Freitag, September 15, 2006

Eltern auf die Schulbank!

Da sagt doch die Eva Herman, Ex-"Tagesschau"-Sprecherin und Ex-Ehefrau von mindestens drei Männern: "Die Weiblichkeit ist den Karrierefrauen abhanden gekommen." Ob sie sich damit selbst gemeint hat? Sie predigt Kinderkriegen, hat aber nur eins - von vier Ehemännern, ein eher schwaches Ergebnis. Einer ihrer Lebensabschnittspartner - so muss man ihre Ex-Ehemänner ja wohl rückblickend nennen -, fand, dass sie nur ihre Karriere im Kopf hatte und von Kindern nichts wissen wollte, und das Geschirr habe sie auch nicht gespült und überhaupt sei ja für die Hausfrauenarbeit eine Putze dagewesen. Das ist das eine.

Dann heißt es - ich beziehe mich auf den Hamburger Abendblatt Beitrag "Mutterglück? Karriere? Oder was? vom 15. September 2006 - "Ein Kita-Platz, so die Rechnung aus Nordrhein-Westfalen, kostet im Jahr 16.000 Euro." Das sind, wenn ich nachrechne, 1.333 Euro im Monat, also 44 Euro pro Kalendertag.

Aber jeden Tag gehen die Kinder ja nicht in die Kitas, samstags nicht, sonntags nicht, in den vielen Ferien nicht. Und dann ist ein Kitatag ja nur einen knappen halben Tag lang - wenn überhaupt. Wie kommen da die 16.000 Euro im Jahr zusammen? Ich will nicht bezweifeln, dass sie ausgegeben werden - aber wofür? Diese 16.000 Euro sollten - so Eva Herman - die Frauen erhalten, die sich zu Hause um ihre Kinder kümmern, also die Kitas nicht in Anspruch nehmen. Fragt sich nur, wieviele Mütter sich um ihre Kinder kümmern und wie gewissenhaft und voller Verantwortung sie das tun. Damit scheint es - Väter inbegriffen - nicht allzu weit her zu sein.

Die miserablen Lernergebnisse der Kinder sprechen Bände: Sie können weder richtig lesen, noch schreiben, noch rechnen. Die Schule versagt? Die Lehrer versagen? Unsinn! Sie liefern das Handwerkszeug. Der Gedanke, dass Lernen wichtig ist, muss von den Eltern kommen. Kommt aber nicht. Wie oft ist über die Ansicht früherer Elterngenerationen gelacht worden "Unser Sohn soll etwas Besseres werden" (er sollte nicht die Straße fegen, nicht am Fließband stehen müssen. War diese Einstellung wirklich so dumm?

Deutsche Kinder würden zu wenig gefördert, sagt die Gesprächsteilnehmerin Susanne Mayer, und untermauert ihre Meinung mit dem dramatisch unterfinanzierten Bildungssystem in Deutschland. Sie hat Recht. Alle Politiker - und nicht nur sie - sprechen von der Notwendigkeit, mehr in Bildung zu investieren. Sie tun es aber nicht. Sie sprechen nur davon. Hier wird gelogen, dass sich die Balken biegen - bis sie eines Tages brechen!

Wie so vieles andere sollen also auch Kinder gefördert werden. Wie und von wem und warum? Der Grund ist klar und scheint vernünftig zu sein. Bleiben unsere Kinder dumm, stehen wir in Zukunft ziemlich dumm da. Die Kinder können beispielsweise unsere Rente nicht bezahlen.

Grund genug, sich aufzuregen und etwas zu unternehmen. Die einfachste Lösung: Wir machen unsere Kinder klug. Wir sorgen dafür, dass sie tüchtig lernen und klüger werden als wir selbst. Wer soll das machen? Die Schule kann das nicht. "Die Politik" kann das auch nicht. Das können nur die Eltern. Da sie das aber noch nicht begriffen haben, muss es ihnen beigebracht werden.

Die Eltern müsen auf die Schulbank. Sie müssen lernen, dass lernen Sinn macht. Sie müssen dafür sorgen, dass ihre Kinder nicht die Hilfsarbeiter irgendwelcher chinesischer oder indischer Konzerne werden und mit Hungerlöhnen abgespeist werden. Sie müssen ihren Kindern beibringen, dass nur der voran kommt, der etwas tut und nicht von Erwartungen und Almosen zu leben gedenkt.

