Freitag, Juni 26, 2015

Wer den Pfennig nicht ehrt...

… ist den Taler nicht wert. In Cent und EURO umgerechnet, klingt das nicht mehr so gut, gilt aber immer noch. Den beklagenswerten Beweis liefert der Plan, die Bahnverbindung vom Hamburger Hauptbahnhof nach Kaltenkirchen mit der S-Bahnlinie 21 zu elektrifizieren.

Bisher geht das so: Die AKN fährt mit ihren Diesel/Elektrozügen von Kaltenkirchen bis Hamburg-Eidelstedt. Dort muss man umsteigen in die S-Bahn. Das ist natürlich umständlich. (Nur in Ausnahmefällen darf die AKN bis zum Hamburger Hauptbahnhof durchfahren.)

So sieht es auf den ersten Blick aus, als wäre die Umstellung auf eine elektrische S-Bahn sinnvoll, ein großer Fortschritt sozusagen. Aber schon der zweite Blick zeigt, dass dieser Plan weder sinnvoll ist noch mit Fortschritt bezeichnet werden kann.

Die Vorteile, die ins Feld geführt werden: Die Fahrzeit von Kaltenkirchen zum Hauptbahnhof würde um 5 Minuten von 46 auf 41 Minuten sinken. Und die Unbeqemlichkeit, in Eidelstedt umsteigen zu müssen, entfiele.

Allerdings fragt man sich, ob dieser Gewinn an Zeit und Bequemlichkeit wirklich 83 Millionen EURO wert ist. Das darf bezweifelt werden. 45 Millionen EURO entfallen allein auf die Einrichtung der Stromversorgung an den Gleisen, 38 Millionen EURO auf den übrigen Ausbau

Frage: Muss die Strecke elektrifiert werden, oder geht es auch wie bisher?  Antwort: Es ginge wie bisher und die 45 Millionen EURO für die Elektifizierung müssten nicht ausgegeben werden. Es würde genügen, die AKN-Züge immer, und nicht nur in Ausnahmefällen, in das vorhandene S- und Fernbahnetz einzubeziehen, einzufädeln. Eine wahnsinnige Idee? Eine wahnsinnig gute Idee. Der Wahnsinn steckt ganz woanders. Und den sehen wir uns mal etwas genauer an.

Die Kosten/Nutzenberechnungen lassen vermuten, dass sich die aufzuwendenden 83 Millionen EURO nicht rechnen. Rechnen sie sich nicht, gibt der Bund keinen Zuschuss. Hamburg und Schleswig-Holstein müssten das Geld ohne den Bund aufbringen. Das wollen sie nicht.

Ein klarer Fall? Nein, alles andere als das. 38 Millionen EURO für 5 Minuten Zeitgewinn und etwas mehr Bequemlichkeit sind, zwar auch viel Geld, aber vielleicht doch sinnvoll investiert, um mehr Menschen für die Bahn zu gewinnen und sie von der Straße zu holen. Diesen Betrag könnten Hamburg und Schleswig-Holstein gewiss ohne Schwierigkeiten aufbringen.

Damit kommen wir zu einem weit verbreiteten verhängnisvollen Selbstbetrug. Zuschüsse – woher auch immer sie kommen – vom Bund, vom Land, vom Kreis, von den Kommunen – Zuschüsse fallen nicht vom Himmel. Sie sind das Geld, das uns die Steuer abgeknöpft hat, unser Geld. Wann endlich wird damit sorgsam haushälterisch umgegangen? (Hamburger Abendblatt: „Kaltenkirchen auf dem Abstellgleis“ 06. 15)

Hohlogramm - ein Schreibfehler?

Einfach gesagt, sind  dreidimensionale Darstellungen ein Hologramm. Das Hohlogramm hat zumindest eine Dimension mehr. Es bezeichnet Äußerungen, die an Hohlheit nichts zu wünschen übrig lassen. Sie stammen hauptsächlich von Politikern und Managern. Sie vor allem scheinen sich vom gesunden Menschenverstand so weit entfernt zu haben, dass sie  voller Überzeugung das unsinnigste Zeug reden.

