Freitag, November 02, 2018
Vabanquespielen kann alles
gewinnen und alles verlieren. Es empfiehlt sich deshalb, gründlich zu
überlegen, ob man wirklich alles aufs Spiel setzen will. Im Zweifelsfall nein, und
Zweifel sind immer angesagt. Hitler und seine Deutschen, wozu nicht alle
Deutschen gehörten, spielten Vabanque. Sie träumten nicht nur vom Germanischen
Großreich, sie begingen auch jedes denkbare Ver-brechen dafür. Das Ergebnis,
nüchtern und rücksichtlos notiert: Memelland, Ost-preußen, Westpreußen, Pommern
und Schlesien sind ein für alle Mal verspielt. Niemand wird sie Deutschland
zurückbringen, und wir sollten nicht versuchen, mutwillig Verspieltes
zurückzuholen.
Mittwoch, Oktober 17, 2018
Der Elefant und die Maus
Jeder kennt die Geschichte. Und
wenn sie zehnmal gelogen ist, sie ist doch wahr. Einer der vielen Elefanten
heißt Politik. Er ist besonders schreckhaft. Die Maus, das sind wir, die
Bürger.
Herbert Kickl, Österreichs
Innenminister, wendet sich mit der „Anregung“ an die Polizei, missliebige
Journalisten nur noch unvollständig zu informieren. Behauptet wird vom
Innenministerium, dass gewisse Medien „eine sehr einseitige und negative
Berichterstattung über das BMI beziehungsweise die Polizei betrieben.“ Alles
widerspricht der Pressefreiheit, ganz besonders die Vorschläge, die Herr Kickl
macht, um Informationen zu unterdrücken.
Warum hat der Elefant Kickl eine
solche Angst vor der Maus? Wenn er seinen Rüssel nicht in alle Sachen steckt,
die ihn nichts angehen, hat er doch nichts zu befürchten.
Bitte jetzt nicht sagen: Keine
Angst, ist ja nicht bei uns, ist ja in Österreich. Wir hatten schon mal einen
Import, der uns um Kopf und Kragen gebracht hat. Der Mann hieß Hitler.
Kürzeres Aufmerksamkeitsfenster
Kürzeres
Aufmerksamkeitsfenster.
Das haben junge Menschen heutzutage, wie zu lesen ist. Jeder weiß, dass es
unterschiedliche Fenster gibt; kleine, große usw. usw. – aber
Aufmerksamkeitsfenster?
Gemeint
ist, dass junge Menschen Schwierigkeiten haben, sich zu konzentrieren. Das gilt
auch für ältere Menschen. Auch ihnen fällt es nicht leicht, jeden Augen-blick
bei der Sache zu sein.
Vielleicht
liegt es am Fenster? Dann sollte es mal geputzt werden. Dann sieht man klarer.
Und wenn das nicht hilft? Einfach mal genauer hinsehen, sich nicht ablenken
lassen, aufmerksam sein. Das Aufmerksamkeitsfenster einfach ab-schaffen.
Ich
komme immer wieder zurück auf den Ratschlag, den Oriana Fallacis Mutter, eine einfache Frau, ihrer Tochter gab: Sag es so einfach, dass
deine Mutter es versteht.
Seefahrt tut not
Man
muss kein Kapitänspatent haben, um den Unterschied zwischen Anker und Kompass
und ihre unterschiedlichen Aufgaben zu begreifen. Schon das bisschen Grips,
über den auch wasserscheue Landratten verfügen, sollte genügen. Politiker
scheinen da Schwierigkeiten zu haben. Jedenfalls trifft das auf Herrn Söder zu,
der meint: „Da muss es einen Anker geben, der Richtung und Kompass ist. Das
muss der Ministerpräsident sein.“ (In diesem Fall Herr Söder selbst.)
Ich
warne davor, mit Herrn Söder als Kapitän in See zu stechen. Das kann nur in einer Havarie mit
Totalverlust enden. Wer die Funktionen von Anker und Kompass nicht kennt, sollte
an Land bleiben.
Bevor
Sie an Bord gehen, sollten Sie fragen, wer der Kapitän ist. Söder? Dann bleiben
sie am besten auf dem Trockenen sitzen.
