Sonntag, April 29, 2018
Eine Konzertagentin erzählte mir
irgendwann einmal, dass Tenor eine recht
seltene Stimmlage sei, jedenfalls viel seltener als Bariton. Tenöre seien deshalb
teuer, eingebildet, faul und deshalb dumm. Der gemeine, in der Musikszene
kursierende Spruch „Dumm, dümmer, Tenor“ sei durchaus gerechtfertigt.
Dieser Gemeinheit möchte ich als
Gutmachung etwas Fröhliches entgegensetzen. Für mich ist der Tenor ein
Schmetterling, vielleicht nicht so flatterhaft, aber schmettern kann er, der
Tenor. Damit ist es nur recht und billig, ihn Schmetterling zu nennen.
Mittwoch, April 18, 2018
April, April
„Zwei Dinge sind
unendlich, das Universum und die menschliche Dummheit. Aber beim Universum bin
ich mir noch nicht ganz sicher.“ Albert Einstein.
Wie recht er hat,
zeigt ein ganz aktuelles Beispiel. Der Staffordshire-Terrier Chico hat zwei
Menschen totgebissen. Daraufhin wurde er eingeschläfert. Gegen die Tötung
protestierten – so war zu lesen – 290
000 „Tierfreunde“. Nach dem Hamburger Abendblatt newsletter von heute haben für den kommenden Sonntag „Tierfreunde“
eine Mahnwache mit 80 bis 100 Teilnehmern für Chico angekündigt, Kerzen und
Plakate dürfen mitgebracht werden. Noch irrer geht es nicht?
Eigentlich kann ich
gleich noch Peter Sloterdijk erwähnen,
allerdings in einer ganz anderen Sache. Er nennt die heutigen Universitäten
„Irrtumsvermeidungs-anstalten“ und spricht davon, dass wir in einer
„Fehlervermeidungskultur“ leben.
Das bringt Florian
Schroeder in der ZEIT vom 12. April unter dem Titel „Glatt gespült“ zur
Sprache. Müsste das nicht „Glattgespült“ geschrieben werden? Auf jeden
Fall bezeichnet er die glattgespülte
Sprache als scholzifiziert und lindne-risiert, als tot. Einleitend schreibt
Schroeder „…typisch für unsere Zeit, die jedes Risiko scheut. Alle rufen nach
dem Radikalen, dem Originellen, dulden aber nur das Mittelmaß.“ Beweise dafür
braucht es nicht.
Sie werden uns ungefragt täglich geliefert.
Wie es zu diesem
Mittelmaß kommt, erklärt sich – technisch gesehen – durch den Ersatz des
Denkens durch Meinungsumfragen, in etwa nach dem Motto „hast du keine Meinung,
dann mach eine Umfrage.“ Politik und Wirtschaft sind darin ganz groß.
Und so sehen die Ergebnisse dann auch
aus.
Fehler sind doch
nicht schlimm, wenn man sie erkennt, was allerdings Denken, kritisches Denken,
Nachdenken voraussetzt. Das gilt vor allen Dingen für die Fehler, die man
selbst macht. Das bisschen „Mut“, das
man dazu braucht, sollte eigentlich jeder aufbringen können. Einfach mal
versuchen!
Künstliche Intelligenz
Was ist Künstliche
Intelligenz? Die Frage ist falsch gestellt. Richtig ist, zu fragen, ob es
Künstliche Intelligenz gibt. Eine berechtigte Frage, und wenn wir zehnmal
diesen Begriff mit großem K schreiben. Es gibt sie nicht!
Intelligenz ist
unsere Fähigkeit, Aufgaben, auch schwierige und neue, zu lösen, die Fähigkeit,
im Leben und mit dem Leben zurecht zu kommen. Das klingt wie eine
Binsenweisheit, und es ist auch eine, was aber nicht schlimm ist. Nichts daran
ist künstlich.
