Samstag, Juni 10, 2017

"Parlez-vous global?"

Das fragte DIE WELT in ihrer Ausgabe vom 3. Juni 2017  und berichtete kurz über eine Rede des neuen französischen Präsidenten Emmanuel Macron. Der Inhalt der Rede war bemerkenswert. Es ging um den von Donald Trump verkündeten Ausstieg aus dem Pariser Umweltschutzprogramm. Macrons Antwort: „Ich rufe Sie auf: Kommen Sie her und arbeiten Sie hier mit uns.“ Damit bot Macron den Wissenschaftlern, Ingenieuren und Entrepreneuren in den USA eine zweite Heimat in Frankreich, in Europa, an.

Mindestens so bemerkenswert wie dieses Angebot: Macron ist der erste französische Präsident, der seine Rede nicht nur in Französisch hielt, sondern auch in Englisch. Der Erfolg ließ nicht auf sich warten. „Die großen englischsprachigen Medien verbreiteten die Rede eifrig, hunderttausendfach wurde sie im anglofonen Internet geteilt. Der Coup war gelungen. So viel Sendezeit hatte ein französischer Präsident auf US-Bildschirmen wahrscheinlich noch nie.“ (DIE WELT)

War das nun ein Coup, wie DIE WELT schreibt? Oder war es mehr? Haben wir es hier mit einem Populisten zu tun, einem Verführer, möglicherweise einem „Führer“? Eine verrückte Frage*, gewiss. Aber auch verrückte Fragen dürfen gestellt werden.

Eines sicher: Hier hat einer seine politischen Vorstellungen, seine Ziele, mit viel Intelligenz, mit Geduld und gründlicher Vorbereitung bis in die kleinste Kleinigkeit verwirklicht und hat damit die politische, die parteipolitische Landschaft Frankreichs gründlich verändert. Links wie Rechts stehen hilf- und möglicherweise auch machtlos da. Im Augenblick sieht es so aus, als würde „Republic en marche“ aus dem Nichts heraus bei den Wahlen in den nächsten Tagen die stärkste Partei.

Auch in den USA ist einiges in Bewegung geraten – Bernie Sanders, und in England – Jeremy Corby. Hier zeigt sich neues Leben. Nur bei uns nicht.

*So verrückt scheint die Frage gar nicht zu sein. Schreibt doch Julia Amalia Heyer im SPIEGEL 24 vom 10. Juni in ihrem Beitrag „Verzaubert und verführt“: „Denn gegen eine gewisse Hybris ist auch Emmanuel Macron nicht gefeit.“

Aber wir wollen den Teufel nicht an die Wand malen..