Sonntag, Oktober 30, 2016

Der Leichenwagen

Mal kommt er früher, mal später. Zu den Armen kommt er früher. Fred-Jürgen Beier, Arzt, Soziologe und Leiter des Gesundheitsamts Nürnberg liefert in „der Freitag“ vom 6. Oktober 2016 Beweise:

„Frauen im untersten Fünftel der deutschen Gesellschaft haben eine rund acht Jahre geringere Lebenserwartung als Frauen im obersten Fünftel der Gesellschaft. Bei Männern beträgt der Unterschied sogar mehr als elf Jahre. „Weil du arm bist, musst du früher sterben“ stimmt also.

„Gesündere Lebensweisen und gesündere Lebensverhältnisse hängen in erster Linie von Bildung, sozialem Status und den zur Verfügung stehenden materiellen Ressourcen ab.“ Dabei ist der allgemeine Wohlstand gar nicht so entscheidend. „Ab einem bestimmten Niveau ist es entscheidender, wie groß der Abstand  zwischen Arm und Reich ist. „Solidarität scheint eine wichtige Gesundheitsressource zu sein und die Angst, sich gegen Armut abschotten zu müssen, erzeugt offenbar ungesunden Stress.“ (So der britische Epidemiologe Richard Wilkinson.)

Herr Beier nennt eine Reihe von Möglichkeiten, den Armen zu einem längeren Leben zu verhelfen. Nichts davon ist neu. „Die Politik“ betet es jeden Tag vor sich her. Was sie aber tut, ist nicht einmal halbherzig. So wird Bildung von früh bis spät gepredigt. Getan wird nicht, was auch nur entfernt notwendig wäre.

Hier wäre jetzt die Gelegenheit, ein paar giftige Pfeile gegen die Politiker abzuschießen, zum Beispiel, weil sie als die Privilegierten mit ihrer Aussicht auf ein langes Leben wenig Verständnis für die Armen haben. Nein, das soll hier nicht gesagt werden. Es wäre zu gemein und auch zu allgemein.


29. 10. 2016