Aber irgendetwas muss
an der Sache dran sein. Sonst würden doch nicht so viele kluge Menschen ständig
darüber reden und schreiben. Vielleicht haben wir es hier mit der so häufig
anzutreffenden Großspurigkeit zu tun, die uns dazu verführt, Technologie auch dann
zu sagen, wenn es um Technik geht.
Bei Licht besehen ist
Künstliche Intelligenz nichts anderes als nachgemachte, maschinelle
Intelligenz, etwas, was wir dem Computer vorgesagt haben und das er uns, wenn
wir es wollen, nachplappert.
Zugegeben: Manchmal
kommen wir aus dem Staunen nicht heraus, so intelligent klingt das
Nachgeplapperte. Trotzdem: Wir sollten uns nicht für dumm verkaufen lassen. Aber etwas Großzügigkeit gönnen wir
uns. Wir verzichten darauf, den Begriff KI Künstliche Intelligenz gegen VK
Vorgetäuschte Intelligenz zu ersetzen. Vielleicht SI, Simulierte Intelligenz?
Ach, lassen wir das.
Negative Einnahmen
Ein Ralf Ratzenberger nennt im Auftrag des ADAC
einen Verlust von 100 Millionen € nicht etwa Verlust, sondern negative
Einnahmen. Da sage noch jemand, Buchhalter seien fantasielos!
Warum Content statt Inhalt? Warum Cloud
statt Externes Rechenzentrum?
Jetzt schnell noch einen Karl
Kraus: „Der Teufel ist ein Optimist, wenn er glaubt, dass er die Menschen
schlechter machen kann.“ Und dann noch Baroch de Spinoza: „Jeder hat so viel
Recht, wie er Gewalt hat.“
Zwei schöne Wörter, die mir neu
waren: Gesinnungskorridor und Gesinnungsterror.
Samstag, April 14, 2018
Negative Einnahmen
Ein Ralf Ratzenberger nennt im Auftrag des ADAC
einen Verlust von 100 Millionen € nicht etwa Verlust, sondern negative
Einnahmen. Da sage noch jemand, Buchhalter seien fantasielos!
Zwei schöne Wörter, die mir neu
waren: Gesinnungskorridor und Gesinnungsterror.
Fehlerhaft
Im Deutschen ist fehlerhaft ein
Adjektiv, ein Beiwort. Das ist ein Fehler. Wir sollten fehlerhaft auch als
Substantiv, als Hauptwort, einführen. Schließlich wimmelt es nur so von Fehlern
– immer und überall.
Von Schreibfehlern soll gar nicht
erst die Rede sein, auch von denen nicht, die uns täglich unterlaufen, und die
mehr ein Versehen sind. Schon bei den Fehlern, die unsere Damen und Herren
Politiker machen, haben wir keinen Überblick mehr. Das ist nicht nur ärgerlich,
sondern ist oft auch gefährlich
Deshalb sollten wir mit
sofortiger Wirkung die Fehlerhaft einführen. Wir dürfen die vielen Fehler nicht
weiter frei herumlaufen lassen. Wir brauchen ein Gefängnis, in das wir die Fehler stecken können. Nur so können wir
uns wirksam schützen.
Fundstücke
Ich fange mal mit den
Sprachfazken an, denen kein Fremdwort zu fremd ist, um mit ihnen dicke zu tun.
Heute lieferten sie folgende Wörter ab: Misogyni = Frauenfeindlichkeit,
Doublebind = Zwickmühle, Devianz = abweichendes Verhalten. Na ja, im
Französischen déviation = Umleitung, hat ja was mit Abwei-chung zu tun. Man
müsste eben doch Französisch, oder vielleicht noch besser, Latein können. Zu
spät!
Vorhin habe ich wieder einen
Tucholski aufgeschnappt: „Die größte Sehens-würdigkeit, die es gibt, ist die
Welt – sieh sie dir an!“ Passt ganz gut, denn dazu gehören auch die Sprachen –
eine aufregende, eine anregende Welt für sich.