So meint Katja Suding, FDP-Frakionsvorsitzende in der Hamburger Bürgerschaft, dass sie sich den Job als Bundesaußenministerin ohne Weiteres zutrauen würde. „Das könnte ich sicher gut“, sagt sie. Wenn die Dame meint. Gefragt ist sie nicht. Und diese Äußerung reicht auch nicht für einen Eintrag ins Hohlogramm. Dazu braucht es doch ein bisschen mehr. Frau Suding liefert es mit ihrer Überzeugung, „dass Deutschland reif sei für eine weibliche Außenministerin.“

Eine weibliche Außenministerin und keine männliche. Wäre inzwischen ja auch möglich, vielleicht mal so und mal so. Schließlich gibt es inzwischen Frauen, die sich in Männer verwandeln lassen und Männer, die sich zu Frauen machen lassen. Wir können da gar nicht mehr so sicher sein in solchen Fragen. Aber das ist ein anderes Thema.

Hohlogrammwürdig ist die weibliche Außenministerin. Danke, Frau Suding.
(Quelle: Hamburger Abendblatt 25. 06. 2015 Seite 9)

Mittwoch, Juni 24, 2015

Deutsch mit Hand und Fuß

Aus einem Telefongespräch, in dem es um ausstehende Spendenbescheinigungen ging:

„Sie haben im Februar geschrieben, dass es mit den Spendenbescheinigungen für 2014 noch etwas dauert, weil Sie gerade das System umstellen. Jetzt ist das halbe Jahr bald rum, aber die Bescheinigungen sind immer noch nicht da.“

„Das tut mir leid. Wir haben das bisher händisch gemacht, und da liegt das Problem.“

„Ich verstehe. Aber das ist nicht mein Problem. Vielleicht versuchen Sie es mal fußläufig.“

Was soll man davon halten – von händisch und fußläufig? Zum guten Deutsch gehören beide Wörter nicht.

24. 06. 2015

Sonntag, Juni 21, 2015

Es ist erreicht

Der Hang zu übertreiben, ist weit verbreitet, Kleines größer erscheinen zu lassen scheint so reizvoll zu sein, dass viele der Versuchung nicht widerstehen können.  Ein Paradebeispiel dafür ist der Begriff Technologie, der immer häufiger anstelle des Wörtchens Technik verwendet wird. Selbst einfachste Technik wird zu Technologie hochstilisiert. Manchmal ärgere ich mich noch darüber, öfter amüsiert mich inzwischen diese Art von Größenwahn. So habe ich schon vor einiger Zeit gewitzelt, dass es bald keine Techniker mehr geben wird, sondern nur noch Technologiker. Was ich als witzige Anmerkung gemeint habe, ist Wirklichkeit geworden. Eine Pinneberger Zeitungsdruckerei nennt ihre Drucker jetzt – nein, nicht Technologiker, sondern Technologen. Richtig, man soll immer klein anfangen, auch mit Über-treibungen. So sichert man sich Entwicklungsmöglichkeiten, hat sozusagen noch Spielraum, was heute gern mit „noch Luft nach oben“ bezeichnet wird. Wetten, bald  wird aus dem Technologen ein Technologiker.


Wutausbruch

Am liebsten würde ich Herrn Gabriel links und rechts ein paar hinter die Ohren hauen, und Herren Maas, Bundesjustizminister, in den Hintern treten. So wütend war ich, als ich in SPIEGEL ONLINE heute – 20. 06. 2015 – las, dass der SPD-Parteikonvent die Vorratsdatenspeicherung durchgewinkt hat. Die Haue und der Tritt - beides wäre gerechtfertigt.

Herr Maas war ursprünglich gegen die Vorratsdatenspeicherung – entschiedener Gegner sogar. Sein SPD-Chef Sigmar Gabriel hat ihn zu einer Neuregelung mit der Union gezwungen. Gezwungen? Ein Minister lässt sich von einem Parteimenschen zu etwas zwingen?

Blöde Zwischenfrage: Wer hat eigentlich wann irgendeinen Eid abgelegt, hat ge-schworen, für das Wohl und Wehe aller Bürger da zu sein? Der Parteimensch Gabriel sicher nicht. Der Minister Gabriel wahrscheinlich. Und der Justizminister Maas vermutlich auch. Aber sie scheinen sich nicht daran zu halten.

124 SPD-Menschen stimmten für die Vorratsdatenspeicherung. 88  dagegen.  7 Ent-haltungen gab es.

Wie konnte es dazu kommen? Ganz einfach. Die SPD-Führung macht ihren Parteigenossen vor, dass ihre Partei eine Regierungspartei sei, und die glauben das nur zu gern.  Dabei ist die SPD nur Erfüllungsgehilfe der Union. Niemand sollte versuchen, uns etwas anderes einzureden.

Frau Yasmin Fahimi sieht die Regierungsfähigkeit der Partei gefährdet, Herr Gabriel befürchtet Ärger in der Koalition.

