Dienstag, Februar 19, 2013

Schmutzige Wäsche

Wir haben da etwas, das Libor-Affäre genannt wird.  Libor ist die Abkürzung für LondonInterBankOfferedRate. Darunter kann sich kaum jemand etwas vorstellen, genau so wenig wie unter Eurobor. Das ist etwas Ähnliches, nur wahrscheinlich eine kleine Nummer kleiner. Wie auch immer:

Banken haben gekungelt. Sie haben sich wie Kartelle benommen. Sie haben den Wettbewerb „außer Kraft“ gesetzt.  Sie haben betrogen, haben gelogen.

Gut, das kommt in den besten Familien vor, aber in Ordnung ist das nicht.  Nur spricht darüber niemand. Das ist der Skandal.

Hier in Deutschland haben wir das Bundeskartellamt. Meistens eine „lame duck“, eine lahme Ente. Aber immerhin: Gelegentlich schnattert sie. Über die Folgen wollen wir lieber nicht sprechen. Sie sind beschämend gering. Wenn Kartelle in Deutschland auffliegen, weil die
Unternehmen Preise untereinander abgesprochen haben, dann zahlen
sie ein paar Millionen – eine Strafgebühr, die aus der sogenannten
Portokasse leicht zu bezahlen ist.

,Aber hier? Im Libor-Fall?  Wo ist da ein Kartellamt, so kraftlos es auch sein mag?! Es rührt sich nicht, ist weit und breit nicht zu sehen.

Was bleibt, ist die Erkenntnis: Geld regiert die Welt.

Montag, Februar 18, 2013

Es gibt immer wieder etwas zu lernen

Wir müssen nur Augen und Ohren aufsperren, dann entdecken wir Neues. So ging es mir wieder in den letzten Tagen mit der Blindenschrift und der Gebärdensprache.
Beide Begriffe waren mir bekannt. Ich erinnerte mich sogar, dass mit der Blinden-schrift das Wort, der Name Braille verbunden ist. 1825 hat Louis Braille die Blindenschrift erfunden. Man liest sie mit den Fingerspitzen.

Neulich habe ich im Internet gesehen, wie die Buchstaben mit diesen Punkten dar-gestellt werden. Ich habe dann meinen Namen mal in „Braille“ geschrieben. Ich fand
das überhaupt nicht einfach. Aber es geht. Es ist eine Sache der Konzentration. Wenn man mit den Fingerspitzen lesen muss, dann muss man sehr aufmerksam sein.

Ähnlich und doch ganz anders ist es mit denen, die nicht hören könne, die man bisher Taubstumme nannte und so nicht mehr nennen sollte. Stumm sind sie nicht, aber gehörlos.

Was die meisten von uns über ihre Ohren erfahren, das zeigt ihnen die Gebärden-sprache. In manchen Fernsehsendungen, können wir das sehen. Ginge es nicht in allen? Vielleicht ist das zu viel verlangt.

Es dauert einen Augenblick zu begreifen, dass die Gebärdensprache kein wildes Gefuchtel ist, sondern lebendige Sprache. Die Grammatik ist ein bisschen anders.
Statt „Wo lernst du?“ heißt es „Du lernst wo? “ Ein kleiner Unterschied, leicht zu lernen:

Ich zeige mit dem Zeigefinger auf meinen Gesprächspartner (das heißt „du“). Ich
tippe dann mit allen Fingerspitzen meiner beiden Hände an meine Schläfen und sage damit „lernen“. Und für das „wo“ breite ich meine Arme aus und kann damit meine
Ratlosigkeit zeigen. So einfach ist das.

(Zur Gebärdensprache hat das Hamburger Abendblatt am 8. Febuar 2013 auf Seite 9 einen lesens- und beherzigenswerten Beitrag veröffentlicht.)

