Sonntag, März 25, 2018

Begrifflichkeiten

Wenn wir uns von etwas einen Begriff machen, dann stellen  wir uns etwas Bestimmtes vor. Wir machen uns eine Sache begreiflich. Wir können – gedanklich – auf sie zugreifen. Das gelingt meistens, aber manchmal auch nicht. Mit einigen Begriffen, bei denen es vor allem um Politik geht, ist das so.

Was bedeutet in der Politik konservativ? Althergebrachtes bewahren, etwas, das sich bewährt hat, das zu bewahren sich lohnt. Das kann, muss aber nicht so sein. Gemeint kann auch aus der Zeit geratenes sein, Überholtes, Altmodisches, nicht mehr Gültiges. Konservativ kann also nicht nur eine positive Seite haben, sondern auch eine negative.

Kompliziert wird es, wenn von liberalkonservativ gesprochen wird. Kann das Konservative liberal sein, wenigstens ein bisschen? Bei erzkonservativ kann es kaum einen Zweifel geben: Noch konservativer geht es nicht. Danach kommt gleich reaktionär, oder?


Wortspielereien? Ja, natürlich -  arg-  und harmlos in diesem Fall. Das Spiel mit Worten kann aber auch ein Spiel mit dem Feuer sein. Mit „Flüchtlingskrise“ sollte man nicht spielen.

Donnerstag, März 22, 2018

Wenig Sinn, kein Verstand

Bis vor Kurzem haben wir Pjöngjang so geschrieben, wie wir den Namen dieser Stadt aussprechen. Seit dort die Olympischen Winterspiele stattfinden, schreibt die Presse Pyeongchang. Das dürfte wenig Sinn machen, denn das kann niemand hier aussprechen, zumindest weiß er nicht, wie, und dann haben die Koreaner zu allem Überfluss auch noch eine andere Schrift als wir.

Dann ist neuerdings immer häufiger von Influenzern  die Rede anstelle von Meinungsbildnern. Schade um das schöne deutsche Wort, das bildhaft sagt, worum es geht: Meinungen bilden. So geht der Verstand Wort für Wort flöten. 

Donnerstag, März 15, 2018

Standrechtlich

Ob es weh tut, wenn man erschossen wird? Eigentlich kann ich ja nicht mitreden. Ich lebe ja noch. Aber ich denke, so schlimm kann es nicht sein. Es ist vielleicht wie ein heftiger Schlag gegen die Brust. Natürlich muss das Erschießungs-kommando richtig treffen. Aber da bin ich ganz zuversichtlich. So schnell wie man tot ist, kann man gar keinen Schmerz spüren. Wenn also eine Todesstrafe durch Erschießen vollstreckt wird, ist das sehr human.

Wer vielleicht schon ahnt, worauf ich hinaus will, muss sich noch ein paar Augenblicke gedulden. Zwischendurch und um Missverständnisse zu vermeiden: Ich bin gegen die Todesstrafe; denn sie ist unwiderruflich. Aber das ist eine andere Sache.

Also: Ich halte die Todesstrafe durch Erschießen für human; es geht schnell und tut nicht weh. Das dürfte bei der Vollstreckung durch das Fallbeil, die Guillotine und durch den Strick nicht anders sein: schnell und schmerzlos – in dieser Situation also human.

Die meisten Bürger der USA dürften diese Ansicht teilen, schließlich ist es ihr vom Gesetz verbürgtes Recht, einen Revolver oder eine vergleichbare Waffe zu besitzen und zu benutzen. Davon wird reichlich Gebrauch gemacht, allerdings außerhalb des Rechts: 32 Morde täglich, etwa 12.000 im Jahr (Quelle: Gun Violence Archive).

Jemanden durch einen Schuss vom Leben zum Tod zu befördern, scheint in den USA offenbar akzeptiert zu sein – von den Bürgern, nicht jedoch vom Staat. Tod durch Erschießen? Um Himmelswillen, nein!  Stattdessen: Elektrischer Stuhl oder Todesspritze. Beides im nicht seltenen Falle eines Falles eine entsetzliche Quäle-rei, Todeskämpfe bis zu einer Dreiviertelstunde.

Weil alles Schlimme den Hang hat, nur noch schlimmer zu werden, wollen verschiedene Staaten der US die Todesspritzen durch Stickstoff ersetzen, denn das Gift scheint knapp zu werden. Damit betäuben wir in Deutschland unser Schlachtvieh, bevor wir ihm die Kehle  durchschneiden.


Rätselhaftes Amerika.

Sonntag, März 11, 2018

Von Lügen und Schokoriegel-Professoren


Nestlé behauptet, die Umweltbilanz des Kapselkaffees  Nespresso sei genauso gut oder besser als Kaffee aus Filtermaschinen und Vollautomaten. Beweis: Eine Studie von unabhängigen Experten. Die unabhängigen Experten: der TÜV Rheinland. Damit ist alles klar. Der TÜV ist durch und durch vertrauenswürdig, am Ergebnis seiner Prüfung ist nicht zu rütteln. Nespressotrinker dürfen sich beruhigt zurücklehnen und ihr Käffchen genießen.
Dumm nur, dass der TÜV die Umweltbilanz gar nicht geprüft hat. Zu prüfen war lediglich, ob die Studie rechnerisch und wissenschaftlich korrekt war. Das war sie. Nicht geprüft wurde der Inhalt. Genau das aber legt die Mitteilung von Nestlé nahe. Eine glatte Lüge also, aber nicht nur das. Gleichzeitig stellt Nestlé die Glaubwürdigkeit und damit den guten Ruf des TÜV infrage. Das ist zumindest versuchter Rufmord.
Auf ganz andere Art verlogen sind offenbar viele deutsche Universitäten (DIE ZEIT, 8. 3. 2018, „Mit freundlicher Unterstützung“). Die Unabhängigkeit, die die Universitäten so gern für sich in Anspruch nehmen, scheint es verdächtig oft nicht mehr zu geben. Stiftungsprofessuren sprechen dafür.
Unternehmen stiften eine Professur, die nach fünf Jahren mit Universitäts- mitteln fortgeführt wird, zum Beispiel „Lehrstuhl für Innovative Verstärkungs-methoden“ der Universität Stuttgart, gestiftet von der Firma Fischer-Dübel. Oder der Lehrstuhl für Lebensmittelverfahrenstechnik an der TU Berlin. An ihn wurde ein leitender Mitarbeiter des Unilever-Konzerns berufen, um universitär und mit staatlichen Mitteln  an Schokoriegeln zu forschen. An Schokoriegeln! Man stelle sich das mal vor. Damit erklärt sich auch, woran ich bisher gerätselt habe – an der Unzahl von Universitäten und Professuren, d. h. Professoren.
Dazu kommt noch die Verquickung von Professuren und Geschäft wie beispielsweise beim Lehrstuhl für Verbrennungskraftmaschinen (VKA) in Aachen, geleitet von Stefan Pischinger, Vorstandsvorsitzender der FEV Group GmbH und Mitinhaber des Unternehmens, das 2016 einen Umsatz von 480 Millionen Euro machte – Forschung und Geschäft in einer Hand. Wie praktisch! Von der Unabhängigkeit der Uni kann nicht die Rede sein. (Quelle auch hier DIE ZEIT, 8. 3. 2018, „Mit freundlicher Unterstützung“).