Dienstag, Oktober 16, 2018
GROKO
Bei der Landtagswahl in Bayern haben CSU und SPD ordentlich was
auf die Mütze bekommen. Schon wird das Thema Große Koalition wieder aufgekocht.
Ich verstehe da nicht. An diesem Thema wird immer und hartnäckig vorbei
geredet.
Eine
Große Koalition ist nach meiner Auffassung nur berechtigt, wenn Gefahr für die
Republik droht, wenn alle Kräfte
gebraucht werden, um die Gefahr
abzuwenden. Bisher wurden bei uns Große
Koalitionen nur aus Bequemlichkeit geschlossen, aus Feigheit, aus Angst, einmal
seine Position in einer Minderheitsregierung auszuprobieren. Das Ergebnis ist
eine politische Schlafmützigkeit, die uns zu allem Überfluss auch noch so
etwas Fragwürdiges wie die AfD beschert.
Montag, Oktober 08, 2018
Schwarzsehen
Musst du immer nur schwarzsehen?
Willst nicht mal was Buntes versuchen?
Musst du immer auf
leisen Sohlen gehen?
Tritt mal kräftig auf, damit es jeder hört.
Macht nichts, wenn es den einen oder anderen stört.
Warum eigentlich nicht? Nur nicht genieren,
einfach ausprobieren!
Sei doch nicht feige. Zeige Mut. Nur eins ist
wichtig: erst denken, dann sprechen. Dann
wird alles gut.
Montag, Oktober 01, 2018
Schluss mit dem Schlussstrich!
Im Leitartikel „Steinmeiers große
Rede“ zitiert das Hamburger Abendblatt eine Aussage des Bundespräsidenten, die
ganz besonders zum Nachdenken und Handeln aufruft: „Die Verantwortung vor
unserer Geschichte kennt keine Schlussstriche.“
Alexander Gauland hatte Anfang
September in einer Rede dazu aufgerufen, einen Schlussstrich unter Deutschlands
Nazivergangenheit zu ziehen. Es ist naheliegend, dass Herr Steinmeier auch ihn
gemeint hat – aber eben nicht nur ihn. Das zu denken, wäre zu kurz gedacht. Der
Bundespräsident sprach von Schlussstrichen, er sprach nicht von einem
besonderen, auch wenn der mit gemeint war.
Es fällt nicht immer leicht, der
Wahrheit, zu der auch Unrecht gehört, ins Auge zu blicken. Deshalb ist die
Versuchung so groß, einen Schlussstrich zu ziehen. Nur: Damit ist die Sache
nicht aus der Welt. Sie lebt im Dunkel des Vergessens weiter, und wenn sie dann
ans Tageslicht kommt, wird alles noch schlimmer als es war.
Ein Beispiel, das Widerspruch
hervorrufen wird und trotzdem seine Berechtigung hat: die Entscheidung, den 3.
Oktober zum Tag der Deutschen Einheit zu erklä-ren. Einzig und allein eine
Politikerentscheidung, keine der Bürger.
Ein Schlussstrich unter einen
Staat, der seine Berechtigung verwirkt hatte. Ein Schlussstrich aber auch, der vergessen
machte – machen sollte? – dass es Leipziger Bürger waren, die 1989 Montag für
Montag auf die Straße gingen, am 9. Oktober zu 70.000-Tausenden, und so den
Fall der Mauer am 9. November ermöglichten. Die Bürger machten Politik,
friedlich und erfolgreich. Der 9. Oktober oder der 9. November, jeder dieser
beiden Tage wäre der Nationalfeiertag gewesen, den die Bürger gern gefeiert
hätten, statt ihn als nur als einen freien Tag zu sehen. Das kommt beim
Schlussstricheziehen raus. Sie schaffen das, was wir heute Fake News nennen.
Und oft ahnen wir nicht einmal, was uns verloren geht.
Weiß heute noch jemand, dass
Deutschland das einzige Land ist, das drei Natio-nalhymnen hat? Wahrscheinlich
nicht. Irgendein Schlussstrich hat das vermasselt.
