Montag, August 15, 2016
-->
Politiker haben ihre Vorlieben,
was die Sprache, die Ausdruckweise angeht. Wenn sie „mit aller Entschiedenheit“
auftreten wollen, dann sagen sie gern, dass sie „mit aller Härte“ vorgehen
werden. Das soll Eindruck machen, klingt aber ziemlich lächerlich. Abgegriffen
ist die Formulierung sowieso. Genauso wie „instrumentalisieren“. Niemand und
nichts soll instrumentalisiert werden. Das Wörtchen ausnutzen ist zu billig?
Wieso eigentlich? So sprechen und schreiben wir doch nicht so in unserem
Alltag. Da sagen wir: „Ich lasse mich doch nicht ausnutzen“. Das kann man auch
so schreiben. Ist aber offensichtlich in Ver-gessenheit geraten. Schade.
Zu den billigen Redewendungen
gehört auch „offen sein“. Hier fehlt die Konsequenz. Wenn man schon für etwas
„offen“ ist, dann sollte man für anderes vielleicht „zu“ sein. Das aber sagt
niemand. Schade – oder glücklicherweise?
So geht das munter weiter im
Politsprech, den die Medien gern, zumindest aber gedankenlos, aufgreifen.
„Prekärer Artefakt“ – was ist darunter zu verstehen? Ein schwieriges, ein
heikles Produkt oder so? Keine Ahnung. Der Absender weiß es vielleicht selbst
nicht. Klingt aber beeindruckend.
Wenn wir etwas rückschrittlich
finden, dann sagen wir natürlich: das ist „regressiv“. Oder vielleicht doch
nicht? Wenn wir auf etwas zurückgreifen wollen, beispielsweise auf eine
Erfahrung, dann „regredieren“ wir? Aber selbstverständlich. Und wenn wir von
nützlichen Dingen sprechen, dann entscheiden wir uns ohne Frage für
„utilitaristisch“ anstelle von nützlich. Dann versteht man uns wenigstens
nicht, was sehr wichtig sein kann.
Wie schön sind da doch
Wortschöpfungen wie „ruderbare Bedingungen“. Gemeint war: Das Wasser war zu
kabbelig fürs Rudern um eine Olympiamedaille. Oder „Gesprächskanal“. Den, so
meinte – war es Herr Gabriel? – sollte man nützen. Wer eine „lange Leitung“
hat, soll sich keine Gedanken machen. Ich habe es auch nicht begriffen. So
dürfte es auch mit „Zeitverschiebung“ gehen. Wer verschiebt sie? Wie geht das?
Haben wir da etwa wieder einen Schwarzmarkt unseligen Angedenkens? Suche die
Wahrheit – biete zwei Stunden. Könnte doch sein.
Bevor jetzt die Sprachpolizei das
ganze Geschäft mit dem Sprachunsinn kaputt macht, noch dies: Die „gefühlten“
hundert Meter, die „gefühlten“ 40 Grad im Schatten sind nichts anderes als –
richtig: Einbildung. Aber „gefühlt“ ist „in“ und „eingebildet „out“. Keine
Sorge. Das wird sich ändern. Die Mode von vorgestern ist die von morgen. Und
umgekehrt.
Kurzer Sprung zurück zu gestern.
Da habe ich mir einen Bericht über Geheimbünde angesehen. Die Illuminati (die
Erleuchteten), ausgedacht und in Leben gerufen von Adam Weißhaupt in
Ingolstadt, die Rosenkreuzler, ihr Gründer hieß wirklich Rosenkreuz, und dann
die Isiskult-Anhänger. Alles sehr geheimnisvoll. Alles ernst zu nehmen und zugleich
auch lächerlich. Erwachsene, die nie erwachsen geworden sind? Ich will das
nicht behaupten. Aber ist dieser Gedanke so abwegig. Der Wunsch zu einer Elite,
einer gefühlten, pardon, einer eingebildeten, zieht viele Menschen
unwiderstehlich an.
0 Comments:
Kommentar veröffentlichen
<< Home