Nun kann man das Notwendige nicht befehlen. Aber man kann es empfehlen. Ob eine solche Empfehlung befolgt wird, ist allerdings sehr fraglich. Schließlich muss man etwas leisten, um einen Lohn zu erhalten - nicht erst die Hand aufhalten und dann vielleicht etwas tun. Das ist mit Gesetzen nicht zu erreichen. Das gelingt nur, wenn "unser Kind etwas Besseres werden soll". Das gelingt nur mit Ehrgeiz, mit dem Willen, vorankommen wollen. Keine Ansprüche stellen, sondern eigene Maßstäbe setzen und alles tun, um ihnen zu genügen. Den Kindern ein Vorbild sein, darauf kommt es an.

Nun muss man sich als Mutter oder Vater gar nicht besonders anstrengen, um ein Vorbild zu sein. Für Kinder sind die Eltern von Natur aus ein Vorbild. Was sie machen, was sie vormachen, wird nachgemacht. Was sie vorleben, wird nachgelebt.

Lesen die Eltern gern, tun es auch die Kinder. Nehmen Eltern ihre Versprechen ernst, tun es auch die Kinder. Sitzen die Eltern vor der Glotze, werden es auch die Kinder tun. Lassen die Eltern fünfe gerade sein, werden es auch die Kinder nicht so genau nehmen. Es gäbe noch viele, viele Beispiele. Allen gemeinsam ist: Nicht die Kinder bestimmen die Zukunft, sondern die Eltern. Das sollten sich alle Eltern endlich mal hinter die Ohren schreiben.

Montag, September 11, 2006

Die Kultur der Einfallslosigkeit

Überall und vor allen von Politikern wird Kultur eingefordert - pardon: Kulturen. Da wird eine Streitkultur eingefordert, eine Gesprächskultur vermisst, Unternehmenskulturen sind gefragt, usw. usw.

Der inflationäre Gebrauch - Missbrauch - des Wörtchens Kultur beruht auf Einfallslosigkeit, Gedankenlosigkeit, Bequemlichkeit, Denkfaulheit. Es geht alles nicht schnell genug. Zum Nachdenken, zum Suchen nach dem richtigen Begriff, ist vermeintlich keine Zeit. Hier auf Anhieb fünf Wörter, die an die Stelle von "Kultur" treten können: Auffassung, Ansicht, Verhältnis, Verständnis, Umgang.

Gestatten: Bullerjahn

Bullerjahn ist ein Polterer. Er nimmt keine Rücksicht auf irgendwas und auf irgendwen.
Er poltert einfach drauflos. Da kracht’s, und die Fetzen fliegen.

Bullerjahn meint das nicht böse. Er will nur sagen, was Sache ist. Trotzdem sind viele
beleidigt, weil sie es nicht gewohnt sind, dass man ihnen die Meinung ins Gesicht sagt (die Meinung, nicht die Wahrheit; denn die hat auch Bullerjahn nicht gepachtet.)

Kurz und gut: Bullerjahn meldet sich hier gelegentlich zu Wort und sagt, wie er die Dinge
sieht. Dabei wird es nicht immer direkt um unsere Sprache und ihren Missbrauch gehen,
aber im Grunde hat ja alles was mit der Sprache zu tun. Wer anderer Meinung als Bullerjahn
ist, soll das ruhig sagen. Und wer Bullerjahns Meinung teilt, kann auch zu Wort kommen. Mal
sehen, was dabei herauskommt.

Kaum zu glauben

In diesen Tagen schrieb Herr Spreng in der Hamburger Abendblatt Kolumne
„Schlaglichter – Spreng & Jürgs“: „Wähler, glaubt uns nicht!“

Sollte ein Politiker erfahren wollen, weshalb Union und SPD mitsamt ihrer Großen Koalition „unten durch“ sind, sollte er diesen Beitrag lesen. Der beginnt mit einem Skandal, der an der veröffentlichten Meinung so gut wie nicht zur Kenntnis genommen worden ist.

Da besitzt Herr Müntefering die Chuzpke zu sagen, es sei unfair, die Politik der Großen Koalition danach zu beurteilen, was die Parteien im Wahlkampf versprochen hätten – und ist auch noch beleidigt, als ein paar Journalisten darüber lachen (hoffentlich war es ein Hohnlachen).

