Freitag, Februar 02, 2007

02. 01. 2007

Welche Überraschung! Das neue Jahr ist nun schon zwei Tage alt. Das Wetter ist wie es war. Auch sonst hat sich wahrscheinlich weniger geändert als erhofft oder befürchtet. Es geht alles seinen Gang, ohne Rücksicht auf die Willkür des Kalenders.
So komme ich wie bisher nur zu einem kleinen Teil dessen, was ich notieren wollte.

Zur Weihnachtsfeier am 25. Dezember in Bad Bramstedt noch keine Zeile. Zum Jahresschlusstreffen in der Keplerstraße am 30. Dezember – das war sehr schön – auch kein Wort.

Ich sehe kaum noch fern – Nachrichten so gut wie überhaupt nicht – und werde trotzdem überschüttet von…, ja, von was?

DER TAGESSPIEGEL „Jetzt heißt es handeln. Ein dringlicher Aufruf von Sir David King, Oberster Wissentschatlicher Berater der britischen Regierung“ (Beilage DIE ZEIT). Im Zusammenhang damit: DIE ZEIT Nr. 51, 14. Dezember 2006: „WISSEN. Erwachen am Amazonas“ und weiter: „Die letzten Tropfen des Jordans“. Welt, Umwelt, unsere Welt – wir bringen uns um und das mit Vergnügen. Zu allen drei Beiträgen gibt es etwas zu schreiben. Ich hoffe, das in den nächsten Tagen zu tun.

Der Grund allen Übels ist der Egoismus. Das ist eine menschliche Eigenschaft, die das Überleben sichern soll. Das gelingt aber nur, wenn wir uns als soziale Wesen verstehen, wenn wir im Zusammenleben unsere Chance sehen und nicht im Gegeneinanderleben.

(Das biblische „Geben ist seliger als Nehmen“ klingt ziemlich verrückt. Aber: bekommt man nicht etwas zurück, wenn man etwas gibt? Ein Lächeln vielleicht, ein kleines Danke, vielleicht auch eine Hand, die in der Not hilft? Wer weiß!
(Hier ist noch einiges hinzuzufügen nach nochmaliger Lektüre der drei Beiträge)

„Amerika bietet der Welt keine Alternative mehr“ – Ein Gespräch mit dem englischen Historiker Tony Judt über die ‚Israel-Lobby’ und die Redefreiheit iln den USA, über den Opportunismus der Intellektuellen und die Zukunft des europäischen Modells“ (DIE ZEIT 2. November 2006)

„Die USA sind nichr mehr unsere Zukunft“ – Gespräch mit dem französischen Historiker Emmanuel Todd (DIE ZEIT 14. Dezember 2006). Dazu wenigstens das Wichtigste notieren.

Rechtsextremistische Verlage. Ich habe schon im November einen Buchkatalog des Kopp-Verlags bekommen – lauter rückwärtsgerichtete Literatur, aufbereitet für eine neue Diktatur. Nur der neue Diktator fehlt noch. Dies ist ein Verlag von vielen.

„Die Politik“ jammert, wenn, wie beispielsweise neulich in Mecklenburg, die Rechtsextremen in den Landtag kommen, aber sie unternimmt nichts, nicht jedenfalls, das wirkt.

Wie schlimm das ist, was diese Verlage veröffentlichen, will ich in Stichworten notieren.

Warum geschieht hier nichts? Verbieten kann man die Verlage und ihre Publikationen wohl nicht; die grundgesetzliche garantierte Meinungsfreiheit erlaubt auch diesen Schmutz.

Was mich erstaunt und beunruhigt ist, dass die sonst so hellhörigen Medien schweigen. Taub auf beiden Ohren? Blind auf beiden Augen? Wenn die Gazetten erst in Flammen aufgehen, ist es zu spät. Das hatten wir doch schon alles mal.

Schnell noch zur Sprache:

„…von einer Redaktion händisch geprüft…“ händisch!
Ja, ja, ja, unsere Sprache lebt, das weiß ich, und ich finde das gut. Manche Wörter rücken in den Hintergrund, geraten sogar in Vergessenheit (zeitweise wenigstens), andere, neue tauchen auf. Das bedeutet aber nicht, dass man mit jedem neuen Wort einverstanden sein muss.

