Mittwoch, August 10, 2016
Bildung, Bildung, Bildung, nichts
ist wichtiger als Bildung, sagen Politiker jeglicher Partei-färbung, nicht
zuletzt auch Frau Merkel. Nur wenn wir klug sind und noch klüger werden, haben
wir eine Zukunft. Das dürfte stimmen. Aber wie sollen wir das schaffen? Die
Politik scheint da keine große Hilfe zu sein. Manchmal stellt sich das Gefühl
ein, dass nicht nur die Millionen Analphaben und die Nur-Fernseh-Konsumenten
bildungsfern sind, sondern die Politiker selbst – auf eine besondere Art. Sie
haben kein Talent, uns Bildung nahe zu bringen. Im Gegenteil: Sie machen es uns
schwer, uns Bildung anzueignen.
Zugegeben: Es werden von Bund,
Ländern und Gemeinden viele Milliarden in Bildung gesteckt. Aber es wird schwer
gemacht, das viele Geld in Erfolg umzusetzen. Der Beitrag „Eine Frage der
Lehre“ von Miriam Gebhardt, DIE ZEIT, 33, 4. August 2016 legt das nahe.
Es geht unter anderem darum, dass
Privatdozenten von den Universitäten nicht bezahlt werden. Tausende
habilitierte Wissenschaftler in Deutschland müssen Vorlesungen umsonst halten.
Wenn sie sich weigern, wird ihnen der Titel PD – Privatdozent – entzogen.
Aber das ist es nicht allein.
Lehrbeauftragte werden als Selbständige angesehen und deshalb mit
Honorarverträgen entlohnt. 20 bis 55 Euro gibt es pro Unterrichtsstunde. In
Wirklichkeit ist es viel weniger, denn die Vor- und Nachbereitungszeiten werden
nicht bezahlt. Es heißt, dass nur die wenigsten den Mindestlohn erzielen. Die
Kosten für Kranken- und Rentenversicherung zahlen sie selbst. Für die
Hochschulen ist das ein gutes Geschäft: „maximale Arbeitskraft zu minimalem
Preis“. Es geht also wieder mal ums Geld. Und das scheint mit der Bildung nicht
viel am Hut zu haben.
Ist eine Lösung in Sicht? „Die
Lehrbeauftragten-Veteranin Linda Guzzetti glaubt deshalb, dass nur eines helfe:
‚Eine Unterrichtsstunde müsste immer gleich viel kosten, egal ob sie von einem
Angestellten oder Lehrbeauftragten
absolviert wird, und zwar inklusive aller Sozialabgeben‘.“
Der radikale Vorschlag von Herrn
Hippler, Vorsitzender der Hochschulrektorenkonferenz (HRK): „ Wenn die
Lehrbeauftragten mal alle gleichzeitig ihren Stift fallen ließen, dann würde
man ganz schnell merken, wie schief das System hängt.“
Es bleibt nicht viel Zuversicht,
dass Politik und Universitäten uns Bildung wirklich nahe bringen können,
jedenfalls nicht so wie bisher. Zum Schluss noch ein Wortspiel. Vielleicht regt
es zum Nachdenken an: Bildungsfern – bildungsnah – gebildet. Ist man als
bildungsnaher Mensch schon gebildet? Vielleicht? Ja? Nein? Und überhaupt: Was
ist Bildung? Vielleicht Herzensbildung? Ich glaube, dieses Wort ist so
einzigartig deutsch wie Kindergarten und German Angst.
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