nehmen dieses Wörtchen offenbar mit Begeisterung in den Mund, um es uns dann vor die Füße zu spucken (das ist natürlich nur bildlich gemeint).

Worauf ich mit meiner ach so bekannten Umständlichkeit hinaus will? Ich habe den Verdacht, dass den meisten der Unterschied zwischen „unentbehrlich“ und dem noch nicht registrierten „unverzichtbar“ überhaupt nicht klar ist. Hinter diesem Verdacht steckt ein noch viel schlimmerer Gedanke.

Wenn ich etwas entbehre, dann fehlt mir etwas – oft etwas ganz Wichtiges. Wenn ich auf etwas verzichte, dann gebe ich einen Wunsch, dann gebe ich einen Anspruch auf. Genau das ist der Punkt, den ich meine. „Unverzichtbar“ ist ein Schlüsselwort unserer Anspruchsgesellschaft.

Wer will schon auf etwas verzichten, wenn er glaubt, darauf Anspruch zu haben? Ob er das, was er haben möchte und als „unverzichtbaren“ Anspruch einfordert, ob das vielleicht entbehrlich, also gar nicht wichtig, und möglicherweise sogar überflüssig ist – na ja, Anspruch bleibt Anspruch.

„Scheinbar“ – Verzeihung – „anscheinend“ ist das alles genauso schwer zu begreifen wie diese beiden Wörte. Sollte böse Absicht hinter allem stecken? Dummheit allemal!

Mittwoch, Februar 07, 2007

Konsensmilch

Konsensmilch – kein Schreibfehler, aber ein Fehler auf jeden Fall.

Ich bitte um Vergebung, sollte ich mit der einen oder anderen Wiederholung nerven. Bestimmt habe ich schon des öfteren meinen Missmut über das Modewort Konsens geäußert. Es hat aber seine Gründe.

So wie unsere Eltern und Großeltern gern ein paar Tropfen Kondensmilch ihn ihren Kaffee schütteten, so wird heute versucht, jedes Problem mit Konsensmilch zu versüßen. Da geschieht etwas im Konsens oder auch nicht. Da wird ein Konsens angestrebt, vielleicht auch nicht. Das Wörtchen Konsens ist fruchtbarer als jedes Karnickel; es hoppelt durch alle Medien.

Von dem einfachen Begriff Übereinstimmung hat sich Konsens mittlerweile ziemlich weit entfernt. Vielleicht auch, weil das Wort Dissens in der Öffentlichkeit so gut wie gar nicht vorkommt. Meinungsunterschiede werden nicht Dissens genannt, oder nur sehr, sehr selten. Alles läuft auf Konsens hinaus.

Zu welcher Blüte dieser Unfug gerät, zeigt das Wörtchen konsensual. Da werden konsensuale Gespräche geführt. Aber was für Gespräche sind das? Gespräche, in denen von vornherein Übereinstimmung besteht, oder soll die erst hergestellt werden? Es läuft wohl auf die erste Variante hinaus; man liebt sich von vornherein, sozusagen konsensual.

Vermutlich wird noch viel Konsensmilch auf den Dissenstischen verkleckert. Na ja.

Wenn gerade kein passend erscheinendes Fremdwort zur Verfügung steht, dann gibt es die aufregende Möglichkeit, sich einer bildhaften Sprache zu bedienen. Das führt häufig zum erstaunlichsten Unsinn, was wohl daran liegt, dass nicht jeder ein Goethe oder Schiller oder so ist.

Zeitfenster ist so ein vermeintlich bildhaftes Wort. Mal ist das Zeitfenster klein (man hat also nicht viel Zeit, etwas zu erledigen), mal ist das Zeitfenster günstig (ein guter Zeitpunkt, etwas zu regeln). Mal ehrlich, so richtige Bilder stellen sich bei diesen und anderen Zeitfenstern nicht ein.

Soll man ein Zeitfenster - klein oder groß - schließen oder öffnen? Geöffnete Zeitfenster könnten wenigstens für Durchzug sorgen und damit für frische Luft. Scheint aber nicht immer erwünscht zu sein. Früher mussten Fenster - wegen der Fliegergefahr - verdunkelt werden. Das würde sich heute für so manches Zeitfenster möglicherweise auch anbieten.

