Freitag, Juni 26, 2015

Wer den Pfennig nicht ehrt...

… ist den Taler nicht wert. In Cent und EURO umgerechnet, klingt das nicht mehr so gut, gilt aber immer noch. Den beklagenswerten Beweis liefert der Plan, die Bahnverbindung vom Hamburger Hauptbahnhof nach Kaltenkirchen mit der S-Bahnlinie 21 zu elektrifizieren.

Bisher geht das so: Die AKN fährt mit ihren Diesel/Elektrozügen von Kaltenkirchen bis Hamburg-Eidelstedt. Dort muss man umsteigen in die S-Bahn. Das ist natürlich umständlich. (Nur in Ausnahmefällen darf die AKN bis zum Hamburger Hauptbahnhof durchfahren.)

So sieht es auf den ersten Blick aus, als wäre die Umstellung auf eine elektrische S-Bahn sinnvoll, ein großer Fortschritt sozusagen. Aber schon der zweite Blick zeigt, dass dieser Plan weder sinnvoll ist noch mit Fortschritt bezeichnet werden kann.

Die Vorteile, die ins Feld geführt werden: Die Fahrzeit von Kaltenkirchen zum Hauptbahnhof würde um 5 Minuten von 46 auf 41 Minuten sinken. Und die Unbeqemlichkeit, in Eidelstedt umsteigen zu müssen, entfiele.

Allerdings fragt man sich, ob dieser Gewinn an Zeit und Bequemlichkeit wirklich 83 Millionen EURO wert ist. Das darf bezweifelt werden. 45 Millionen EURO entfallen allein auf die Einrichtung der Stromversorgung an den Gleisen, 38 Millionen EURO auf den übrigen Ausbau

Frage: Muss die Strecke elektrifiert werden, oder geht es auch wie bisher?  Antwort: Es ginge wie bisher und die 45 Millionen EURO für die Elektifizierung müssten nicht ausgegeben werden. Es würde genügen, die AKN-Züge immer, und nicht nur in Ausnahmefällen, in das vorhandene S- und Fernbahnetz einzubeziehen, einzufädeln. Eine wahnsinnige Idee? Eine wahnsinnig gute Idee. Der Wahnsinn steckt ganz woanders. Und den sehen wir uns mal etwas genauer an.

Die Kosten/Nutzenberechnungen lassen vermuten, dass sich die aufzuwendenden 83 Millionen EURO nicht rechnen. Rechnen sie sich nicht, gibt der Bund keinen Zuschuss. Hamburg und Schleswig-Holstein müssten das Geld ohne den Bund aufbringen. Das wollen sie nicht.

Ein klarer Fall? Nein, alles andere als das. 38 Millionen EURO für 5 Minuten Zeitgewinn und etwas mehr Bequemlichkeit sind, zwar auch viel Geld, aber vielleicht doch sinnvoll investiert, um mehr Menschen für die Bahn zu gewinnen und sie von der Straße zu holen. Diesen Betrag könnten Hamburg und Schleswig-Holstein gewiss ohne Schwierigkeiten aufbringen.

Damit kommen wir zu einem weit verbreiteten verhängnisvollen Selbstbetrug. Zuschüsse – woher auch immer sie kommen – vom Bund, vom Land, vom Kreis, von den Kommunen – Zuschüsse fallen nicht vom Himmel. Sie sind das Geld, das uns die Steuer abgeknöpft hat, unser Geld. Wann endlich wird damit sorgsam haushälterisch umgegangen? (Hamburger Abendblatt: „Kaltenkirchen auf dem Abstellgleis“ 06. 15)