Beide haben die Hosen voll, und entsprechend stinkt es. Und weil dann noch 124 SPD-Abgeordnete dazu kommen, stinkt die Sache wirklich zum Himmel.

So – nun habe ich meine Wut auf eine halbwegs erträgliche Temperatur herunter-gekühlt – leider nur für kurze Zeit. Das Thermometer zeigt schon wieder Fieber-temperaturen an.

Die Vorratsdatenspeicherung stellt alle Bundesbürger unter Generalverdacht (Politi-kerdeutsch). Im Klartetext: Wir alle sind möglicherweise Verbrecher. Das ist nicht mal von der Hand zu weisen. Aber müssen wir ín jedem unserer Nachbarn den Teufel sehen? Wohin kämen wir dann?

Jetzt mal andersrum: Wir könnten ja auch unsere Politiker und ein paar andere noch dazu unter Generalverdacht stellen.

Wir könnten davon ausgehen, dass sie uns nach Strich und Faden belügen, dass sie bestechlich sind, nur zu ihrem Vorteil arbeiten, wenn sie denn überhaupt arbeiten  - und weiß der Teufel, was wir ihnen noch alles ankreiden könnten.

Da würden die Politiker aber aufschreien. Politiker unter Generalverdacht stellen? Unerhört! Das schreit ja zum Himmel! Man kann uns doch nicht einfach unterstellen, dass wir lügen und betrügen und überhaupt.   Nein, nein, nein! Wír sind doch die Guten. Wir wollen doch nur das Beste. Verstanden, nur für wen?

Politiker unter Generalverdacht? Das geht gar nicht. Aber alle Bürgerinnen und Bürger unter Generalverdacht – das geht? Da haben wir es wieder: Die da oben und die da unten. Zwei Welten. Und die Politiker wundern sich.

20./21. 06. 2015

Montag, Juni 15, 2015

Schluss mit Griechenland!

Wann endlich wachen unsere EU-Politiker auf? Wann endlich geben sie zu, was sie alles  falsch gemacht haben? Oder haben sie es noch nicht begriffen?  Dann wird es höchste Zeit.

Für ein Land mit ungefähr 10 Millionen Menschen sind 280 Milliarden € ausgegeben worden, um das Land vor dem Untergang zu bewahren. So wird das immer wieder dargestellt. Aber das stimmt nicht.

Die Milliarden wurden nicht für die 10 Millionen Griechen ausgegeben, sie wurden hinausgepfeffert, um Banken vor dem selbst verschuldeten Ruin zu retten, korrupten Politikern und unglaublich reichen Reedern und anderen Oligarchen ihren Luxus für alle Ewigkeit zu garantieren. Die Reichen wurden und werden reicher, die Armen zahlen dafür – mit noch mehr Armut, vor allem in Griechenland, aber nicht nur dort. Die sogenannten Hilfen, die die EU-Staaten gewähren, zahlt ja der „kleine Mann“.

Einspruch: Hätte man anders gehandelt, wäre das ganze Währungs- und Wirt-schaftssytem in Europa, und nicht nur dort, zusammengebrochen.

Einspruch gegen den Einspruch: Und wenn? Ach so, darunter hätten dann auch die kleinen Leute zu leiden? Klar: Die Banken haben kein Geld. Und wenn sie es haben, geben sie es nicht raus. Die Unternehmen brauchen Geld, aber bekommen es nicht. Sie können ihre Leute nicht mehr bezahlen, müssen sie auf die Straße setzen. Weil das nicht geht, springt der Staat ein. Aber der hat ja auch kein Geld.  Also müssen zuallererst die Banken gerettet werden. (Niemand wagt zu sagen: vor ihrem eigenen Wahnsinnn.) Begriffen? Endlich begriffen?

Nein, nicht begriffen, gar nichts begriffen.

Dabei wäre die Sache so einfach und würde ganz ohne Trick funktionieren, mit ein paar Handgriffen:

Jeder Grieche bekommt für seine ehrliche und gute Arbeit so viel Lohn, dass er davon leben kann und dass ihm eine auskömmliche Rente sicher ist. Dann wird er damit einverstanden sein, dass er angemessene Steuern für Aufgaben der Allgemeinheit zu zahlen hat. Das wäre die Grundlage für alles Weitere.

Das gilt für alle Griechen, also auch die Superreichen, zu denen beispielsweise die Reeder gehören, die bis heute aufgrund von Gesetzen korrupter Regierungen von Steuern befreit sind. Im Handumdrehen kämen Milliarden € in die Staatskasse.