Da wird viel geplappert, nein, schlimmer noch: nachgeplappert, und als Entschuldigung wird – jede Wette! – der Zeitraum angeführt werden.

Wenn es einen Zeitraum gibt, warum soll es dann nicht auch ein Zeitfenster geben, oder vielleicht sogar viele? Und warum soll es dann nicht auch ein Zeitdach, ein Zeitfundament, eine Zeitwand und was weiß ich noch, geben?

Da haben wir’s. Bilder kann man nicht herbeireden; Bilder müssen von vornherein stimmen, wenigstens dann, wenn sie unsere Sprache einleuchtend bildhaft machen sollen.

Und weil ich es nun einmal nicht lassen kann, will ich schnell noch über ein paar geläufige Fremdwörter herfallen, die wir wirklich nicht brauchen; sie dienen, denke ich, nur der Faulheit und dem Hang, sich zu produzieren:

Roadmaps sind nichts anderes als Fahrpläne. Nein, nicht Fahrpläne für Busse und Bahnen, sondern für Projekte von Unternehmen und Institutionen, Pläne, die zeigen, wie man seine Ziele erreichen will.

Rollout hat nichts damit zu tun, einen sorgfältig gekneteten Teig nun ganz dünn auszurollen, um ihn dann in den Ofen zu schieben. Nein, es geht hier um etwas anderes. Wenn von Rollout die Rede ist, dann ist die Vorstellung, die Einführung eines Produkts gemeint.

(„Haben Sie schon downgeloadet?“) Eine blöde Frage, die mir in diesem Zusammenhang einfällt. Haben Sie Ihr neues Produkt schon outgerollt? Sehen Sie, so blöd einfach ist das alles.

Konsensmilch

Konsensmilch – kein Schreibfehler, aber ein Fehler auf jeden Fall.

Ich bitte um Vergebung, sollte ich mit der einen oder anderen Wiederholung nerven. Bestimmt habe ich schon des öfteren meinen Missmut über das Modewort Konsens geäußert. Es hat aber seine Gründe.

So wie unsere Eltern und Großeltern gern ein paar Tropfen Kondensmilch ihn ihren Kaffee schütteten, so wird heute versucht, jedes Problem mit Konsensmilch zu versüßen. Da geschieht etwas im Konsens oder auch nicht. Da wird ein Konsens angestrebt, vielleicht auch nicht. Das Wörtchen Konsens ist fruchtbarer als jedes Karnickel; es hoppelt durch alle Medien.

Von dem einfachen Begriff Übereinstimmung hat sich Konsens mittlerweile ziemlich weit entfernt. Vielleicht auch, weil das Wort Dissens in der Öffentlichkeit so gut wie gar nicht vorkommt. Meinungsunterschiede werden nicht Dissens genannt, oder nur sehr, sehr selten. Alles läuft auf Konsens hinaus.

Zu welcher Blüte dieser Unfug gerät, zeigt das Wörtchen konsensual. Da werden konsensuale Gespräche geführt. Aber was für Gespräche sind das? Gespräche, in denen von vornherein Übereinstimmung besteht, oder soll die erst hergestellt werden? Es läuft wohl auf die erste Variante hinaus; man liebt sich von vornherein, sozusagen konsensual.

Vermutlich wird noch viel Konsensmilch auf den Dissenstischen verkleckert. Na ja.

Wenn gerade kein passend erscheinendes Fremdwort zur Verfügung steht, dann gibt es die aufregende Möglichkeit, sich einer bildhaften Sprache zu bedienen. Das führt häufig zum erstaunlichsten Unsinn, was wohl daran liegt, dass nicht jeder ein Goethe oder Schiller oder so ist.

Zeitfenster ist so ein vermeintlich bildhaftes Wort. Mal ist das Zeitfenster klein (man hat also nicht viel Zeit, etwas zu erledigen), mal ist das Zeitfenster günstig (ein guter Zeitpunkt, etwas zu regeln). Mal ehrlich, so richtige Bilder stellen sich bei diesen und anderen Zeitfenstern nicht ein.

