Dienstag, Juni 13, 2017

Der "Heiland"

So hat DIE ZEIT Emmanuel Macron kürzlich auf Ihrer Titelseite vorgestellt. Übertrieben. Geschmacklos. Aber unsere Politiker und Medien himmeln ihn an. Der Mann verdient jeden Respekt. Ein Ritter ohne Fehl und Tadel. Er ist im Begriff, Frankreich auseinanderzunehmen und wieder zusammenzusetzen. Was er bisher erreicht hat, dürfte er vor allem seiner Tüchtigkeit verdanken. Aber jetzt braucht er auch Glück. Das sollte ihm gewünscht werden – in der Hoffnung, dass alles, was ihm vorschwebt, gut für seine Landsleute, unsere Nachbarn und ihr Wohlergehen gut ist. So viel zu Emmanuel Macron, zu Frankreich. Nun zu uns. Wir überschlagen uns in unserer Begeisterung für ihn. Genau besehen, ist das ziemlich peinlich.

Stellen wir uns nur für einen Augenblick vor, ein deutscher Macron würde unsere konservative Union beiseite schieben, würde SPD und andere Linke wie auch Grüne ins Abseits schicken – von der Begeisterung würde nichts übrig bleiben als ein Häufchen Asche.

Ein deutscher Macron ist weit und breit nicht in Sicht. Bei unserer Gefühlsduseligkeit ein Glück. Bei uns könnte der Weg vom Verführer zum Führer noch kürzer sein als in Frankreich. (Pardon: Dieser Weg wird Ms. Macron hier nicht unterstellt.)

Aber es ist höchste Zeit, dass wir uns zusammennehmen. Wir sollten sofort aufhören, hochnäsig auf Frankreich runterzublicken. Wir sind nicht gut genug, um uns das zu leisten. Wären wir es, dann wäre es ein Gebot der Höflichkeit, das nicht auszusprechen. Alle Omas würden sagen: „Das gehört sich nicht.“


Und dann: Wenn ein Parteiensystem unbeweglich ist, wohlgefällig in sich ruht, dann ist es unseres. Reißt doch endlich mal die Fenster auf! Macht Durchzug! Wenn da ein paar Papierchen auf Nimmerwiedersehen davon fliegen, was solls. Schreibt neue, bessere.