Wenn dann noch die Banken ordentlich wirtschaften müssten – Geld einsammeln, Geld verteilen, zum Nutzen der Sparer wie auch der Kreditnehmer, wenn ihnen Spekulationen zulasten der Sparer versagt wären, dann könnte sich Griechenland schneller von falsch verstandenem Kapitalismus erholen, als es viele für möglich halten.

Dummerweise scheint dieser Gedanke ausgerechnet denen nicht zu gefallen, die aus dem Gedanken eine Tat werden lassen könnten.

Zurück auf Anfang: Nicht Schluss mit Griechenland, sondern Schluss mit dem Unfug, der mit Griechenland getrieben wird!

14. 06. 2015

Samstag, Juni 13, 2015

"Gut leben in Deutschland - Was uns wichtig ist."

Dies ist das Motto der Bürgergespräche, die die Bundeskanzlerin und ihre Minister führen wollen. Den Anfang machte Frau Merkel. „Sie möchte herausfinden, was die Deutschen wollen.“ (Zitat Hamburger Abendblatt, 02. 06. 2015)

Auch, wenn es nicht nach Trick aussieht: Dieser Trick muss einem erst mal einfallen.
Und es ist ein Trick!

„Gut leben in Deutschland“. Das ist eine klare Sache: Es kann sich nur um Essen und Trinken handeln und alles das, was das Leben angenehm macht. Das ist verständlich. Das ist menschlich. Das sehen nicht nur wir Deutschen so. Auch allen anderen ist das Hemd näher als die Hose. Das entschuldigt aber gar nichts.

Es gibt noch etwas anderes als Leben in Saus und Braus, auch wenn wir uns das noch so sehr wünschen. Es gibt auch noch etwas, das mit Leben in Armut, in Verzweiflung, Hoffnungslosigkeit beschrieben werden muss. Aber wer schreibt das schon auf?

Unsere Bundeskanzlerin und ihre Minister können anscheinend nicht so weit denken und fühlen. Sonst hätten sie sich sicherlich ein anderes Motto gewählt, zum Beispiel dies:

„Miteinander, füreinander – was für uns alle wichtig ist.“

Arm und reich, Einheimische und Fremde, Flüchtlinge und was sonst noch so auf der Erde rumkrebst – wie kommen wir miteinander zurecht – und nicht gegeneinander? Das wäre die Frage. Aber sie wurde nicht gestellt. Die Frage, die die Bundeskanzlerin stellte, war egoistisch.

Als wenn das alles nicht schlimm genug wäre, noch schlimmer ist, wie sie in ihrem ersten Bürgergespräch auftritt. Zitate aus einen Hamburger Abendblatt- Beitrag vom 2. Juni 2015 machen das klar:

Sie „positioniert sich selten, sagt viel öfter, dass sie in der Regierung jetzt mal über das Thema nachdenken wird.“ Sie bleibt unkonkret. So sagt sie zum Beispiel beim Thema Zuwanderung. „Meine Partei spricht von einem Zuwanderungsland, glaube ich.“ Frau Merkel vermeidet es, … zu sagen, was sie denkt. Und als Frau Merkel von einer Frau gefragt wird, warum sie für die Messung ihres Augendrucks beim Arzt etwas bezahlen muss, fällt Frau Merkel nicht viel mehr ein als: „Ich werde mit dem Gesundheitsminister darüber reden.“

So schaurig das klingt, so schaurig ist das auch. Es ist show-rig – just for show.

Bleibt die Frage: Machen alle Bundesministerinnen und Bundesminister mit? Auch die, die sich der SPD zugehörig fühlen? Was entscheidet? Das Ministeramt? Das Parteiamt? Vom Gewissen will ich lieber nicht reden, nicht jetzt.
02. 06. 2015

Montag, Juni 01, 2015

Bedarf und Bedürftigkeit

Eine Haarspalterei oder vielleicht doch mehr? Ich fange mal mit der Bedürftigkeit an. Wenn von Bedürftigkeit, von Bedürftigen die Rede ist, dann geht es um eine Notlage. Da sind Menschen in Not, und wir sollten ihnen helfen, ihrer Not zu entkommen. Das klingt nicht nur dramatisch, es ist dramatisch. Da sollen wir, da dürfen wir nicht lange fackeln.