Soll man ein Zeitfenster - klein oder groß - schließen oder öffnen? Geöffnete Zeitfenster könnten wenigstens für Durchzug sorgen und damit für frische Luft. Scheint aber nicht immer erwünscht zu sein. Früher mussten Fenster - wegen der Fliegergefahr - verdunkelt werden. Das würde sich heute für so manches Zeitfenster möglicherweise auch anbieten.

Da wird viel geplappert, nein, schlimmer noch: nachgeplappert, und als Entschuldigung wird – jede Wette! – der Zeitraum angeführt werden.

Wenn es einen Zeitraum gibt, warum soll es dann nicht auch ein Zeitfenster geben, oder vielleicht sogar viele? Und warum soll es dann nicht auch ein Zeitdach, ein Zeitfundament, eine Zeitwand und was weiß ich noch, geben?

Da haben wir’s. Bilder kann man nicht herbeireden; Bilder müssen von vornherein stimmen, wenigstens dann, wenn sie unsere Sprache einleuchtend bildhaft machen sollen.

Und weil ich es nun einmal nicht lassen kann, will ich schnell noch über ein paar geläufige Fremdwörter herfallen, die wir wirklich nicht brauchen; sie dienen, denke ich, nur der Faulheit und dem Hang, sich zu produzieren:

Roadmaps sind nichts anderes als Fahrpläne. Nein, nicht Fahrpläne für Busse und Bahnen, sondern für Projekte von Unternehmen und Institutionen, Pläne, die zeigen, wie man seine Ziele erreichen will.

Rollout hat nichts damit zu tun, einen sorgfältig gekneteten Teig nun ganz dünn auszurollen, um ihn dann in den Ofen zu schieben. Nein, es geht hier um etwas anderes. Wenn von Rollout die Rede ist, dann ist die Vorstellung, die Einführung eines Produkts gemeint.

(„Haben Sie schon downgeloadet?“) Eine blöde Frage, die mir in diesem Zusammenhang einfällt. Haben Sie Ihr neues Produkt schon outgerollt? Sehen Sie, so blöd einfach ist das alles.

Samstag, Februar 03, 2007

Total vergeigt

Ich will zuerst einmal sagen, dass ich auch für zwei Automobilhersteller schreibe, deren Fahrzeuge nicht gerade zu den kleinsten und sparsamsten gehören. Ein bisschen lebe ich davon, und deshalb bin ich manchmal hin und her gerissen. Soll ich, oder soll ich nicht?

Wenn BILD heute titelt: "Die Erde stirbt!", dann mag das Hysterie sein. Aber von Krankheit darf doch wohl schon die Rede sein.

Wie sich diese Krankheit äußert? Auch in Nebensächlichkeiten, in der Leichtfertigkeit von Redakteuren zum Beispiel.

Da schreibt Thomas Geiger (aus Las Vegas, wie schön!) im Hamburger Abendblatt von 20./21. Januar 2007: "Audi durchbricht die Tempo-300-Marke". Na gut, damit nennt er eine Tatsache, sagt, was ist.

Das, was mir über die Hutschnur geht, kommt dann im Fließtext vor. Hier einige Beispiele:
"Als erstes Serienmodell ist er nach oben offen und jagt deshalb mit bis zu 301 km/h in Richtung Horizont." Horizont? - "Allerdings liegt auch der Verbrauch auf Porsche-Niveau: 14,6 Liter stehen als Normwert im Datenblatt, und es gehört nicht viel Phantasie dazu, sich vorzustellen, dass er unter verschärften Bedingungen (also im Normalfall, meine Meinung) das Doppelte verbraucht." - "Deshalb kann man mit dem R8 an einem Tag gelassen wie in einer großen Limousine von Hamburg nach München fahren, und am nächsten dynamisch über Bergpässe preschen." - So wirkt die flache Schnauze mit dem kleinen Single-Frame-Grill, den aus LED-
Punkten geformten Schlitzaugen des Tagfahrlichts und den erstmals auf die Haube gerückten Audi-Ringen im Rückspiegel so souverän und böse, dass man die Spur schon freiwillig räumt."
"...und das breite Heck schüttet nur blanken Hohn über alle langsameren Autos durch seine Lüftungsgitter aus."