Da haben wir einmal die von
August Heinrich von Fallersleben geschriebene „Deutschland, Deutschland über
alles…“. Das ist die heute gültige. Es gilt aber nur der dritte Vers,
verständlicherweise. Allein das mit „Von der Maas bis an die Memel…“ stimmt ja
nicht mehr. Und wer weiß schon, dass es von Fallersleben darum ging, dass aus
dem Flickenteppich von Kleinstkönigreichen, Herzogtümern und Grafschaften
endlich ein Deutschland, das über all dem entstehen sollte.
Dann die zweite, die der DDR,
geschrieben von Johannes R. Becher: „Auferstanden aus Ruinen und der Zukunft
zugewandt, lasst uns die zum Guten dienen, Deutschland, einig Vaterland…“ Mit
jeder Zeile, die Becher geschrieben hat, könnte das heute noch unsere
Nationalhymne sein – wäre da nicht dieser Schlussstrich unter die DDR. So gut
wie nichts wurde gründlich aufgearbeitet, auch dies nicht: Seit Herr Honecker
auf die Zeile „Deutschland, einig Vaterland“ aufmerksam gemacht wurde, durfte
die DDR-Hymne nur noch ohne Text gesendet werden.
Drittens und ganz besonders
berührend: Die deutsche Kinder-Nationalhymne von Bertolt Brecht: „Anmut sparet
nicht noch Mühe… Und nicht über und nicht unter andern Völkern woll’n wir sein…
und das Liebste mag’s uns scheinen so wie andern Völkern ihrs.“
Vergessen wir nicht, dass wir mit
einem Schlussstrich nicht nur Fehler und Unangenehmes ins Vergessen schicken,
sondern auch alles Gute.
05. 10. 2017
Was nehmen Sie sich eigentlich heraus?"
Wut? Verzweiflung,
Hoffnungslosigkeit…?
Was, meine Damen und Herren
Politiker, nehmen Sie sich eigentlich heraus? Was bilden Sie sich ein? Wie
kommen Sie dazu, uns vorzuschreiben, was wir zu denken und zu tun haben?
Wir haben Sie gewählt, damit Sie
unsere Wünsche in die Tat umsetzen. Natürlich nicht alle Wünsche. Wir sind
Demokraten: Wir haben uns darauf verständigt, dass die Mehrheit entscheidet.
Das ist nicht immer vernünftig, aber fair.
Sie kümmert das nicht. Sie tun
so, als gäbe es uns nicht. Sie entscheiden über unsere Köpfe hinweg. Sie
machen, was wir nicht wollen. Sie machen Kriege. Wir, die meisten Menschen,
wollen Frieden.
Und wenn religiöse Fanatiker
aufeinander losgehen? Wenn Menschen Grenzen ziehen, die jeder Vernunft
widersprechen – warum unternehmen Sie nicht alles, um das zu verhindern? Das wäre eine Ihrer
wichtigsten Aufgaben: Frieden zu schaffen.
Warum nehmen Sie die Gegensätze
von Arm und Reich widerspruchslos hin? Warum empören Sie sich über die Sklavenhaltung in der
Vergangenheit und sind doch dafür – nur unter dem Etikett „Globalisierung“?
Warum lügen Sie etwas weg, das
sich durch Lügen nicht aus der Welt schaffen lässt? Der Klimawandel, zugegeben:
von uns allen verursacht, ist eine chinesische Erfindung zu Nachteil der
USA? - so Donald Trump.
Sie setzen sich für die
Ausplünderung unserer Erde ein, heizen uns ein mit allem, was Kohle, Öl und Gas
zu bieten haben. Warum? Haben wir Ihnen dafür einen Auftrag gegeben?
Im Kleinen wie im Großen. Sie
predigen das Neue Testament und wollen vom Samariter nichts wissen, nichts von
dem Martin, der seinen Mantel mit dem Schutzlosen teilte? Ist es das, womit wir
Sie beauftragt haben?
Vom Kleinen zum ganz Kleinen, zum
Kleinlichsten: Zwei sich ziemlich spinne-feindlichen deutschen Schwesterparteien
verbringen einen ganzen Tag, um eine Obergrenze nicht Obergrenze zu nennen. Die
beiden bösen Schwestern wollten nicht das Gesicht verlieren. Jetzt ist es
futsch.