Donnerstag, Februar 14, 2013

Schreib-, Denk- und Gefühlsfehler

Laut Spiegel online ist Frau Merkel am 9. Februar von einem schaflosen EU-Gipfel nach Berlin zurückgekehrt. Wieviel Spaß ein fehlendes „l“ doch machen kann!  Dagegen ist die „Bausellte“ vom 8. Februar… na ja, sie reizt nicht mal zum Lachen.

Ich habe es der S.P.O.N-Redaktion schon mal geschrieben: „Ihr schreibt zu schnell.“
Schnell, schnell, schnell und bitte global und immer schneller als die anderen. Der Preis? Ungenauigkeiten, Fehler und zum Schluss ein ramponierter Ruf.  Aber weil es alle so machen (mainstream heißt das heute), merkt das kaum noch jemand. Und so werden bald so gut wie alle vor sich hinplappern. Es kommt ja nicht darauf an.


„Nachempfinden“ scheint mir ein Denk- oder Gefühlsfehler zu sein. Immer wieder sagen alle möglichen Leute, sie könnten etwas nicht „nachempfinden“. In Wirklich-keit wollen sie sagen: „Das sehe ich anders, das sehe ich nicht so, da bin ich anderer Meinung.“

Aber wer traut sich heute noch, so seine Meinung zu äußern? Natürlich, wir sollen und wollen niemanden vor den Kopf stoßen. Aber müssen wir alles weich spülen?
Verdammte „Political Correctness“!

Kleine Sprachbröckchen, unsortiert: Das Negativwachstum. Die negative Eigenkapi-talverzinsung. Was wächst denn da?

Vielleicht sollten wir da eine andere Sprachregelung einführen – implementieren. Aber die Vorbehalte dagegen sind evident – zu augenscheinlich, zu offensichtlich. Warum verirrt sich unsere Sprache immer wieder in solche Sackgassen?

Ein bisschen angeben sollte man schon. Das ist vielleicht der Grund. Dyskalkulie klingt jedenfalls beeindruckender als Rechenschwäche, liegt auch außerhalb der Political Correctness. Rechenschwäche ist diskriminierend, herabsetzend. Dyskalkulie nicht, weil niemand versteht, was damit gemeint ist.

Schon sind wir beim Politischen angelangt. Sagt doch in einem Interview im Quickborner Tageblatt von 8. Februar 2013 Valerie Wilms (Grüne) Bundestags-abgeordnete aus Wedel: „Parteipolitisches Denken ist für mich…“ (Stichwort der Redaktion) … ²grundsätzlich nötig. Zum politischen Denken gehört es aber, nicht nur an die Parteierfordernisse, sondern auch an die der gesamten Gesellschaft zu denken.“

Ich finde, die Reihenfolge stimmt nicht. Die Parteien sollten sich hinten anstellen  und nicht vordrängeln.

Aber ich will nicht päpstlicher sein als der Pabst, der am 28. Februar sein Amt zurückgeben will.

Wer wird es übernehmen? Eine Frage, die mich ziemlich kalt lässt. Ich komme als ehemaliger Protestant und jetzt Gottloser für das Amt nicht infrage. Aber gesetzt den Fall: Wäre es so, ich wäre wahrscheinlich so blöd, es anzunehmen wie bei diesem Quickborner Bürgerverein, dessen Vorsitzender ich bin.

Montag, Februar 11, 2013

Vom Ewigen Leben

Die Vorstellung von einem Ewigen Leben, der Glaube daran, ist schrecklich und schön zugleich. Schön, wenn ein glücklicher Mensch davon überzeugt ist – ihm winkt das Ewige Glück – jedenfalls empfindet er es so.

Eine schreckliche Vorstellung für alle, die hier auf der Erde nicht nur glücklich, sondern auch unglücklich sind, die nicht nur gut, sondern auch böse sind. Soll dieses Auf und Ab, diese Mischung von Glück und Unglück, von Liebe und Hass bis in die Unendlichkeit niemals enden? Ein Leben, das kein Ende findet? Ein Leben, das uns unerbittlich verfolgt, weil es den Tod nicht kennt?