Deutlicher kann nicht gesagt werden, dass man Politikern nicht über den Weg trauen darf.

Geschwindelt wurde wohl schon immer in der Politik, und die raffiniertesten Schwindler dürfte man unter den Diplomaten finden. Über die Schwindeleien hinaus wurde auch ganz kräftig gelogen – allerorten. Aber die Lüge zum Prinzip erheben, und diejenigen, die den Lügen auf den Leim geben, auch noch die Schuld zuzuschieben, das ist der Gipfel – ein Politiker würde sagen: eine neue Qualität.

Wenn Herr Müntefering – stellvertretend für andere wie Frau Merkel, Frau Schmidt und die Herren Steinbrück, Seehofer, Stoiber etc. – nur den Parteien schadete, wäre es zwar schlimm genug; aber Parteien kommen und gehen, nur das Volk bleibt bestehen. (Kleine Anleihe, leicht abgewandelt, bei Generalissimus Stalin.)

Aber Herr Müntefering richtet ja viel mehr Schaden an. Er stellt die Demokratie infrage. Er macht sie zum Kasperletheater. Das kann auf die Dauer nicht gut gehen. Aber was ist schon „auf Dauer“? Eine Legislaturperiode nicht. Alle vier Jahre also eine neue Gelegenheit, alte Lügen neu aufzutischen. So lange, bis ein neuer Rattenfänger von Hameln mit seinem Schalmeienspiel wieder in die Katastrophe führt.

Nein, wenn es so weit nicht kommen soll, dann gehört Herrn Müntefering auf die Finger geklopft, und zwar sofort und kräftig. Das gilt auch für alle anderen, die ähnlichen Unsinn von sich geben.

Da schreibt sich die Presse zur Zeit die Finger wund über NATASCHA, das über Jahre in einer Kellerzelle eingesperrte Hascherl und nimmt das Wichtige nicht wichtig. NATASCHA trauert am Grab ihres Entführers. Und wo trauern die deutschen Medien? Es ist schon ein Trauerspiel, auch, was – weitgehend – die Presse angeht.

Beziehungs-Weise – leiser, aber inständig vor sich herzusingender Evergreen: Hermann Schreiber schreibt in seiner Kolumne „Ich sag’ mal“ im Hamburger Abendblatt vom 2. September einleitend von Beziehungen, die man haben musste und auch heute wohl haben sollte, um sich Vorteile zu verschaffen. Dann geht er gemeinerweise zur Einzahl über (Singularis, schreibt er), zur Beziehung.

Was heute – allgemein akzeptiert – Beziehung genannt wird, ist nichts anderes als ein Verhältnis, etwas, das immer etwas Unkorrektes an sich hatte, in der Regel außerehelich stattfand und verheimlicht wurde. Heute ist die Beziehung als limitierte Sexualpartnerschaft zum gesellschaftlichen, jedenfalls zum sprachlichen Standard geworden.

Hermann Schreiber findet das empörend, weil es nicht nur die Gefühlre der Menschen beleidigt, sondern ihr Zusammenleben auf Schnäppchenniveau herunter zerrt. Ich sehe das auch so.

Ich habe das nur notiert, weil in der Welt vom 8. September Andrea Seibel in ihrem „Porträt Frau Krise“, einem Beitrag zu Eva Hermans Eva-Buch, notiert: „Unsere Beziehungen zerbrechen immer schneller.“ Welches Wunder! Beziehung ist auf Zeit angelegt (siehe Hermann Schreiber).

Bei dieser Gelegenheit gleich noch eine meiner Sottisen, meiner Gemeinheiten: Andrea Seibel schreibt von einer neuen „Kultur der Mutterschaft“. Wie oft habe ich mich über den so bequemen Missbrauch des Wortes Kultur aufgeregt. Statt Kultur wäre hier das Wörtchen Auffassung angebracht gewesen.