Liebe Politikerinnen und
Politiker, was bilden Sie sich eigentlich ein? Wer soll Ihnen noch vertrauen?
Montag, September 24, 2018
Das Gute und das Schlechte
„Es
regnet und die Sonne scheint. Die Welt ist außer Rand und Band. Es kommt das
Gute und das Schlechte, ganz wie es mechte. Das ist nicht neu. Das war schon
immer so. Drum sei nicht traurig, bleibe froh.“
24. September 2018
Montag, September 10, 2018
Dumm, dümmer, Diktatur
1979 sind DDR-Bürger mit einem
Heißluftballon in die Bundesrepublik gefahren (Ballonfahrer fliegen nicht, sie
fahren!) Sie starteten in Pößnitz. Daraufhin hat die DDR-Regierung das Spielen
und Hören des Schlagers „Kauf dir einen bunten Luftballon“ in Pößnitz verboten.
Ich
finde das ziemlich dumm. Ich hätte dagegen gehalten mit „Das gibt’s nur einmal,
das kommt nicht wieder.“ Aber sowas bringt eine Diktatur nicht fertig. Humor
und Witz sind in Diktaturen Mangelware. Auch das macht sie so uner-träglich und
unerträglich traurig.
Ich
würde als Diktator die besten Köpfe damit beauftragen, Witze über mich
auszudenken. Das wäre erstens wirklich lustig und würde zweitens nach Groß-zügigkeit aussehen, die natürlich nur
vorgetäuscht ist.
Weichgespült
Die Schönfärberei ist nicht
auszurotten. Und sie hat ja auch ihre Berechtigung; denn sie macht das
Zusammenleben erträglicher, manchmal sogar erst möglich. Gerade deshalb sollten
wir uns vor Übertreibungen hüten. Das ist das eine. Das andere: Bisher hatte
ich vermutet, dass der Hang zur Schönfärberei etwas typisch Deutsches sei.
Jetzt lese ich bei George Carlin (about
Soft Langu-age) dass es im Amerikanischen nicht besser aussieht.
„I don’t like words that hide the truth. I don’t like
words that conceal reality”, schreibt er und fährt fort: “I don’t like
Euphemisms, or euphemistic language. And
American English is loaded with euphemisms.”
Amerikanern
fällt es schwer, mit der Wirklichkeit zurechtzukommen (uns auch). Deshalb
versuchen sie, sich durch eine weichgespülte
Sprache vor dieser Wirk-lichkeit zu
schützen (wir auch). So haben sie das Schreckliche eines „shell shocks“
umbenannt in „battle fatigue“. Geändert hat sich dadurch nichts. Das Entsetzen
bleibt, ein Schock bleibt, was er ist: ein Schock. Aus „battle fatigue“ wurde „operational
exhaustion“. Geändert hatte sich nichts. Daraus wurde dann „post-traumatic
stress disorder“. Das war schon doppelt so lang wie die ur-sprüngliche Bezeichnung.
George
Carlin geniert sich nicht, mal so richtig in die (Sprach)scheiße zu greifen und
regt sich darüber auf, dass Toilettenpapier auf einmal Badezimmer-Tissues
heißen soll. Ich will das mal so sagen: Scheiß drauf !“
Die armen Reichen
Kurz
notiert, was seit Tagen auf meinem Schreibtisch wartet. Es geht um Postboten
und Lieferdienste. Da schreibt DIE ZEIT
am 23. August zum Thema „Drohnen statt Postboten“. Auch wenn man vier Treppen
hochlaufen muss, um eine Sendung abzugeben, gibt es selten mehr als „hallo, danke,
tschüss“.
Der
Postbote Brandl hat München gedanklich
in Trinkgeldzonen verwandelt: Rot sind Grünwald oder Bogenhausen, die Viertel
des Besserverdienenden. „Dort gibt es kaum etwas“ sagt er. Grün hingegen sind
die Arbeiterviertel Giesing und
Hasenbergl. „Da kommen in zwei Stunden schon mal sechs, sieben Euro
zusammen.“ – Es liegt mir auf der Zunge zu sagen: typisch. Also sage ich es.
Der Reiche trennt sich schwer vom Geld. Er überschätzt den Wert des Geldes. So
arm kann reich sein.