Dienstag, September 13, 2016
Unsere etablierten Parteien –
CDU, CSU, SPD. GRÜNE, LINKE, FDP (irgend-jemand vergessen?) bezeichnen die AfD
als rechtspopulistische Partei. Kein Widerspruch, sie ist so. Aber sie ist
nicht die einzige rechtspopulistische. Der kleine, feine Unterschied: Die
andere rechtspopulistische Partei – die CSU – gehört zu den Etablierten.
Die CSU rechtspopulistisch? Auf
jeden Fall, wenn es um die absolute Mehrheit im Freistaat Bayern geht. Da kennt
Horst Seehofer nichts. Da wird jeder Lederhose nach dem Hosenlatz geredet: Mia
san mia. Und das hat Tradition. Was Franz Josef Strauß, Gott habe ihn selig,
sagte, gilt heute noch. Rechts von der CSU ist kein Platz. Rechter als CSU geht
es nicht.
Diese Auffassung hat Folgen.
Nicht die Wirklichkeit zählt, sondern das, was für Wirklichkeit gehalten wird.
Das ist sozusagen der Unterschied zwischen der realen und der virtuellen
Welt: nicht sehen, was ist, sondern
sehen, was man möchte. Selbstbetrug.
Der Erfolg der AfD erklärt sich
nicht aus ihrer nationalistischen Fremden-feindlichkeit. Das sieht nur so aus.
Der AfD-Erfolg beruht auf dem, was die etablierten Parteien nicht gemacht
haben.
Bildung. Gehört zum Wichtigsten, sagen sie alle, hängen das Thema
an die große Glocke. Nur will niemand wirklich bimmeln. Geld für alles
Mögliche, nur nicht für Lehrer. „Zum Schuljahresbeginn fehlen in deutschen
Schulen Tausende Lehrkräfte. Die Behörden locken mit Werbefilmen und Prämien.“
(DER STERN, 8. September 2016).
Sicherheit. Sicherheit ist laut Herrn Seehofer das Wichtigste für
die Demo-kratie. Stimmt nicht. Es ist die Freiheit. Abgesehen davon: Wenn
Sicherheit so wichtig ist, warum dann der Stellenabbau bei der Polizei,
bundesweit, länderweit, seit Jahren. Jetzt sollen tausende Polizisten herangezaubert
werden – von heute auf morgen?
Steuern. Mehr Gerechtigkeit – das wollen alle, sagen sie. Geschafft
hat es keiner. Mittelstandsbauch? Den tragen alle etablierten Parteien seit Jahren
vor sich her. (Gehaltserhöhungen können ärmer machen.)
Subventionen. Ein elektrisierendes Thema. Eine Million Elektroautos
bis 2020 hat sich die Regierung herbei
fantasiert. Weil das nicht klappt, werden jetzt 600 Millionen € zum Fenster
rausgeworfen. Aber auch das klappt offenbar nicht. Wie sollte es auch? Kaum jemand will die
Dinger haben. Viel zu teuer, trotz der 4000 €-Prämie. Statt der
Automobilindustrie Subventionen als Beruhigungsmittel zu verabreichen, wäre es
hilfreicher gewesen, den verdieselten Vorständen der Autokonzerne die Leviten
zu lesen, sie in die Pflicht zu nehmen: Ziele setzen, und zwar verbindlich, die
Wege dahin jedem überlassen.
Missachtung. CETA und TTIP werden hinter dem Rücken der Bürger
verhan-delt. Nicht einmal die Beauftragten der Bürger, die
Bundestagsabgeordneten, haben freien Zugang zu den Daten. Darüber hinaus wird
getrickst, dass sich die Balken biegen. CETA kann auch „vorläufig“ eingeführt
werden – vorbei an allen Parlamenten. Sollten sich dabei „Fehler“
herausstellen, werden die nicht mehr korrigiert werden können.
Zusammengefasst: Das, was die etablierten
Parteien nicht auf die Reihe gebracht
haben, ist das Problem und nicht das Tamtam, das die AfD veranstaltet.
Trotzdem: Betrachten wir den
Erfolg der AfD als Glücksfall. Endlich kommt Leben in die Bude. Endlich reiben
sich die „Etablierten“ den Schlaf aus den Augen. Endlich sehen sie, dass sie
sich die Sache mit der AfD eingebrockt haben.
Hoffentlich sehen sie es wirklich.
Aber es sieht nicht danach aus. Alle
stürzen sich schon jetzt in den Bundestagswahlkampf 2017. Die Fahnen flattern
bereits im Wind. Und so kommt es wahrscheinlich, wie es in solchen Fällen immer
kommt:
„Wenn die Fahne flattert, ist der
Verstand in der Trompete.“
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