Kein Trost weit und breit, keine Hoffnung? Doch. Machen wir uns nichts vor. Mit jedem Menschen stirbt ein kleines Universum. Alle Gedanken, alle Gefühle, ein ganzes Leben – alles löst sich in Nichts auf, verschwindet unwiederbringlich.

Wenn etwas bleibt, dann sind es die Erinnerungen derer, die (zunächst) zurück bleiben. Aber auch die Erinnerungen sind nicht von Dauer. Sobald sich die Zurück-gebliebenen getröstet haben, setzt das Vergessen ein. Wir kommen von nirgendwo
und gehen ins nirgendwo. Gefragt werden wir nicht.

Wenn etwas Ewig ist, dann ist es dieses Kommen und Gehen. 11. 02. 2013

Endlich etwas Neues zur Elbphilharmonie

Das Thema schien bis heute so abgelatscht wie nur irgendetwas. Mit 77 Millionen EURO ging der Größenwahn an den Start. Inzwischen sollen es 575 Millionen EURO sein. Wie langweilig. Keiner kann es mehr hören.

Aber heute gab es eine Neuigkeit*. Die Herren Architekten und Bauunternehmer teilten, wenigstens zu meiner Überraschung, mit, dass die Elbphilharmonie für sie ein Verlustgeschäft sei. Sie würden nur zusetzen. Das ist natürlich eine dumme Sache. Man arbeitet nicht nur für nichts, man zahlt noch drauf.

Das macht kein vernünftiger Mensch. Aber warum machen es die Herren Philharmo-nie-Architekten und –Bauunternehmer? Das ist die eine Frage. Die andere: Wer hat denn von den 575 Millionen EURO etwas gehabt. Irgendjemand muss sie doch bekommen haben, die Millionen. Irgendjemand muss doch davon gelebt haben. Die Architekten und die Bauunternehmer nicht? Aber wer denn?

Eins ist sicher. Nein, nicht die Rente, sondern die Tatsache, dass die 575 Millionen EURO von den sogenannten kleinen Leuten auf den Tisch gelegt werden müssen, also auch von mir. Dabei bin ich so unmusikalisch.

*Wenn ich mich nicht irre, berichtete das Hamburger Abendblatt heute, dass die Architekten eine Nachforderung von etwa 90 Millionen EURO angemeldet haben, mit Aussicht darauf, sie auch zu erhalten. 07. 02. 2013


Donnerstag, Februar 07, 2013

Bitte sprechen Sie deutsch mit mir

Nein, meine Großeltern und Eltern waren nicht bildungsfern. Ich bin es auch nicht. Was heißt eigentlich bildungsfern? Wenn es bildungsfern gibt, müsste es doch auch bildungsnah geben. Das scheint aber nicht so zu sein. Ungebildet, ja, das gibt es. Aber das will heute natürlich niemand sagen. Das wäre ja herabsetzend, diskriminierend. Pfui Teufel!

Worauf ich hinaus will: Mich ärgert zunehmend der hoch- und höchstbürgerliche Jargon, die Gossensprache der vermeintlich Intellektuellen.

Ohne das kleine, möglichst das große Latinum, vom Altgriechischen sei abgesehen, wird es immer schwieriger zu verstehen, was gemeint ist.

Empathisch: mitfühlend. Empathie: Mitgefühl. Na ja, so sprechen wir nicht, aber so schreibt man. Und dann: emphatisch. Ist das ein Schreibfehler? Sieht so aus, ist es aber nicht. Emphatisch meint nachdrücklich, so wie Emphase Nachdruck bedeutet.

Ach ja, zurzeit macht sich die Provenienzforschung breit. Es geht darum, woher Bilder und andere Kunstwerke stammen, die heute in Museen ausgestellt oder in deren Archiven aufbewahrt werden und deren Herkunft nicht bekannt ist, nicht genau jedenfalls. Häufig genug, nein, selten genug wird festgestellt, dass sie Beutegut, das Nazigrößen im „Tausendjährigen Reich“ gerafft, den jüdischen Besitzern entwendet haben. Ein endloses Thema, auf das ich mich hier nicht einlassen kann.