Kaum zu glauben

In diesen Tagen schrieb Herr Spreng in der Hamburger Abendblatt Kolumne
„Schlaglichter – Spreng & Jürgs“: „Wähler, glaubt uns nicht!“

Sollte ein Politiker erfahren wollen, weshalb Union und SPD mitsamt ihrer Großen Koalition „unten durch“ sind, sollte er diesen Beitrag lesen. Der beginnt mit einem Skandal, der an der veröffentlichten Meinung so gut wie nicht zur Kenntnis genommen worden ist.

Da besitzt Herr Müntefering die Chuzpke zu sagen, es sei unfair, die Politik der Großen Koalition danach zu beurteilen, was die Parteien im Wahlkampf versprochen hätten – und ist auch noch beleidigt, als ein paar Journalisten darüber lachen (hoffentlich war es ein Hohnlachen).

Deutlicher kann nicht gesagt werden, dass man Politikern nicht über den Weg trauen darf.

Geschwindelt wurde wohl schon immer in der Politik, und die raffiniertesten Schwindler dürfte man unter den Diplomaten finden. Über die Schwindeleien hinaus wurde auch ganz kräftig gelogen – allerorten. Aber die Lüge zum Prinzip erheben, und diejenigen, die den Lügen auf den Leim geben, auch noch die Schuld zuzuschieben, das ist der Gipfel – ein Politiker würde sagen: eine neue Qualität.

Wenn Herr Müntefering – stellvertretend für andere wie Frau Merkel, Frau Schmidt und die Herren Steinbrück, Seehofer, Stoiber etc. – nur den Parteien schadete, wäre es zwar schlimm genug; aber Parteien kommen und gehen, nur das Volk bleibt bestehen. (Kleine Anleihe, leicht abgewandelt, bei Generalissimus Stalin.)

Aber Herr Müntefering richtet ja viel mehr Schaden an. Er stellt die Demokratie infrage. Er macht sie zum Kasperletheater. Das kann auf die Dauer nicht gut gehen. Aber was ist schon „auf Dauer“? Eine Legislaturperiode nicht. Alle vier Jahre also eine neue Gelegenheit, alte Lügen neu aufzutischen. So lange, bis ein neuer Rattenfänger von Hameln mit seinem Schalmeienspiel wieder in die Katastrophe führt.

Nein, wenn es so weit nicht kommen soll, dann gehört Herrn Müntefering auf die Finger geklopft, und zwar sofort und kräftig. Das gilt auch für alle anderen, die ähnlichen Unsinn von sich geben.

Da schreibt sich die Presse zur Zeit die Finger wund über NATASCHA, das über Jahre in einer Kellerzelle eingesperrte Hascherl und nimmt das Wichtige nicht wichtig. NATASCHA trauert am Grab ihres Entführers. Und wo trauern die deutschen Medien? Es ist schon ein Trauerspiel, auch, was – weitgehend – die Presse angeht.

Beziehungs-Weise – leiser, aber inständig vor sich herzusingender Evergreen: Hermann Schreiber schreibt in seiner Kolumne „Ich sag’ mal“ im Hamburger Abendblatt vom 2. September einleitend von Beziehungen, die man haben musste und auch heute wohl haben sollte, um sich Vorteile zu verschaffen. Dann geht er gemeinerweise zur Einzahl über (Singularis, schreibt er), zur Beziehung.

Was heute – allgemein akzeptiert – Beziehung genannt wird, ist nichts anderes als ein Verhältnis, etwas, das immer etwas Unkorrektes an sich hatte, in der Regel außerehelich stattfand und verheimlicht wurde. Heute ist die Beziehung als limitierte Sexualpartnerschaft zum gesellschaftlichen, jedenfalls zum sprachlichen Standard geworden.

Hermann Schreiber findet das empörend, weil es nicht nur die Gefühlre der Menschen beleidigt, sondern ihr Zusammenleben auf Schnäppchenniveau herunter zerrt. Ich sehe das auch so.

Ich habe das nur notiert, weil in der Welt vom 8. September Andrea Seibel in ihrem „Porträt Frau Krise“, einem Beitrag zu Eva Hermans Eva-Buch, notiert: „Unsere Beziehungen zerbrechen immer schneller.“ Welches Wunder! Beziehung ist auf Zeit angelegt (siehe Hermann Schreiber).