Ist das beim Bedarf nicht genauso? Ähnlich vielleicht, aber nicht genauso. Den Unterschied herauszufinden ist nicht ganz einfach, aber möglich, und selbst wenn der Unterschied auf schwachen Füßen stehen sollte – es gibt ihn. Wir müssen nur mal genau hinsehen.

Wenn von Bedarf die Rede ist, geht es darum,  dass man irgendetwas haben möchte, dass irgendetwas gebraucht wird. Dabei spielt es keine Rolle, ob das Gewünschte wirklich wichtig oder möglicherweise sogar überflüssig ist. Na, und?

Mit dieser angreifbaren Betrachtung zweier recht weit entfernt benachbarter Wörter habe ich mir die Grundlage für eine meiner vielen Sprachkritiken geschaffen und kann meinem Widerwillen gegen gedankenloses Sprechen und Schreiben freien Lauf lassen. Ich könnte auch von Hass reden.

Ich hasse den ...bedarf und den …bedarf und den …bedarf- im Klartext den Handlungsbedarf und den Änderungsbedarf und den Ich-weiß-nicht-was-Bedarf. Und weshalb hasse ich das? Weil damit die Flucht vor dem Notwendigen angetreten wird:

Wenn es einen Handlungsbedarf gibt, dann muss etwas getan werden. Wenn es einen Änderungsbedarf gibt, dann muss etwas geändert werden. Das Wörtchen Bedarf lässt aber offen, ob das wirklich geschieht, geschehen soll. Das Notwendige wird hinter dem Zauberwort Bedarf versteckt.

PS: Von einem Mitteilungsbedarf habe ich noch nichts gehört, von einem Mittei-lungsbedürfnis jedoch schon. Ahnen Sie jetzt den Unterschied? Mit zwei, drei Sätzen könnte ich ihn erklären. Aber warum sollte ich. Sie werden das selbst herausfinden



Für das Leben lernen

Nicht für die Schule lernen, sondern für das Leben – so heißt es immer. Wie ernst ist das zu nehmen? Wie immer im Leben kommt es auf den Standpunkt an, von dem aus die Sache betrachtet wird. Das ist nicht Relativitätstheorie, sondern die platte Relativitätspraxis.

Schüler halten von dieser „Erkenntnis“, von der sie sich herausgefordert fühlen, nichts. Ihre Eltern und Großeltern halten diese „Weisheit“ für richtig, aber erst nach Verlassen der Schule. Was stimmt nun? Die eine oder die andere Ansicht oder keine von beiden?

Lesen, schreiben, rechnen lernnen, Physik, Chemie, Geographie, Englisch, Franzö-sisch, Spanisch, Italienisch, Chinesisch, Kunst, Gesellschaftskunde  und so fort. Das alles möchte die Schule ihren Schülern vermitteln und mit auf den Lebensweg geben.

Das schreibt sich so hin, ist aber nicht so einfach, wie es sich liest. Die Ansprüche an die Schule sind gestiegen. Was Großeltern und Eltern, Tanten und Onkel, was die Familie ganz selbstverständlich als ihre Aufgabe sahen, soll heute die Schule erledigen:

Wie benehme ich mich richtig? Warum ist es wichtig, höflich zu sein und aufmerksam? Warum ist es wichtig, Rücksicht zu nehmen – nicht nur auf andere Menschen, sondern auch auf andere Lebewesen? Warum, warum, warum?

Selbstverständlich kann die Schule mithelfen, diese und noch viele andere Fragen zu beantworten. Aber die erste Antwort? Sollte sie nicht von Mama und Papa, von Oma und Opa kommen?

Eine Antwort auf diese Fragen hat 1830 Christoph Friedrich Hahn gegeben, Lehrer an der Schönwalder Schule in Schleswig- Holstein 1830.  Alles, was dieser Lehrer empfahl, sieht auf den ersten Blick autoritär aus, ist in Wirklichkeit aber sehr liebevoll und zeigt, dass die Schule für das Leben vorbereiten kann, wenn es nur alle wollen. 31. 05. 2015

Schulgesetze 1830Schulgesetze des Schulhalters und Organisten Christoph Friedrich Hahn in Schönwalde um 1830

1. Jedes Kind muß zu rechter Zeit gekämmt, gewaschen, reinlich und ordentlich gekleidet in die Schule kommen, sich auf seinen Platz begeben., die Ankunft des Lehrers ohne Geräusch erwarten und ihn beim Eintritt in die Schule freundlich begrüßen.