„Wenn man heute für
Online textet, richtet sich alles nach der Such-maschinenoptimierung. Wenn man
etwas über eine Handtasche schreibt, muss da zehnmal Shopping-Bag stehen, damit
die Leute das schnell finden auf Google.“ (Gerrit Gley, Kreativdirektor einer
Werbeagentur)
Recruiter. Zugegeben
– das deutsche Personalbeschaffer ist alles andere als charmant. Allein
Personal! Unpersönlicher geht es nicht. Und Beschaffer ist nicht besser. Auf
den ersten Blick ist kein deutsches Wort für Recruiter in Sicht, auf den
zweiten leider auch nicht – bis auf das vermuffte Personalbeschaffer. Ja,
manchmal sperrt sich unser gutes Deutsch, dabei ist es doch so einfallsreich.
Bleiben wir großzügig. Wir sagen ja auch Headhunter und nicht Kopfjäger. Der
Headhunter ist übrigens die Edelausgabe des Recruiters, damit das klar ist.
Unter dem Titel „Über
das Aussterben bedrohter Arten“ hat Harald Martenstein im ZEIT-Magazin 16
allerlei amüsante Gedanken zusammengetragen. Die wichtigsten sind allerdings
nicht lustig, sie sind ernst zu nehmen: „Wir sehen nur, was wir sehen wollen.“
Und „Wir sortieren alles, was wir sehen, sofort in unser Weltbild ein.“ Diese
Unarten sorgen für Fehlsichtigkeit bis hin zur Blindheit. Aufgepasst also!
„Man muss als
Politiker seine Prinzipien so hoch halten, dass man aufrecht darunter
durchgehen kann.“ Franz Josef Strauß.
La vache, qui ri
In der ZEIT-Ausgabe vom 5. April
schreibt Jens Jessen „Heute ist alles, was Männer tun, sagen, fühlen oder
denken, falsch – weil sie dem falschen Geschlecht angehören.“ Das ist die
Überschrift eines längeren kritischen Beitrags zum Titelthema „Schäm dich, Mann!
Darin erwähnt er einen Text von Iris Radisch, in dem sie sich das zauberhafte
Wort ridikülisieren nicht verkneifen konnte.
Ob Frau Radisch ahnt, wie
lächerlich sie sich damit macht? Wahrscheinlich steht die Eitelkeit der Dame
dieser Erkenntnis im Wege. Dabei muss man ja nicht gleich in die Bildungsferne
abschweifen. Ein einfaches gut verständliches Deutsch reicht doch.
Ich lasse hier mal die Kuh
lachen. An sich sind es ja die Hühner, die über so etwas lachen, diesmal darf
es die Kuh, la vache.
Damit wir nicht aus dem Lachen
rauskommen, geht’s gleich weiter. Da wird auf Seite 41 derselben Ausgabe Julia
Kristeva eine poststrukturalistische Sprachphilo-sophin genannt und als
Erfinderin der Intertextualität bezeichnet. Herrgott, was ist das denn?
Als Autoren werden Georg Blume
und Iris Radisch erwähnt. Jede Wette: die Iris war’s, die dem Leser das
eingebrockt hat.
Bei solchen Gelegenheiten muss
ich immer an Oriana Fallaci denken, die einmal ihre Mutter, eine einfache Frau,
zitierte: „Schreib immer so einfach, dass deine Mutter es versteht.“ Frau
Fallaci hat diese Bitte beherzigt. Jeder, der schreibt, sollte diesen Ratschlag
befolgen. Dann blieben uns so etwas Dämliches wie „postmolekulare“ Küche
erspart. Postmolekular ist wohl ein Hauch mehr als molekular. Da muss es sich
um Portionen handeln, die sich auf dem Teller kaum entdecken lassen.