So hat Herr Geiger seinen Beitrag gründlich vergeigt. Nicht nur in seiner leichtfertigen Auffasung, seinem Aufruf zur Brutalität auf den Straßen ("souverän und böse"), sondern auch noch durch sein mangelhaftes Deutsch. Frönt schreibt man frönt und nicht fröhnt.

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Der reine Key Note Wahnsinn

Wenn ein Key Note Speaker auf einer Road Show spricht, die möglicherweise ein open air event ist, dann liest sich das in einer Fachzeitschrift zum beispiel so: "Zu den cleveren Gestaltungsideen des 8. Deutschen Eventtages gehörte die Verlagerung der Workshops in separate Kuben, die für eine deutliche Isolation vom Außengeschehen sorgten und eine gute Konzentration auf die Inhalte ermöglichte." (Ach ja, die Arbeitsgespräche wurden in gesonderte Würfel verlegt - etwa in Big Brother Container?)

Darf ich Ihnen mal diesen Sprachprotz vom Himmel des sprachlichen Blödsinns zurück auf die Erde holen? Danke!

Der Key Note Speaker des Events ist kein anderer als der Hauptsprecher der Veranstaltung. Seine Key Note ist der wesentliche Vortrag der Veranstaltung, meinethalben des Ereignisses.
Die Road Show ist eine Wanderausstellung (klingt natürlich nicht so toll, ist aber so). Und was open air angeht, ist manchmal auch nicht mehr als heiße Luft, normalerweise aber eine Freilichtveranstaltung. Wenn ich jetzt noch Zeitlupe anstelle von slow motion ins Spiel bringe, dann besteht die Gefahr, dass ich vom Hundertsten ins Tausendste komme. Das will ich aber nicht. Schluß deshhalb. Für heute? Jedenfalls für den Augenblick.

Boxen im Zweiten

Immer ein Riesentrara. Was früher Sport war, ist heute mehr Theater. Nun gut, eine Prise Sport ist auch dabei. Aber darum geht es nicht. Es geht um etwas anderes.

Da stellt ein recht korpulenter, pausbackiger Herr die beiden im Ring zu erwartenden Boxer vor und spricht von deren Kampfrekord. Rekord? Ja, er sagt deutlich "Rekord", meint aber in Wirklichkeit etwas ganz anderes.

Er meint das englische "Record", was eine ziemlich andere Bedeutung hat, Aufzeichnung beispielsweise, Bericht und so manches andere noch, auch Liste. Und damit käme unser pausbäckiger Herr der Sache schon näher. Wenn er doch von Kampfbilanz spräche,von der Zahl der Kämpfe, der Siege, der Niederlagen, der Unentschieden! Dann wäre alles im Lot.

Eine Kleinigkeit soll dem Herren zugute gehalten werden. Wenn er Kampf "deutsch und record englisch ausspräche, würde das sehr albern klingen. Und das wäre wohl eine Alberei zuviel in diesem Zirkus. Man kann auch hier übertreiben.

PS: Ein ähnlicher Unfug wird mit der falschen Interpretation des englischen Wörtchen control getrieben. Control wird - wie naheliegend falsch - mit kontrollieren übersetzt, obgleich es hier um steuern geht. Das ist ja wohl ein Unterschied, oder?

Freitag, Februar 02, 2007

Sozialverträglich

Sozialverträglich - ein viel- und zugleich nichtssagendes Wort. Es wird immer im Zusammenhang mit der Entlassung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern benutzt. Was steckt dahinter?

So ganau weiß das wohl niemand. Und genau deshalb wird das Wort "sozialverträglich" so gefürchtet; niemand weiß genau, was auf ihn zukommt. Dass es nichts Gutes sein wird, ist aber jedem klar.

Soweit ich das überblicken kann, bringt die Sozialverträglichkeit dem Unternehmen Vorteile, nicht aber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern - entlassen ist entlassen!