Worauf es mir im Augenblick ankommt, ist die Frage, warum von Provenienzforschung geschrieben und gesprochen wird und nicht von Herkunftsforschung.

Dann kommen immer wieder Themen zur Sprache, die „keine Relevanz“ haben. Wer außer den sprachlichen Gernegroßen spricht und schreibt eigentlich so? Niemand. Es geht um Dinge, die nicht wichtig sind, ohne Bedeutung. So gesagt, versteht das versteht jeder. Vielleicht soll nicht jeder alles verstehen, soll im Dunkeln tappen. Das wäre eine Erklärung. Aber „relevanter“ scheint mir der Dünkel zu sein, der Hochmut, der hier zur Geltung gebracht wird.

Wie auch immer: Der ungebildete Bürger hat da seine Schwierigkeiten.

Ich möchte das, was sich hier immer mehr ausbreitet, Kastendeutsch nennen. Die Politiker, die Manager, die Funktionäre – alle eine Kaste für sich, haben ihre eigene Sprache, eine Sprache, die das ungebildete, das bildungsferne Volk, nicht versteht.

Es muss ja nicht lutherisch-grob sein, aber klar und deutlich – das wäre schon schön.
07. 02. 2013

Montag, Februar 04, 2013

Sex sells, und Political Correctness ist sexy

Wir haben seit einigen Tagen eine Sexismusdiskussion, die zum Himmel schreit, so laut wird sie geführt. Eine SPIEGEL- und eine STERN-Redakteurin haben diese Debatte losgeschrieben (beinahe hätte ich wie ein Politiker „losgetreten“ geschrie-ben). 42 % der Frauen in Deutschland sollen sich schon 2004 belästigt gefühlt haben, wohl sexuell belästigt. Es scheint noch schlimmer geworden zu sein.

Jetzt frage ich mich: In welcher Welt habe ich eigentlich gelebt? Beruflich einige Jahrzehnte in der recht lockeren Welt der Werbung. Kinder von Traurigkeit waren die Jungs und Mädels nicht. Aber ich habe nie erlebt, dass einer meiner Kollegen einer Kollegin in den Hintern gekniffen hat. Und so blöde Worte wie „Knackarsch“ habe ich auch nie gehört. Dabei waren die Agenturen, in denen ich gearbeitet habe, keine Klöster.

Offenbar habe ich in der 58 %-Welt gelebt, in der Welt der Frauen, die sich nicht belästigt gefühlt haben. Vielleicht bin ich ja ein Zimperling und habe deshalb nichts
mitgekriegt. Ich habe schon als kleiner Junge die dreckigen Witze gehasst, die sich
mit Mädchen „befassten“. Das hat sich auch nicht geändert. Ich fand es immer eklig,
wenn jemand die Sau raus ließ, die Sau, die er selbst war.

Eine Haustür daneben haben wir das inzwischen etwas abklingende Thema der Political Correctness, das uns unsere Familienministerin Kristina Schröder serviert hat mit ihrem man könnte ja auch „das Gott“ sagen.

So originell, was das dargestellt wird, ist das gar nicht. Im Rheinland ist es Gang und Gäbe, von „dat Mensch“ zu sprechen. Wenn „dat Mensch“ geht, dann geht auch „das Gott“.

Nur eins geht nicht: das Umschreiben alter Bücher. Meine Frau hat das Problem auf den Punkt gebracht. Wenn wir anfangen, Bücher umzuschreiben, Zeitdokumente, dann machen wir genau das, was uns bei George Orwell so erschreckt hat: Wir schreiben die Vergangenheit um – so wie wir sie gern hätten. Das dürfen wir nicht zulassen.  03. 02. 2013