Donnerstag, Mai 25, 2017

Es fehlen die richtigen Worte

In Manchester hat sich ein Terrorist bei einem Auftritt von Teenie-Star Ariana in die Luft gesprengt, hat 22 Menschen ermordet und dreimal so viele verwundet. Unter den Toten ein achtjähriges Mädchen, das sich so sehr auf ihr Idol gefreut hatte. Tot, ermordet, umgebracht.

Trauer geht um die Welt und wird in Worte gefasst wie diese: „All unsere Gedanken sind bei den Opfern und den Familien von allen, die betroffen sind.“ (Theresa May, Premier-Ministerin). „Meine Gedanken sind sind bei den Betroffenen und unseren großartigen Rettungsdiensten.“ (Jeremy Corbyn, Chef der Labour-Partei). „In Gedanken bei den Toten, dem Leid der Verletzten und denen, die ihre Liebsten noch suchen.“ (Steffen Seibert, Sprecher der Bundesregierung). „Bitte nehmt die Opfer und ihre Familien in eure Gedanken auf.“ (Justin Trudeau, Kanadas Premierminister). „Meine Gedanken sind bei den Opfern und ihren Familien.“ (Anne Hidalgo, Bürgermeisterin von Paris).

Wie sich die Worte gleichen. Vorgestanzt, schablonenhaft. Schon unzählige Male so oder ähnlich gehört. Alles nur Heuchelei? Das zu denken und zu sagen, wäre nicht nur ungehörig, sondern ungerecht. Und doch stellt sich ein Unbehagen ein, das sich nicht wegdenken lässt. Sind es die abgenutzten Sätze, an denen das liegt? Sicherlich auch. Aber möglicherweise sitzt der wahre Grund tiefer. Vielleicht ist es das Gefühl, das Politiker und Bürger unausgesprochen gemeinsam empfinden: Mitgefühl und Trauer sind zu einem Ritual erstarrt, zu einem Ritual aus dem aus keinen Ausweg gibt. Es ist wie mit den Kranzniederlegungen, dem Zupfen an den Schleifen, dem Händefalten, dem gesenkten Kopf und dem leeren Blick in die Ferne, die spürbare Erleichterung, wenn alles getan ist.


Alles eine Formsache? In gewisser Weise ja. Aber ohne die Form zu wahren, kommen wir nicht durchs Leben, im öffentlichen so wenig wie im privaten. Es gibt eben Situationen, da verbietet sich die Sprachlosigkeit, so angemessen sie im Grunde wäre.