Donnerstag, August 04, 2016

"Stecker raus"


Sara Weber schreibt unter dieser Überschrift in der (SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG vom 20. Juli:

„Gläubige Juden feiern 25 Stunden in der Woche Sabbat. Sie dürfen in dieser Zeit keine elektrischen Geräte nutzen. Es heißt: „… von Freitagabend bis Samstagnacht ist ein Ruhetag für uns, an dem wir aufhören, schöpferische Arbeit zu verrichten.“ Einen Stuhl zwanzig Mal hochzuheben sei erlaubt, weil keine schöpferische Arbeit. Einleuchtend.

Einen Buchstaben zu schreiben ist nicht erlaubt, „denn ein Buchstabe ist ein Gedanke, ein Bild, ein Symbol und wir dürfen auch kein Feuer oder Licht oder Wärme erzeugen am Sabbat“, sagt Steven Langnas, ehemaliger Gemeinde-rabbiner in München und Mitglied der Orthodoxen Rabbinerkonferenz Deutsch-lands. Smartphone, Ofen und Fernseher – all das geht also nicht. Selbst Hotel-zimmertüren, die nur mit einer Karte geöffnet werden können oder Lichter, die durch einen Bewegungsmelder eingeschaltet werden, sind zu vermeiden.

Das alles geht nicht immer, nicht mal für gläubige Juden. Und so sprießen Spitzfindigkeiten wie Pilze im Wald nach einem warmen Regen. Im Zomet-Institut in der Nähe von Jerusalem bauen Rabbiner, Ingenieure und Programmierer Geräte, die für den Sabbat geeignet sind, zum Beispiel eine Sabbat-Lampe, bei der die Lichtquelle verdeckt statt ausgeschaltet wird.“

Sind das nur Spitzfindigkeiten? Sich darüber lustig zu machen, wäre gemein und zu billig zugleich. Einfach darüber hinweggehen? Geht auch nicht. So viel Verbohrtheit kann sich zu Fanatismus entwickeln. Das wäre gefährlich. Fanatismus und Gewalt sind zwei teuflische Geschwister.

Was ist zu tun? Augen und Ohren aufsperren. Genau hinsehen, genau hinhören. Nachdenken. Herausfinden, was man selbst darüber denkt. Das ist nicht einfach, aber es geht. Und schließlich aufstehen und halt sagen, wenn Fanatiker den Krieg erklären. Auf keinen Fall den Stecker rausziehen. In Verbindung bleiben.