Für mich ist „händisch“ ein Gruselwort, ein Wort, bei dem mir schlecht wird. Da haben in einer Redaktion irgendwelche Mitarbeiter Akten, Papiere, in die Hand genommen und geprüft. Sie haben etwas mit Hilfe ihrer Händer erledigt, und das soll händisch heißen? Wenn wir einen Buchstaben austauschen, das ä gegen das ü, kommen wir zu hündisch; daran muss ich bei händisch immer denken (Hündisch = unterwürfig.)

„…fußläufig....“ Noch so ein Wort! Gemeint ist, dass irgend ein Ziel nahe genug liegt, um zu Fuß erreicht zu werden. Wer erfindet nur so grässliche Wörter? Beispiel
„Ärzte, Apotheken, das Rathaus sind fußläufig zu erreichen.“ Grausig! Wieviel schöner liest sich doch „Ärzte, Apotheken, das Rathaus sind leicht zu Fuß zu erreichen. (weil sie sich in der Nähe befinden).

„…ein genehmigungsfähiges System…“ genehmigungsfähig! Systeme können leistungsfähig sein. Ein leistungsfähiges Fernheizungssystem versorgt zum Beispiel die angeschlossenen Häuser zu jeder Zeit und ausreichend mit der benötigten Wärme.

Aber ein genehmigungsfähiges System? Was ist das? Was genehmigt dieses System? Nichts! Ein atomwaffenfähiges System ist ja auch nicht fähig, sondern nur geeignet (schlimm genug) Atomwaffen herzustellen.

„…gelebte Selbstverständlichkeit…“ ??? Selbstverständliches muss man nicht leben; es ist ein ganz selbstverständlich da, und man lebt damit. Aber heute wird ja so alles mögliche „gelebt“ – die Unternehmenskultur, zum Beispiel – wie ja auch die Menschen „abgeholt“ und „mitgenommen“ werden sollen. Abgeholt von dort, wo sie gerade sind (ist nicht räumlich zu verstehen) und mitgenommen (wohin, wird nicht immer gesagt.) Billige Wortmünzen, von einem zum andern weitergereicht und entsprechend abgegriffen.

„…sensible Daten…“ ??? „…sensibles Thema…“. Der Unfug nimmt kein Ende. Sensible Daten sind vertrauliche Daten, die nicht jedem zugänglich gemacht werden sollen. Ein sensibles Thema? Das ist ein heikles Thema; da gibt es unterschiedliche Auffassungen, Meinungsverschiedenheiten.

Im Augenblick fallen mir keine anderen Beispiele ein, aber es gibt viele. Warum wird das, worum es geht, so oft mit dem Wörtchen sensibel bezeichnet? Weil es so bequem ist. Weil man sich sonst genauer überlegen müsste, was man eigentlich sagen will. Das Gemeinste an diesem gedankenlosen Spiel ist, dass man sich immer damit herausreden kann: So habe ich das nicht gemeint, da bin ich falsch verstanden worden usw. usw.

„Prekariat“ – ein ganz neues Fremdwort, das mir fast jeden Tag über den Weg läuft.
Wenn ich mich recht besinne, sind damit die hervorragend ausgebildeten Menschen gemeint, die zu viel wissen und zu wenig können, um eine vernünftige Arbeit zu finden (oder anzunehmen).

Noch ein Unwort: Synergien. (Hamburger Abendblatt, 04. 01. 2007, „Interview … über ‚Ziele, Synergien und die Konkurrenz“ – es geht um den Zusammenschluss zweier Hamburger Banken).

Mit Synergien ist Rationalisierung gemeint, Kürzung von Kosten, Stellenabbau, in den meisten Fällen bisher Stellenabbau, die Entlassung von Mitarbeitern – auf welche Weise auch immer. Da wird dann ein Komplettverkauf (eines Unernehmens) angestrebt, weil es bei Teillösungen nur wenig Synergien gäbe, also nur geringe Möglichkeiten, etwas einzusparen, zum Beispiel Mitarbeiter.

Als letztes für den Augenblick: „Zeitnah“. „Der Vorstand habe trotz Vorliegen deutlicher Hinweise … nicht konsequent und zeitnah gehandelt. Der Vorstand hat nicht sofort gehandelt. Das ist es doch! Was heißt „zeitnah“? In welcher Nähe zu welcher Zeit?

Meine Formel: Technologie anstelle von Technik (die Großmäuligkeit). Sie trifft es immer wieder.

24. 01. 2007