Sonntag, Oktober 30, 2016

Lügenpresse

Die Krakeeler kriegen den Hals nicht voll. Wenn ihnen nicht passt, was Presse und Fernsehen bringen, brüllen sie los: „Lügenpresse, Lügenpresse…!“ Das ist, zumindest auf Deutschland bezogen, ziemlicher Quatsch. Noch haben wir die von der AfD angestrebte gleichgeschaltete Presse nicht. (Nicht Gott bewahre uns davor. Das sollten wir selbst tun.)

Aber so ein bisschen Lüge verbreitet sich doch. Genauer gesagt, handelt es sich weniger um Unwahrheiten, sondern um Ungenauigkeiten und ganz besonders um Sensationslust, den Ehrgeiz, als erster das große Ding zu bringen, den Hype, wie das heute genannt wird.

Russia Today meldet, in Garmisch-Partenkirchen hätten die Schwarzen (die CSU ist nicht gemeint) die Macht übernommen.  Das französische Nachrichtenportal „Atlantico“ berichtet ähnlich über das „vermeintliche Regime dunkelhäutiger Flüchtlinge“. Bei der britischen Daily Mail ist von „Straßenkämpfen, Vandalismus und sexuellen Übergriffen“ die Rede. Alles das stimmt nicht. Es nicht übertrieben zu sagen: Das ist gelogen.

Mindestens haben die Redaktionen nicht genau hingesehen. Sie waren oberflächlich, auf die Sensation aus. Sie haben sich unverantwortlich benommen. Ob das bei uns, in Deutschland, auch passiert? Passiert? – Auch so gemacht wird? – um es genau zu sagen.

Den Garmisch-Partenkirchener Bürgen wurde es lästig, dass sich die Flüchtlinge – „genau wie die Touristen  - gerne in großen Gruppen am Richard-Strauß-Platz, im Kurpark und vor manchen Geschäften in der Fußgängerzone“ aufhalten. Überall dort gibt es kostenloses WLan,  was verständlicherweise auch die Flüchtlinge nutzen.

Das Problem sind nicht die Flüchtlinge in der Stadt, sondern ihre Unterbringung in der ehemaligen US-Kaserne „General Abrams“. Dort sind sie ganz auf sich gestellt. Und warum? Weil die Behörden nicht verstehen, wie man solche Schwierigkeiten vermeidet. Sie in den Griff zu bekommen, ist – wie wir sehen – sehr viel schwieriger. (Ehrenamtliche helfen, Behörden sind – oft – hilflos.) (Quelle: „Ein Hilferuf und sein Echo“, SÜDDEUTSCHE ZEITUNG, 20. Oktober 2016)

Zusammengefasst: Von Lügenpresse keine Rede in diesem Fall, von Oberflächlichkeit und Dummheit umso mehr. Grund genug, die Augen weit aufzusperren und die Ohren zu spitzen.