Samstag, Oktober 15, 2016

Von Forschung und Lehre

In letzter Zeit wird viel über Biodiversität gesprochen und geschrieben. An diesem Begriff herumzumäkeln, wäre kleinlich. Zumindest ahnt jeder, was gemeint ist: biologische Vielfalt. Die ist in Gefahr, und wir sollten das nicht auf die leichte Schulter nehmen.

Nicht in Gefahr ist offensichtlich die Arbeitsdiversität, sprich: die Vielfalt der Berufe. Sie breitet sich aus wie Unkraut und ist schon heute kaum überschaubar. Das liegt daran, dass wir inzwischen in einer Wissensgesellschaft, in einer Informationsgesellschaft (das wäre der genauere Begriff), in einer Dienstleistungsgesellschaft leben.

Täglich werden uns Dienste angeboten, die es vor kurzem noch gar nicht gab, von denen wir auf jeden Fall nichts wussten und die wir – bei Licht besehen – in vielen, wenn nicht sogar in den meisten Fällen, gar nicht brauchen. Auf jeden Fall entstehen dadurch immer neue Berufe, deren Zahl kaum noch zu überblicken ist.

Eine ganz besondere Rolle spielt dabei die Universitätsindustrie. Jede Stadt, die auf sich hält, hat inzwischen eine Universität. Es müssen hunderte sein. Deshalb darf von Industrie (oder wäre Inflation der genauere Begriff?) gesprochen werden.

Die merkwürdigsten Dinge werden dort erforscht und gelehrt – Forschung und Lehre sind ja das, wodurch sich Universitäten auszeichnen, was sie überhaupt erst zu Universitäten macht.

Ist es nicht verblüffend, wenn der Sozialpsychologe Prof. Rolf Pohl als Männlichkeitsforscher auftritt, wenigstens aber so bezeichnet wird? Männlichkeit als Universitätsdisziplin? In einem Gespräch mit dem Deutschlandfunk am 15. Oktober wusste er aber auch nicht so recht bescheid. Wie auch? – wenn aus jedem Kinkerlitzchen eine Professur gemacht wird.

Diese Kunst, aus nichts etwas zu machen, ist weit verbreitet und tobt sich in professoralen Begriffen aus. Anders lässt sich „werteorientierte Interkulturalität“ nicht bezeichnen. „Interkulturalität“!

Wenn es eine Sprachsondermüllabfuhr gäbe, müsste sie sofort angerufen werden. Bitte, entsorgen! Schließlich leben wir in einer Dienstleistungsgesellschaft. Diese Sondermülldienstleistung sollten wir viel öfter in Anspruch nehmen.