Ob Oriana Fallacis Mutter
verstanden hätte, was der ZEIT-Redakteur Michael Allmeier so alles zur Küche
des Lakeside (Restaurant des Hotels The Fontenay) zum Besten gegeben hat? –
Blumenkohl-Espuma, Umami-Crumble, mutige Aromen-Jonglage, Jalapeño-Schaum.
Eine letzte Albernheit, auf Seite
62 entdeckt: „Design verhandelt die große Frage, wie wir leben…“ Hier wird
nichts verhandelt, hier wird etwas behandelt. Ich hoffe, dieses falsche
Verhandeln macht nicht die Karriere von Focus. Zu befürchten ist es, denn ich
bin dieser Zumutung in letzter Zeit schon öfter begegnet.
Donnerstag, April 05, 2018
Lotterdeutsch
Erstens: „Ich habe meinen Fokus
auf ein anderes Thema gerichtet“, so eine unbekannte und deshalb hier
ungenannte Frau. Woher hat sie ihren Fokus wohl genommen? Na ja, der liegt inzwischen überall rum –
offensichtlich näher in diesem Fall als zum Beispiel das Wort Aufmerksamkeit.
Wirklich schlimm ist der zweite
Fall. Die CDU-Politikerin Anja Karliczek, neue Bundesbildungsministerin, will
die Schulen umbauen. Da scheint ihr jede Plattheit recht zu sein. Zum Beispiel:
„Zum anderen kann die digitale Bildung das Lernen individualisieren: Ein Kind,
das richtig gut ist, bekommt schwierigere Aufgaben als ein Klassenkamerad, der
sich schwerer tut. Das soll nicht bestritten werden.
Allerdings: Analog ging das nicht? Doch, das ging und
geht auch. Die Koketterie mit der Digitalisierung ist nicht nur lächerlich; sie
nervt. Künstliche Intelligenz hat in der Forschung große Fortschritte macht, so
die Ministerin. Das ist auch so eine Plattheit, schnell dahingesagt.
Das wirklich Schlimme zum
Schluss. Frau Karliceks Deutsch lässt zu wünschen übrig: „Wenn jemand eine
Ausbildung macht, ist das genauso gut, als wenn jemand studiert.“ So gut als?
So gut wie, liebe Bundesbildungsministerin, so gut wie!
Produktionseinheiten
1967 hat Schweden alle Kühe,
Schweine, Schafe, Ziegen, Kanichen, Hühner, Gänse und Enten abgeschafft und
durch Produktionseinheiten ersetzt. Wie konnte das geschehen? Wer hat das
gemacht? Die Regierung? Der Reichstag, also das Parlament? Oder die Bürger
direkt, zum Beispiel durch einen Volksentscheid?
Wie auch immer. Der Erfolg dieser
Maßnahme ist unübersehbar, und er beschränkt sich nicht nur auf Schweden. Auch
bei uns ist es so, auch nicht erst seit gestern.
Der Beweis, am Gründonnerstag
erbracht und kein fake, gehört von Andrea Boerries bei Jim Block, Othmarschen,
Burger to go. Ein wohlbeleibtes Paar, 50 plus. Er: „Was nimmst du?“ Sie: „Ich
glaube, ich nehme mal Huhn, ich habe heute irgendwie keinen Appetit auf
Fleisch.“
Dumm nur, dass auch die Hühner
längst abgeschafft worden sind – siehe Schweden. Politisch korrekte Antwort: “Ich
nehme eine flugfähige Produktionseinheit.“
Na dann: Guten Appetit!
Quellen: „Meine Kuh will auch
Spaß haben“ von Astrid Lindgren und Kristina Forslund und DIE ZEIT „Elbvertiefung“, 4. 4. 2018.
Dienstag, April 03, 2018
Lazyware. Das Faultierprogrammm KI
KI, Künstliche Intelligenz.
