Freitag, Juni 09, 2017
Am 8. Mai 1949 legte ein seit
Herbst des Vorjahres arbeitender Parlamen-tarischer Rat den Entwurf eines
Grundgesetzes vor. Der Text wurde mit einigen Änderungen am 12. Mai 1949 von
den drei westlichen Besatzungsmächten genehmigt, am 23. Mai veröffentlicht und
damit in Kraft gesetzt.
Dieses Grundgesetz, das heute
noch gilt – wenn auch mit vielen Anpassungen – war als Vorstufe einer
Verfassung gedacht. Die war für die Wiedervereinigung Deutschlands geplant,
endlich 1990 erreicht. Aber die Energie der Politik reichte nicht aus für die
Ausarbeitung der seit 1949 angestrebten Verfassung. Man einigte sich auf die
bequeme Lösung: Die DDR tritt der Bundesrepublik Deutschland bei. In dieser
Hinsicht lebt unsere Republik immer noch ver-fassungslos.
Nun endlich Bühne frei für den
langen Weg der Frauen, der nicht erst 1949 begann. Aber dieses Jahr war eine
wichtige Station auf diesem Weg.
1949 lebten in der werdenden
Bundesrepublik ungefähr genauso viele
Frauen wie Männer. Von den 65 Mitgliedern des Parlamentarischen Rats waren aber
sage und schreibe nur 4 Mitglieder Frauen:
Helene Wessel, (Zentrumsdelegierte
von NRW), Helene Weber (CDU-Dele-gierte NRW), Friederike Nadig (SPD-Delegierte
NRW) und Elisabeth Selbert (SPD-Delegierte Niedersachsen).
Vier Frauen zwischen 61 Männern,
genauer gesagt: vier Frauen unter 61 Männnern. Das hat die Damen aber nicht
eingeschüchtert. Im Gegenteil. Sie haben den Herren den wichtigen 2. Absatz des
Artikels 3) ins Stammbuch geschrieben:
„Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat
fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung
bestehender Nachteile hin.“
Mit der Mitwirkung des Staates war es dann nicht so
toll. Bis 1962 durften Frauen kein Bankkonto ohne Zustimmung ihres Mannes
einrichten. Bis 1977 brauchte jede Frau die Genehmigung ihres Mannes, wenn sie
eine Arbeit annehmen wollte. Bis 1993 dauerte es, bis eine Frau in Deutschland
Ministerpräsidentin werden konnte – Heide Simonis.
Nur 9 Prozent der Abgeordneten des ersten Bundestags
(1949 – 1953) waren Frauen. Im 13. Bundestag (2009 – 2013), also 60 Jahre
später, waren es immerhin 33,4 Prozent – immer noch weit entfernt von Anteil
der Frauen an der Gesamtbevölkerung.
Natürlich hat jeder das Recht enttäuscht zu sein, dass
alles so unerträglich langsam geht. Aber wo wären wir, wenn nicht diese
standhaften vier Frauen vor 68 Jahren diesen einen Satz durchgesetzt hätten:
„Männer und Frauen sind gleichberechtigt.“
Fußnote: Die Ausstellung
„Mütter des Grundgesetzes“ ist bis zum 20. Juni im Foyer der Sparkasse
Südholstein in der Pinneberger Rathauspassage zu sehen. In einem
Zeitungsbericht hat die Journalistin Felicitas Mertin darauf hingewiesen.
Dass sie das Grundgesetz nicht korrekt zitiert, soll
ihr nicht vorgeworfen werden. Dazu ist sie wohl zu jung. Dort heißt es: „Männer
und Frauen sind gleichberechtigt“ und nicht „Frauen und Männer sind
gleichberechtigt“. Diese Reihenfolge konnten die „Mütter des Grundgesetzes“
1949 noch nicht durchsetzen. Wahrscheinlich war ihnen das auch nicht wichtig.
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