Dienstag, Oktober 11, 2016

Von der Infamie zur Peinlichkeit

Kriegsverbrecherprozess 1945/46 in Nürnberg. Hermann Göring auf die Frage, ob er denn von den Verbrechen nichts gewusst habe: „Wenn man oben ist, erfährt man besonders wenig.“ Das war eine infame Lüge. Göring wusste alles, billigte alles, war an allem beteiligt.

Zugegeben: Das ist eine brutale Zusammenfassung. Sie wird aber nicht infrage gestellt durch Görings „Wer Jude ist, bestimme ich.“ Dieser Satz, der im Nürnberger Prozess nicht zur Sprache kam, macht ihn nicht menschlicher. Er ist in dieser Betrachtung auch nicht so wichtig wie „Wenn man oben ist, erfährt man besonders wenig.“ Diese Aussage ist – wie sagt man? – hochaktuell. Sie führt auf direktem Weg vom Reichsmarschall zu  - beispielsweise – Martin Winterkorn, bis vor kurzem Vorstandsvorsitzender des Volkswagenkonzerns.

Herr Winterkorn, in keiner Weise mit Göring zu vergleichen, was hier auch nicht geschieht, hat von den Abgasmanipulationen in seinem Konzern nichts gewusst? Ach so. Er war zu weit oben. „Da erfährt man besonders wenig“. Den Göring hat Herr Winterborn aber sorgfältig gelesen, mindestens diesen Satz.

Was bei Göring infam war, ist bei Herrn Winterkorn nur peinlich. Entweder verschanzt sich Herr Winterkorn hinter einer himmelschreienden Unwissenheit – ein Armutszeugnis sondergleichen, unfähig, einen Konzern wie VW zu leiten – oder …? Was soll man da sagen? Er entstellt die Wahrheit bis zur Unkenntlichkeit.

Vermutlich ist davon auszugehen, dass Herr Winterkorn mit seinem Verhalten nicht allein ist, was ihn nicht entlastet, sondern die Sache nur noch schlimmer macht.

Zum Schluss bleibt die Vermutung: Die da unten wissen alles. Die da oben wollen nichts wissen. Welche Überraschung!