„Die Erde wird künstlichen
Intelligenzen eng erscheinen, und sie werden ins All streben, wo unendlich viel
Energie lockt. Wir Menschen sind für die KI so interessant wie Ochsenfrösche
für uns.“ Jürgen Schmidhuber. „KI von heute ist nur fake intelligence. Auf
Dauer machen den Menschen Kunst und Empathie einzigartig.“ Luc Steels. „Der
Computer kann jedes Zitat über das Menschsein finden. Aber er wird nie sagen
können, was es ausmacht.“ Wolfgang Hildesheim. „Die für den Menschen
einfachsten Alltagsdinge wie putzen und selbst der Griff nach einer Schachfigur
bereiten den Maschinen enorme Probleme.“ John-Dylan Haynes. „Die Gefahr durch
künstliche Intelligenz ist für die Menschheit schlimmer als die Atombombe.“
Christoph von der Malsburg. „Wenn einst die Computer die Macht übernehmen,
werden die Menschen wie Kinder in Disneyland sein – falls sie Glück haben.“
Nick Bostrom. „Maschinen könnten uns als objektive Berater dabei helfen, unsere
ethischen Probleme zu lösen.“ Thomas Metzinger.
Sieben Köpfe, sieben zum Teil
sehr unterschiedliche Ansichten. Allen fehlt das Wichtigste: was Künstliche
Intelligenz eigentlich ist.
Um herauszufinden, was KI ist,
müssen wir erst einmal sagen, was unter Intelligenz zu verstehen ist. Alles in
allem dürfte es sich um die Fähigkeit handeln, Probleme zu lösen, praktische
genauso wie auch geistige. Phantasie, Vorstellungs-vermögen sind Stichworte,
die dazugehören. Damit ist möglicherweise schon das erste Fragezeichen hinter
den Begriff KI gesetzt; denn eine künstliche Phantasie, ein künstliches
Vorstellungs-vermögen? Es fällt schwer, daran zu glauben.
KI ist – gutwillig betrachtet –
der Versuch, Intelligenz nachzuahmen, sie ins Maschinelle zu übersetzen, zu
maschinisieren. Bis zu einem gewissen Punkt geht das wohl auch. Aber am Anfang
steht immer das Denken. Hat man ein Problem durchdacht, lässt sich auch ein
Computerprogramm entwickeln, das sich auch auf andere Probleme anwenden lässt.
Aber was ist daran künstlich?
Ist das zu kurz gesprungen? KI
kann sich selbst weiterentwickeln, kann sich verselbständigen, kann unsere
Intelligenz überflügeln, kann uns unser Tun und Lassen vorschreiben. Und dann
sind wir der KI ausgeliefert?
Wer computergläubig ist, wird das
so sehen. Nur ist das hier wie mit jedem Glauben: man kann ihm nicht trauen. Er
ist ein schlechter Ersatz für das Wissen. Computer können nicht denken. Sie tun
nur so. Sie können nur Wiederkäuen, was wir ihnen vorgesagt haben.
KI ist, wie gesagt, wiederkäuen,
ist nachplappern, so tun als ob. Sich selbst kann sie sich nichts beibringen.
Nachdem wir uns das klargemacht haben, wollen wir den zitierten klugen Köpfen
mal auf den Zahn fühlen.
Jürgen Schmidhuber schießt am
weitesten daneben. Er begnügt sich nicht
mit einer KI, er spricht gleich von Intelligenzen, und die lässt er ins All
streben. Wir wünschen gute Reise.
Christoph von der Malsburg hält
die Gefahr, die von der KI ausgeht, für schlimmer als die Atombombe. Daran ist
etwas. Die Gläubigkeit, mit der die KI angehimmelt wird, ist mehr als eine
Eselei. Sie ist bodenlos dumm. Das macht sie tatsächlich gefährlich.