Da stehst du nun auf der Straße, bis zu alt oder zu dumm, um in deiner Firma Arbeit zu bekommen. Uund wo sollst du nun finden? Die Alten und Dummen will niemand haben. Dabei sind die wieder alt noch dumm.

Bevor sich diese Erkenntnis durchgesetzt hat, sind die alten und dummen Manager in Rente, die ihnen ein Vielfaches der "Rente" einbringt, die der durchschnittliche Rentner zu erwarten hat.

Aber das Volk ist dumm und duckt sich.
02. 01. 2007

Welche Überraschung! Das neue Jahr ist nun schon zwei Tage alt. Das Wetter ist wie es war. Auch sonst hat sich wahrscheinlich weniger geändert als erhofft oder befürchtet. Es geht alles seinen Gang, ohne Rücksicht auf die Willkür des Kalenders.
So komme ich wie bisher nur zu einem kleinen Teil dessen, was ich notieren wollte.

Zur Weihnachtsfeier am 25. Dezember in Bad Bramstedt noch keine Zeile. Zum Jahresschlusstreffen in der Keplerstraße am 30. Dezember – das war sehr schön – auch kein Wort.

Ich sehe kaum noch fern – Nachrichten so gut wie überhaupt nicht – und werde trotzdem überschüttet von…, ja, von was?

DER TAGESSPIEGEL „Jetzt heißt es handeln. Ein dringlicher Aufruf von Sir David King, Oberster Wissentschatlicher Berater der britischen Regierung“ (Beilage DIE ZEIT). Im Zusammenhang damit: DIE ZEIT Nr. 51, 14. Dezember 2006: „WISSEN. Erwachen am Amazonas“ und weiter: „Die letzten Tropfen des Jordans“. Welt, Umwelt, unsere Welt – wir bringen uns um und das mit Vergnügen. Zu allen drei Beiträgen gibt es etwas zu schreiben. Ich hoffe, das in den nächsten Tagen zu tun.

Der Grund allen Übels ist der Egoismus. Das ist eine menschliche Eigenschaft, die das Überleben sichern soll. Das gelingt aber nur, wenn wir uns als soziale Wesen verstehen, wenn wir im Zusammenleben unsere Chance sehen und nicht im Gegeneinanderleben.

(Das biblische „Geben ist seliger als Nehmen“ klingt ziemlich verrückt. Aber: bekommt man nicht etwas zurück, wenn man etwas gibt? Ein Lächeln vielleicht, ein kleines Danke, vielleicht auch eine Hand, die in der Not hilft? Wer weiß!
(Hier ist noch einiges hinzuzufügen nach nochmaliger Lektüre der drei Beiträge)

„Amerika bietet der Welt keine Alternative mehr“ – Ein Gespräch mit dem englischen Historiker Tony Judt über die ‚Israel-Lobby’ und die Redefreiheit iln den USA, über den Opportunismus der Intellektuellen und die Zukunft des europäischen Modells“ (DIE ZEIT 2. November 2006)

„Die USA sind nichr mehr unsere Zukunft“ – Gespräch mit dem französischen Historiker Emmanuel Todd (DIE ZEIT 14. Dezember 2006). Dazu wenigstens das Wichtigste notieren.

Rechtsextremistische Verlage. Ich habe schon im November einen Buchkatalog des Kopp-Verlags bekommen – lauter rückwärtsgerichtete Literatur, aufbereitet für eine neue Diktatur. Nur der neue Diktator fehlt noch. Dies ist ein Verlag von vielen.

„Die Politik“ jammert, wenn, wie beispielsweise neulich in Mecklenburg, die Rechtsextremen in den Landtag kommen, aber sie unternimmt nichts, nicht jedenfalls, das wirkt.

Wie schlimm das ist, was diese Verlage veröffentlichen, will ich in Stichworten notieren.

Warum geschieht hier nichts? Verbieten kann man die Verlage und ihre Publikationen wohl nicht; die grundgesetzliche garantierte Meinungsfreiheit erlaubt auch diesen Schmutz.

