Freitag, Oktober 28, 2016

Nachhilfestunde

Vermutlich bin ich nicht allein mit meinem Eindruck, dass in letzter Zeit immer mehr Journalisten immer häufiger versuchen, mit ihrem hohen Bildungsgrad zu prahlen. Das liegt weniger an dem, was sie schreiben, sondern mehr daran, wie sie schreiben. Die Sucht, sich durch den Gebrauch außergewöhnlicher Fremd-wörter auszuzeichnen, scheint unwiderstehlich zu sein.

Ein Beispiel, das für viele andere steht: „In seinem zweifellos drogeninduzierten, delirant-spiritistischen Finale gibt ‚Opfergang‘ preis, worin Harlans affiziertes Begehrenskino später reinkarnieren sollte…“ (Andreas Busche, der Freitag, 6. Oktober 2016).

Nicht nur bildungsferne Leser – ja, auch die können lesen – werden so gut wie nichts verstehen. Wie bildungsnah muss man sein, um annähernd zu begreifen, was gemeint ist? Ist ein akademischer Grad in Philologie oder Germanistik erforderlich, oder genügen ein paar Semester hier oder da?

Wenn wir dem Autor folgen: Was gibt das Finale von ‚Opfergang‘ wirklich preis? Zunächst einmal scheint es den Einfluss von Drogen nahezulegen. Dann spielen auch Wahnvorstellungen und Übersinnliches eine Rolle. Das führt später zu der Wiedergeburt der Harlan-Auffassung eines Kinos, das bewegt und berührt  bis zur Besessenheit.

„Das Finale von Veit Harlans ‚Opfergang‘ deutet in seiner Mischung von drogenbeeinflussten Wahnvorstellungen und Übersinnlichem das an, was später als Propaganda, als teuflische Verführung erschien – in den Filmen ‚Jud Süß‘ und ‚Kolberg‘.“ Ist es das, was Andreas Busche sagen wollte? Wenn ja, warum hat er es dann nicht gesagt? Und wenn nein? Dann muss der Leser Nachhilfeunterricht nehmen.

Wirklich? Ist es nicht so, dass so mancher Journalist dringend Hilfe braucht, um von seinem hohen Bildungsross herunterzukommen? Einfach mal „Deutsch zu Fuß“, also leicht verständlich. Damit ist keineswegs das „Leichte Deutsch“ gemeint.