Nick Bostrom ist der Überzeugung,
dass die Computer, sprich die KI, die Macht übernehmen werden. Er fürchtet,
dass wir uns wie Kinder benehmen werden – verantwortungslos. Bei der schon
erwähnten Computer/KI-Gläubigkeit ist das nicht von der Hand zu weisen
Thomas Metzinger hält es für
möglich, dass Maschinen objektive Berater sein könnten, die dabei helfen,
unsere ethischen Probleme zu lösen. Aber woher soll die Objektivität kommen?
Vom Himmel wird sie nicht fallen. Kommt sie aus unseren Köpfen, ist sie nicht
objektiv.
Luc Steels sagt kurz und bündig:
„KI von heute ist nur fake intelligence.“ Das wird in der Zukunft nicht anders
sein.
John Dylan Haynes sieht die Sache
realistisch: Schon bei den für Menschen einfachen Dinge wie putzen, haben die
Maschinen/Computer/KI enorme Probleme. Woher also auch bei Intellektuellen die
Gläubigkeit?
Auch Wolfgang Hildesheim ist
Realist: „Der Computer kann jedes Zitat über das Menschsein finden. Aber er
wird nie sagen können, was es ausmacht.“ Genau daran ließe sich aber KI
erkennen. Es gibt sie nur nicht, jedenfalls nicht so, wie es meist behauptet
wird.
Drei der sieben Köpfe stellen die
KI infrage. Am deutlichsten sagt das Luc Steels: fake intelligence. Die anderen vier sind KI-Gläubige. Und immer,
wenn es um Glauben geht, wird es gefährlich.
Was KI wirklich ist? Nichts
anderes als LAZYWARE. Sie will uns das Denken abnehmen. Und weil der Mensch von
Natur aus faul und bequem ist, ist dieses Faultierprogramm so gefährlich.
Wie sagte Helmut Lemke,
ehemaliger Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, einmal? „Ich lasse darüber
nachdenken.“ Das sollten seine Mitarbeiter tun. Er war zu faul dafür. Das war
vor der Erfindung der Künstlichen Intelligenz. Wollen wir jetzt die KI denken lassen?
Lieber nicht.
(Der Text bezieht sich auf DIE
ZEIT Nr. 14, 28. März 2018, S. 37 – 39)
Sonntag, April 01, 2018
Ein Monat zum abreißen
Morgen schlägt sein letztes Stündchen. Dann sind
wir ihn endlich los, den März. Nun gut, nicht jeder Monat erfüllt alle
Erwartungen, die wir an ihn richten. Manchmal verlangen wir auch wirklich zu
viel. Aber dieser März? Unter aller Kanone! So schrecklich, dass ich mir einen
altmodischen Abreißkalender gewünscht habe mit 31 Blättern, jeden Tag eins zum
abreißen. Allein zehn Tage Eiseskälte mit scharfem Ostwind, der jeden Minusgrad
glatt verdoppelte. Das wurde dem Auto zu viel. Es hat mir was gehustet. Der Motor
ist nicht mehr angesprungen. Jetzt steht es da wie ein Häufchen Elend. Auf
seine alten Tage hat sich der verkorkste Monat noch eine Menge Schnee besorgt,
der eigentlich für Weihnachten gedacht war. Heute, an seinem vorletzten Tag,
hat er noch mal versucht, gut Wetter zu machen: Sonnenschein vom Morgen bis zum
Abend. Ein bisschen spät, alter Freund, nicht wahr? Hätte dir früher einfallen
sollen. Morgen jagen wir dich vom Hof. Was es da zu lachen gibt? Ach so, du
gehst sowieso? Dann bleib bloß, wo der Pfeffer wächst. Wir brauchen dich nicht
mehr. Freuen wir uns auf den April. Bei dem wissen wir, woran wir sind. Ein
ehrlicher Monat. Er macht, was er will und fängt gut an: Am 1. April ist
Ostersonntag. Noch besser geht’s nicht