2. Beim Gesange und Gebete muß jeder sich mit nichts als mit dieser Andachtsübung beschäftigen, und um die feierliche Stille und Andacht nicht zu stören, muß ein Schüler, der im Notfalle etwas zu spät kommt, erst nach geendigtem Gesange und Gebete in die Schule treten, dann den Lehrer freundlich grüße und ohne Geräusch seinen Platz einnehmen.

3. Kein Schüler darf willkürlich den für ihn bestimmten Platz verändern, nicht zanken, neiden, drängen, noch Sachen in der Schule vernichten oder beschädigen, noch andere während des Unterrichts anklagen, vielmehr ist alles sorgfältig zu vermeiden, wodurch Lärm und Störung beim Lernen und Lehren entsteht.

4. Jeder Schüler muß seinem Lehrer pünktlich, gehorsam und fleißig sein, er muß sorgfältig auf seinen Unterricht achten.

5. Nur der Schüler antworte laut und deutlich, der vom Lehrer gefragt wird, nur der spreche, welcher vom Lehrer dazu aufgefordert wird.

6. Kein Schüler darf solche Sachen, die nicht in die Schule gehören, als z.B. Esswaren, Spielsachen usw. mitbringen, aber stets die benötigten Schulsachen und sich nicht, sie vergessen zu haben, entschuldigen, soviel wie möglich sie stets ordentlich und rein zu halten.

7. Kein Tausch, Handel noch Spiel wird in der Schule erlaubt, denn in der Schule soll immer der Gedanke des Lehrens und Lernens gegenwärtig sein.

8. Beständig sollen alle Schüler besonders gegen ihren Lehrer, ab auch gegen jedermann, bescheiden, gefällig dienstfertig, höflich und artig sein und sich gut mit ihren Mitschülern vertragen.

9. Sollte ein Fremder die Schule besuchen, so müssen alle Kinder aufstehen, den Fremden anständig grüßen, sich ohne Geräusch wieder niedersetzen und das Aufgegebene ausrichten.

10. Nach beendigtem Unterricht verlassen die Schüler, so wie sie aufeinander folgen, die Schule, den Lehrer anständig grüßen, und gehen ungesäumt, ohne Lärm friedlich ihren Weg.  - Christoph Friedrich Hahn amtierte von 1786 – 1837 mit großem Segen in Kirche und Schule Schönwalde. Mit 77 Jahren ging er in den wohlverdienten Ruhestand. 1839 starb er in Schönwalde.


Hemmungslos verklemmt

Wir – meine Frau und ich – haben mit dem Thema Gleichberechtigung noch nie Probleme gehabt, weil wir immer gleichberechtigt waren und uns nicht nur so gesehen haben: Wir waren es und wir sind es immer noch. Die dämlichen Regelungen, dass ein Mann seiner Frau eine berufliche Tätigkeit verbieten konnte, kannten wir nicht, und wenn, dann wäre sie uns völlig egal gewesen. Aber in den 1970er-Jahren war das noch weit verbreitet, wie wir in unserer Nachbarschaft in einem ziemlich elitären Frankfurter Vorort feststellten. Die Bevormundung der Ehefrauen beschränkte sich nicht auf das Proletariat, die heute bildungsfern genannten Menschen. Auch Doktoren-Gattinen waren unterwürfig.

Seitdem sind über 40 Jahre vergangen. Wenn es einen Fortschritt gegeben haben sollte, dann nicht hier – nicht, was die Gleichberechtigung von Mann und  Frau angeht. Dazu noch einmal ein Rückblick:

Es wurde höchste Zeit, dass die Frauen auf die Barrikaden stiegen. Und nach so langer Zeit der Entwürdigung war es nur zu verständlich, dass manchmal über das Ziel hinausgeschossen wurde. Das gehört zu Revolutionen, zu den großen wie zu den kleinen. Hier ging es um eine wichtige.

Zu den kleinen, aber anfangs notwendigen Übertreibungen gehört das große „I“. Aus Bürgerinnen wurden auf einmal BürgerInnen. Das sollten wir nun eigentlich hinter uns haben, was aber nicht alle Köpfe hineinpasst, auch heute noch nicht.

Die „I“-Menschen, die GRÜNEN, scheinen nun völlig von der Rolle zu sein. Am 31. Mai 2015 notiert SPIEGEL ONLINE: „Bei den Grünen werden die Partei und auch die Bundestagsfraktion jeweils von zwei Vorsitzenden geführt. Eine weibliche Doppelspitze ist auch möglich, nicht aber ein Duo von zwei Männern.

Noch verklemmter geht es nicht.
31. 05. 2015