Was mich erstaunt und beunruhigt ist, dass die sonst so hellhörigen Medien schweigen. Taub auf beiden Ohren? Blind auf beiden Augen? Wenn die Gazetten erst in Flammen aufgehen, ist es zu spät. Das hatten wir doch schon alles mal.

Schnell noch zur Sprache:

„…von einer Redaktion händisch geprüft…“ händisch!
Ja, ja, ja, unsere Sprache lebt, das weiß ich, und ich finde das gut. Manche Wörter rücken in den Hintergrund, geraten sogar in Vergessenheit (zeitweise wenigstens), andere, neue tauchen auf. Das bedeutet aber nicht, dass man mit jedem neuen Wort einverstanden sein muss.

Für mich ist „händisch“ ein Gruselwort, ein Wort, bei dem mir schlecht wird. Da haben in einer Redaktion irgendwelche Mitarbeiter Akten, Papiere, in die Hand genommen und geprüft. Sie haben etwas mit Hilfe ihrer Händer erledigt, und das soll händisch heißen? Wenn wir einen Buchstaben austauschen, das ä gegen das ü, kommen wir zu hündisch; daran muss ich bei händisch immer denken (Hündisch = unterwürfig.)

„…fußläufig....“ Noch so ein Wort! Gemeint ist, dass irgend ein Ziel nahe genug liegt, um zu Fuß erreicht zu werden. Wer erfindet nur so grässliche Wörter? Beispiel
„Ärzte, Apotheken, das Rathaus sind fußläufig zu erreichen.“ Grausig! Wieviel schöner liest sich doch „Ärzte, Apotheken, das Rathaus sind leicht zu Fuß zu erreichen. (weil sie sich in der Nähe befinden).

„…ein genehmigungsfähiges System…“ genehmigungsfähig! Systeme können leistungsfähig sein. Ein leistungsfähiges Fernheizungssystem versorgt zum Beispiel die angeschlossenen Häuser zu jeder Zeit und ausreichend mit der benötigten Wärme.

Aber ein genehmigungsfähiges System? Was ist das? Was genehmigt dieses System? Nichts! Ein atomwaffenfähiges System ist ja auch nicht fähig, sondern nur geeignet (schlimm genug) Atomwaffen herzustellen.

„…gelebte Selbstverständlichkeit…“ ??? Selbstverständliches muss man nicht leben; es ist ein ganz selbstverständlich da, und man lebt damit. Aber heute wird ja so alles mögliche „gelebt“ – die Unternehmenskultur, zum Beispiel – wie ja auch die Menschen „abgeholt“ und „mitgenommen“ werden sollen. Abgeholt von dort, wo sie gerade sind (ist nicht räumlich zu verstehen) und mitgenommen (wohin, wird nicht immer gesagt.) Billige Wortmünzen, von einem zum andern weitergereicht und entsprechend abgegriffen.

„…sensible Daten…“ ??? „…sensibles Thema…“. Der Unfug nimmt kein Ende. Sensible Daten sind vertrauliche Daten, die nicht jedem zugänglich gemacht werden sollen. Ein sensibles Thema? Das ist ein heikles Thema; da gibt es unterschiedliche Auffassungen, Meinungsverschiedenheiten.

Im Augenblick fallen mir keine anderen Beispiele ein, aber es gibt viele. Warum wird das, worum es geht, so oft mit dem Wörtchen sensibel bezeichnet? Weil es so bequem ist. Weil man sich sonst genauer überlegen müsste, was man eigentlich sagen will. Das Gemeinste an diesem gedankenlosen Spiel ist, dass man sich immer damit herausreden kann: So habe ich das nicht gemeint, da bin ich falsch verstanden worden usw. usw.

„Prekariat“ – ein ganz neues Fremdwort, das mir fast jeden Tag über den Weg läuft.
Wenn ich mich recht besinne, sind damit die hervorragend ausgebildeten Menschen gemeint, die zu viel wissen und zu wenig können, um eine vernünftige Arbeit zu finden (oder anzunehmen).

Noch ein Unwort: Synergien. (Hamburger Abendblatt, 04. 01. 2007, „Interview … über ‚Ziele, Synergien und die Konkurrenz“ – es geht um den Zusammenschluss zweier Hamburger Banken).

