Dienstag, September 13, 2016

Unser Deutsch


Erstaunlich, mit welcher Begeisterung sich Unternehmen daran beteiligen, aus zwei Sprachen ein Kuddelmuddel herzustellen, das zum Weinen genauso wie zum Lachen ist.

Beispiel: Die BCG-Anzeige – The Boston Consulting Group – DIE ZEIT, 8. September. Der Text muss notiert werden, er schreit danach.

„Warum Sie als Frau zu BCG passen? – Weil Sie besser im Team arbeiten… – Weil Sie besser  verhandeln… - Weil Sie sich besser in neue Sichtweisen hineinfinden… als andere.“

Wer sind die anderen? Kein Zweifel. Die anderen sind die Männer. Ebenso zweifelsfrei: Dieser dümmliche Text kann nur von einem Mann erdacht und geschrieben sein. Und dann das Gestammel zum Schluss: BUILD. CONNECT. GROW. („BAUEN?/GESTALTEN. VERBINDEN. WACHSEN.“ Ach, ja.)

Aber auch andere entwickeln eine blühende Fantasie, Unsinn zu verbreiten, Allen voran offenbar Politologen. Sie sind gnadenlos, wenn es darum geht, etwas bedeutsam, aber unverständlich auszudrücken. „Sie (die Wähler) erleben eine vielschichtige Transformation ihrer Lebenswelt, sie haben Angst vor einem Identitätsverlust – und zugleich plagen sie existenzielle ökonomische Sorgen.“ So spricht und schreibt der Politologe und Parteienforscher Rudolf Korte von der Universität Duisburg-Essen. Alles verstanden? Nein?

Dann versuchen wir es noch mal, vielleicht so: „In der Welt der Wähler ändert sich viel, und das alles auf einmal. Sie wissen nicht mehr, wo sie hingehören, welche Rolle sie spielen. Und dann wissen sie nicht, wie sie finanziell über die Runden kommen sollen.“

Meine Damen und Herren Politiker, Manager, Berater und Politologen: Bitte lernen Sie endlich einmal das Deutsch – das einfache, das jeder versteht. Das macht allen das Leben leichter, an die Ihr Euch wendet. Ungewohnt und deshalb schwierig? Übung macht den Meister. Fangt einfach mal damit an. Es muss ja nicht gleich „die Leichte Sprache“ sein. Die ist nämlich so schwierig, dass man dafür Übersetzer braucht. Wer sich das wohl ausgedacht hat?

Von hier zur politisierten Sprache. In der ZEIT vom 1. September taucht ein für mich ganz neuer Begriff auf: „rent-a-battlefield“. Simpel übersetzt: Leih dir ein Schlachtfeld, wenn du noch keins hast.

Es geht um die unentwirrbaren Kämpfe in und um Syrien und Umgebung. Wer unterstützt wen? Wer bekämpft wen? Wer wechselt wann die Seiten? Hier kämpfen Marinetten gegen Marionetten. Zwei von denen, die die Fäden in der Hand halten, sind weit weg – Russland und  die USA.  Sie haben sich ein battle- field geliehen und haben es dann weiter verliehen – an die Staaten vor Ort. Ziemlich feige, glücklicherweise. Aber manchmal ist es wohl sehr tapfer, feige zu sein. Sonst würde alles noch viel schlimmer.