Donnerstag, Oktober 03, 2013

Der Freiertag

Nein, kein Schreibfehler, nur die Bezeichnung eines Feiertags, der keiner ist: Tag der deutschen Einheit, 3. Oktober.

Zugegeben: „Die Deutsche Einheit wird heute in einem Festakt und einem Bürgerfest in Stuttgart gefeiert… Bundespräsident Joachim Gauck wird als Hauptredner erwartet… Auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und zahlreiche Bundesminister und Ministerpräsidenten sind angekündigt…“ (Info. DLF). Der Deutschlandfunk überträgt live den Festakt zum Tag der deutschen Einheit. Das ist aber auch so gut wie alles.

Außer beim ZDF – Live aus Stuttgart „Festakt zum Tag der Deutschen Einheit“ – kommt bei keinem Fernsehsender der Tag der Deutschen  Einheit vor. Stattdessen überall Tralala-Programme, die übliche Leere. Hier zeigt sich, dass mit dem 3. Oktober das falsche Datum für den Tag der Deutschen Einheit bestimmt wurde.

Am 3. Oktober 1990 wurde nur ein politischer Verwaltungsakt vollzogen. Das, was das Volk, das Volk in der DDR, erreicht hatte, war damit beiseite geschoben, und zwar so gründlich, dass der Tag der Deutschen Einheit im Fernsehen bis auf eine Sendestunde im ZDF nicht existiert.

DDR-Bürgerinnen und Bürger haben die Mauer, haben die Grenze zwischen Ost und West beseitigt. Sie haben am 9. November 1989 mit ihrer unblutigen Revolution aus zwei Deutschland ein Deutschland gemacht. Deshalb müsste der 9. November der Tag der Deutschen Einheit sein.

Diesen Feiertag könnte jeder mit Fug und Recht und viel Freude und Stolz feiern. Dann hätten wir wirklich einen Feiertag und nicht nur einen freien Tag. Das würde uns Ostdeutschen gut tun und uns Westdeutsche nachdenklich machen und vielleicht sogar ein wenig dankbar. So könnten wir zu der Einheit in Kopf und Herz kommen, die fehlt. So könnten wir zu einem Nationalfeiertag kommen. In mancher Hinsicht sind wir ein unglückliches Volk. 03. 10. 2013


Dienstag, Oktober 01, 2013

Zweifel

DIE WELT schreibt in ihrem Feuilleton am 25. September auf Seite 24: „Du kannst weiter ackern, du Pferd!“ Untertitel: „Die inhaftierte ‚Pussy Riot’-Musikerin Nadeschda Tolokonnikowa beschreibt die Bedingungen im russischen Straflager.“

Das Foto in diesem Beitrag zeigt eine hübsche, gepflegte junge Frau – hinter Gittern.
„Nadeschda Tolokonnikova vor Gericht in Sarans, wo sie im Juli vergeblich eine vorzeitige Haftentlassung beantragt hatte.“

Eine Frau, die wie ein Pferd ackern muss, sieht anders aus. Was sie schreibt, ist erschreckend. Teuflischer als die Beamten sind die Mithäftlinge – in den deutschen KZs hießen sie Kapos. Am teuflischsten ist das System. Es bringt Häftlinge dazu, Mithäftlinge wie Vieh zu behandeln. Da mischen sich Selbsterhaltungstrieb und der Wille zu überleben mit Sadismus.

Aber die junge Nadeschda sieht nicht misshandelt aus. Wer hat das Bild gemacht? DIE WELT nennt keine Quelle.

Und dann: Wie konnte sie diese Anklage, diesen Bericht, an die Nachrichtenseite lenta.rus schicken? Ganz normal? Kann sie E-Mails schicken, wann und an wen sie will? Die Mannschaft des „lupenreinen“ Demokraten Putin lässt das zu? Zweifel, Zweifel, Zweifel!

Was ist wahr, und was stimmt nicht? Ich kann die Wahrheit nicht herausfinden. Was kann ich glauben und was nicht? Und schon lande ich beim Glauben, also beim Nichtwissen.

Wie haben wir uns immer über die Nachrichtengaukler in vergangenen Zeiten mokiert! - haben sie als Geschichten- und Märchenerzähler abgetan, die es mit der Wahrheit nicht so genau nahmen.

Und heute? Ist es heute anders? Das bezweifle ist und habe meine Gründe dafür, siehe DIE WELT vom 24. September.  Der Bericht ist kein Einzelfall.
30. 09. 2013