Bei dieser Gelegenheit gleich noch eine meiner Sottisen, meiner Gemeinheiten: Andrea Seibel schreibt von einer neuen „Kultur der Mutterschaft“. Wie oft habe ich mich über den so bequemen Missbrauch des Wortes Kultur aufgeregt. Statt Kultur wäre hier das Wörtchen Auffassung angebracht gewesen.

Gesimst und gefühlt

Gesimst und gefühlt

Früher, als die Welt noch in Ordnung war*, wurden wir in den Telefonzellen mit der Aufforderung zur Ordnung gerufen: „Fasse dich kurz!“. Diese auch heute noch vernünftig erscheinende Aufforderung – Telefonminuten sind teuer – wird mit Verachtung gestraft. Telefongespräche zeichnen sich dadurch aus, dass sie kein Ende zu finden scheinen – drei, vier, fünf mal scheint das Gespräch beendet zu sein, um dann doch wieder fortgesetzt zu werden.

Ganz anders sieht es bei der modernen Variante der Kommunikation aus, der SMS, die über das Handy, Telefonino, Mobile Phone läuft. Da kann es gar nicht kurz genug sein. Mit ein paar Buchstaben ist alles gesagt: „ILD“ – ich liebe dich. „IHD“ – ich hasse dich, oder ich habe Durst? Die Empfänger werden es wissen.

Also wirklich: Kürzer geht es kaum. Herr Morse würde gelb vor Neid, und die Stolze Schrey, diese wunderbar kurze Stenoschrift wäre nun wirklich zu lang.

Nun steht hinter dieser modernen Kürze, die vielen Telefongesprächen gut täte, nicht der Aufruf „Fasse dich kurz!“, sondern die Primitivität der Handy-Tastatur. Für manchen Buchstaben muss eine Taste – ein Tästchen – dreimal gedrückt werden. Das ist umständlich und zeitraubend. Die Folge: „DWN“, sprich: das will niemand.

Und noch etwas, bevor ich zu meinem eigentlichen Thema komme: „Schicken Sie doch einfach eine SMS“, heißt es. Aber was heißt das wirklich? Nichts anderes – genau genommen – als „Schicken Sie doch einfach eine SHORT MESSAGE SERVICE“. Ziemlich blöd, nicht wahr, und grammatikalisch völlig daneben. Aber heute nehmen wir es ja nicht mehr so genau mit unserer Sprache.

Im Sprechgebrauch, ja, im Sprech- und nicht Sprachgebrauch wird es dann wieder ganz lustig. Da heißt es nämlich nicht „Ich EssEmEsse“, sondern „Ich simse“. Sim-sala-bim, so geht es heute in unserer Welt.

Jetzt aber endlich zu dem, was ich schon die ganze Zeit los werden möchte: Der SMS-Jargon macht sich überall in unserer Sprache breit. Es kann gar nicht kurz und knapp genug zugehen, auch wenn die Klarheit damit manchmal zum Teufel geht.

Ganz besonders geeignet scheint hierfür das Wörtchen „gefühlt“ zu sein. Wenn da eine Journalistin von einer „gefühlt zentnerschweren Tür“ schreibt, meint sie nichts anderes als dass die Tür den Eindruck machte, Zentner zu wiegen und entsprechend schwer zu öffnen war.

In Wirklichkeit steckt hinter der „gefühlt zentnerschweren Tür“ aber etwas anderes: eine Mode. Ganz plötzlich, sozusagen über Nacht, ist „gefühlt“ das Wort der Wörter.

Plötzlich ist alles „gefühlt“ – die soziale Kälte, die Streitkultur, die Bedrohung und weiß der Himmel was sonst noch. Eine Mode, eine Marotte, etwas, das sich hoffentlich bald wieder aus unserem Sprachgebrauch verabschiedet. Dabei ist die Sache ursprünglich gar nicht verkehrt.

Das Thermometer – ganz gleich, ob es nach Celsius oder Fahrenheit misst –, zeigt sozusagen objektive Werte, zum Beispiel fünf Grad minus, fünf Grad also unter dem Gefrierpunkt (nach Celsius). Das ist kalt. Aber wir empfinden das nicht immer als kalt. Drei Grad plus bei heftigem Wind empfinden wir möglicherweise als viel kälter.

Wirklichkeit und Gefühl können sich also ganz deutlich unterscheiden. Die gefühlte Kälte ist eine ganz andere als die tatsächliche Kälte.