Die Schreibmaschine

Eigentlich war sie schon ausrangiert, die Schreibmaschine, so wie die Handschrift. Aber: Totgesagte leben länger.

Patrick Sensburg, der Vorsitzende des NSA-Untersuchungsausschusses im Bundestag, will das alte Eisen wieder zurückholen. Jedenfalls sieht das nach SPIEGEL ONLINE  14. Juli 2014 so aus.

Jeder Computer, jedes Handy – alles und jedes kann ausspioniert werden, die Schreibmaschine nicht. Allerdings sollten wir auf das Original zurückgreifen, die ganz und gar mechanische. Schon bei der elektrischen Schreibmaschine dürfen wir nicht sicher sein.

Füllfederhalter, Kugelschreiber, Bleistifte – alles Nichtelektronische wird wieder erste Wahl sein, weil spionagesicher, was allerdings auch nicht ganz stimmt.

Spioniert wurde schon immer. Dieser Tatsache verdanken wir unter anderem die aufregendsten Kriminalromane. Unsere Neugier ist grenzenlos, im Privaten wie auch anderswo.

Was denken die Anderen? Was haben sie vor? Wollen sie uns übers Ohr hauen? Wollen sie uns an den Kragen? Wie stellen wir uns darauf ein? Und was können wir tun? Die kleine und die große Politik – ein Rummelplatz menschlicher Gefühle.

Und da regen sich nun alle möglichen Leute in Deutschland auf über das, was alle tun: Die Spionage der USA. Unglaublich, aber wahr. Das ist lächerlich.

Offenbar übersehen wir etwas: Sex und Spionage – ohne beides scheinen wir nicht leben zu können, jedenfalls nicht glücklich: Wenn auch meist nur für wenige Augenblicke.

Was Spionage angeht: Früher waren wir darauf angewiesen, Augen und Ohren aufzusperren und die erspähten Geheimnisse ebenso geheimnisvoll weiterzugeben. Falsche Fährten wurden gelegt, es wurde gelogen, dass sich die Balken bogen.

Und heute? Nichts hat sich geändert. Nur die Technik: Statt des anna-log-Zeitalters haben wir jetzt das digi-Zeitalter. Ihm fehlt die Raffinesse, es ist proletisch geworden. Jeder will alles von allen wissen.

Freunde spioniert man nicht aus? Quatsch! Zumindest in der Politik gibt es keine Freunde. Es gibt Interessen. Und das ist etwas völlig anderes.

Unsere deutschen Politiker sollten aufhören, die beleidigte Leberwurst zu spielen. Sie sollten sich darauf besinnen, dass es nicht nur Spionage gibt, sondern auch Gegenspionage. Und wenn wir bisher zu dumm waren, dann sollten wir uns jetzt klug machen, und zwar ganz schnell. Und natürlich ganz heimlich.

Das mit der Schreibmaschine sollten wir lassen. Es wäre zu lächerlich.

PS: Mit dem Anschlag auf die Twin Towers am 11. September 2001 hat Osama Bin Laden die USA hysterisiert, und nicht nur die USA. Das ist der Ausgangspunkt. Wir leben seitdem in einer anderen Welt, in der wir uns nicht mehr so richtig zurechtfinden.