Mit Synergien ist Rationalisierung gemeint, Kürzung von Kosten, Stellenabbau, in den meisten Fällen bisher Stellenabbau, die Entlassung von Mitarbeitern – auf welche Weise auch immer. Da wird dann ein Komplettverkauf (eines Unernehmens) angestrebt, weil es bei Teillösungen nur wenig Synergien gäbe, also nur geringe Möglichkeiten, etwas einzusparen, zum Beispiel Mitarbeiter.

Als letztes für den Augenblick: „Zeitnah“. „Der Vorstand habe trotz Vorliegen deutlicher Hinweise … nicht konsequent und zeitnah gehandelt. Der Vorstand hat nicht sofort gehandelt. Das ist es doch! Was heißt „zeitnah“? In welcher Nähe zu welcher Zeit?

Meine Formel: Technologie anstelle von Technik (die Großmäuligkeit). Sie trifft es immer wieder.

24. 01. 2007
24. 01. 2007

Die letzte Eintragung habe ich am 02. 01. 2007 gemacht, also so ungefähr vor 3 Wochen. Da ging es zum Schluss, wie so oft, um die Sprache. Darum geht es auch jetzt, obwohl viele andere Themen darauf warten, besprochen zu werden. Aber auf allen Hochzeiten kann niemand tanzen.

Also zur Sprache, zum Sprachmissbrauch.

„Voten Sie“, wird in einer Werbe- sprich Kommunikationsfachzeitschrift aufgerufen.
Voten? Nie gehört, nie gelesen, und keiner auf der Straße versteht das. Aber wir befinden uns ja auch nicht auf der Straße, sondern in der Sperrzone der Kommunikationsindustrie, in der Denglisch geschrieben und gesprochen, wenn auch nicht immer verstanden wird. Voten Sie! Stimmen Sie ab, wählen Sie, entscheiden Sie, treffen Sie Ihre Entscheidung (klingt besser, nicht wahr?)

Ist da nicht etwas überpaced worden? Habe ich das richtig geschrieben? Ich fürchte,nein. Aber ich weiß nicht, wie man überpaced richtig schreibt – im Deutschen. Im Englischen gibt es das Wort „überpaced“ nicht. Zu schnell, zu heftig, zu unüberlegt, kopflos, auf Teufel komm raus – es gibt viele deutsche Wörter, die genauer sagen, was mit „überpaced“ gesagt werden soll.

So geht das bei uns munter weiter. Mit „bei uns“ meine ich uns Deutsche. Die Franzosen, Spanier und Italiener machen diesen Unfug nicht mit.

Auf diese Weise kommen wir (Hamburger Abendblatt, 24. Januar 2007) sogar zur Pre- und Post-Family, womit junge Leute gemeint sind, die noch keine Kinder haben und alte, deren Kinder bereits aus dem Haus sind.

Wieviel unauffälliger, aber nicht weniger blödsinnig ist da die Erwartungshaltung. Erwartung oder Erwartungen würde doch genügen. Aber da sind wir wieder bei der Technologie, die nur zu oft ganz einfache Technik ist. Das Einfache hat es heute schwer, sich gegen die zwei-, drei-, vier-, und vielfache Übertreibung zu behaupten.

Zum Schluss für heute die „Soft-Air-Waffen“. Soft air: sanfte, zarte, weiche Luft. Ein Hauch alsol Ein Hauch. An ein Luftgewehr, eine Luftpistole kann ich mich erinnern. Damit sollten wir als Pimpfe das Schießen lernen. Gut, das war auch nicht so wortwörtlich gemeint. Diese Waffen bestanden nicht aus Luft, sie schossen ihre „Kugeln“ durch Luftdruck und nicht durch die Explosion von Pulver in die Gegend. Das war leiser und weniger tödlich. Unfälle gab es aber auch.

Was ich mit dieser Meckerei erreichen will? Ich möchte, dass sich nichrt jeder Wahrigs Wörterbuch oder den genau so teuren Duden kaufen muss, um zu verstehen, was ihm da gesagt und geschrieben wird.

Das soll’s für heute sein.