Dienstag, März 27, 2012

Ein bemerkenswerter Unterschied

SPIEGEL ONLINE berichtet am 27. März 2012 „Der Bundestag bekommt mehr Rechte.“ Es geht darum, dass bisher ein Geheimgremium über die Milliardenhilfen zur Euro-Rettung bestimmte, nicht wie es sein müsste der Bundestag. Jetzt soll der Bundestag darüber befinden. Aber er hat nicht mehr Rechte bekommen, er erhält seine ihm bisher verwehr
ten Rechte zurück. Das ist ein bemerkenswerter Unterschied.

Mittwoch, März 21, 2012

Recht und Gerechtigkeit

Am 17. März 2012, 16:26 Uhr, berichtet SPIEGEL ONLINE vom Tod des 91-jährigen ukrainischen John Demjanjuk, einem als NS-Kriegsverbrecher verurteilten Mannes. Am Mord von mehr als 28.000 Juden soll er beteiligt gewesen sein, und es sieht so aus, als sei das wahr. Das war im Vernichtungslager Sobibór.

„Bis zum Tod ohne Reue“ titelt SPIEGEL ONLINE. Natürlich hätte John Demjanjuk Reue zeigen können. Aber haben die, die ihn zum Mitmörder gemacht haben, Reue gezeigt? Mir ist keiner bekannt.

Iwan (John) Demjanjuk wurde als Rotarmist 1942 von der deutschen Wehrmacht gefangen genommen, im SS-Ausbildungslager Trawniki ausgebildet und 1943 als Wachmann ins Vernichtungslager Sobibór abkommandiert. Da hat er – allein durch seine Anwesenheit – mitgeholfen, über 28.000 Juden zu ermorden, über 28.000 Menschen! Ob er selbst einen Menschen umgebracht hat, ist nicht bekannt.

So schrecklich das ist: Iwan (John) Demjanjuk war ja nur einer von vielen, von hunderten, tausenden, zehntausenden – und die meisten von ihnen waren Deutsche.
Wann, wo und von wem wurden sie angeklagt und verurteilt?

Demjanjuk, der Sündenbock für alle anderen? Sein Sohn sieht das so, und ich auch. Das entschuldigt ihn nicht. Aber dass alle anderen sich hinter ihm feige verstecken, das ist die wirkliche Schande. Und die noch größere Schande ist, dass Deutschland seine Täter immer in Schutz genommen hat.

20. 03. 2012

Sonntag, März 11, 2012

Nachbetrachten

Die Verabschiedung des vor Kurzem zurückgetretenen Präsidenten der Bundes-
republik Deutschland, Christian Wulff, ging über den „Zapfenstreich“ hinaus recht lautstark über die Bühne. Das Getröte der Empörten war vielleicht nicht die feine Art, aber verständlich war das schon.

Ebenso verständlich, dass das Bundespräsidialamt das nicht gut fand. So erklärt sich der Wunsch dieses Amtes, die Sache noch einmal nachzubetrachten.

Nachbetrachten, was für ein Wort! Wie kann man nur so einfallsreich dumm mit unserer Sprache umgehen?! Ich betrachte nichts nach, ich sehe mir eine Sache noch einmal an, vielleicht gründlicher als beim ersten Mal. So machen wir das, die wir keine Beamten im Bundespräsidialamt sind.

Ach ja, was machen die eigentlich, die Beamten im Bundespräsidialamt? Welche Aufgaben haben sie? Und wer hat sie ihnen gestellt?

Problemlösungen

Du löst ein Problem. Und was löst du noch? Du löst neue Probleme aus. Ein Hotel hat es abgelehnt, Herrn Uwe Voigt, NPD, und seine Frau aufzunehmen. Herr Voigt ist dagegen gerichtlich vorgegangen, aber das Hotel muss ihn nicht beherbergen. Nun geht NPD-Voigt durch die nächsten Instanzen. Das wird nicht lustig, aber teuer. Aber Recht muss Recht bleiben oder Recht werden – wie in diesem Fall. Wie wird es sein, wenn ein anderer Politiker einem Hotelier nicht passt? Genügen da unter-schiedliche politische Auffassungen? Mal sehen, was daraus wird.

Dienstag, März 06, 2012

Wie Kleinigkeiten die Welt verändern

In Deutschland-Radio (d-radio.de) bin ich gestern auf einen kurzen Beitrag mit folgendem Titel gestoßen: „Elevator Blues. Fahrstuhl zum Penthouse.“

Da stand, dass kurz vor 1850 in den USA der absturzsichere Personenfahrstuhl erfunden wurde, der sich schnell verbreitete und die Ordnung mehrgeschossiger Gebäude buchstäblich auf den Kopf stellte. Das ist so verblüffend wie einleuchtend.

Bis dahin waren die oberen Stockwerke die billigeren. Es war mühevoller und anstrengender, sie zu erreichen. Das wurde mit den neuen Fahrstuhl anders: „Die Dachkammer des ‚armen Poeten’ mauserte sich zum modernen Penthouse“ (Zitat).
Hoch hinaus ohne Mühe ist nicht nur seitdem ein Ideal.

Weiter ist die Rede davon, dass die abgeschlossene Fahrstuhlkabine auf irritierende Weise Intimität und Anonymität zugleich mit sich brachte, und vor allem zu einem neuen Begriff führte, der „elevator sickness“ - so wurde „das neue Krankheitsbild der Klaustrophobie“ recht bald genannt. Die Angst, ohne Aussicht auf Befreiung eingeschlossen zu sein, nicht entkommen zu können, sich in einem Käfig zu befinden für alle Zeiten, muss unerträglich sein.

Diese Angst wird durch die moderne Abhängigkeit aller Elevators, aller Lifts, aller Fahrstühle von der Elektrizität noch gesteigert: Stunden und Stunden zusammen mit wildfremden Menschen in die Enge zwischen den Stockwerken getrieben zu sein, erscheint schon schlimm genug. Wer traut es sich als erster, in die Hose zu machen? Eine blöde Frage. Irgendjemanden passiert es. Mit Traute hat das nichts zu tun.

Ich will dieses schreckliche Szenario mit dem Hilfeschrei eines kleinen Menschen
beschließen: „Mama, ich muss mal!“ Und das als Erwachsener in der Öffentlichkeit eines Fahrstuhls, der keine Intimität zulässt? Eine schreckliche Vorstellung.

27. 02. 2012