Montag, August 15, 2016
Verehrter Dr. Martin Luther,
der du bist im Himmel, und
Meister des einfachen Wortes,
erbarme dich unser!
Fahre wie ein Blitz aus dem
Reich des verständlichen
Wortes
und tilge die Übel, die
überhand
nehmen.
Stopfe den Möchtegernen
gründlich
das Maul: Denjenigen, die aus
der
einfachsten Technik eine
Technologie
machen. Denen, die keinen
Anstand
verlangen, sondern eine
Anstands-
kultur und alle möglichen
Kulturen
darüber hinaus.
Treibe ihnen die Vergötterung
des
Englischen aus; denn es
schreit wirklich
zum Himmel.
Mit Public Viewing – der öffentlichen
Aufbahrung eines Toten, so
weit das
Englische – bezeichnen sie
hier eine
Fernsehübertragung auf
Riesenbild-
schirmen im Freien. (Ich
weiß, das
gab es damals auf der Wartburg
und
in Worms noch nicht.)
Ob du es auch fertigbringst,
den Wort-
verdrehern, den kleinen und
großen
Schwindlern, das Mundwerk zu
verbieten?
Sie machen aus der
Rüstungsindustrie eine
Verteidigungsindustrie, sie
sprechen von
vorläufiger Endlagerung, und
sagen nicht,
was sie meinen: die endliche
Vorläufigkeit
oder die vorläufige
Endlichkeit?
Bitte verbinde denen die
Augen, die in
Bildern sprechen möchten und
es nicht
können. So ersparst du uns,
dass „Droh-
kulissen erhöht“ werden,
niemand mehr
„die Summen nach oben
deckelt“ (wie
deckelt man sie nach unten?),
und dann
müssten wir auch nicht mehr
lesen, dass
„Der Schutzschirm bei weitem
noch nicht
ausgeschöpft ist“.
Und schließlich: Rufe die zur
Ordnung, die
jeder Mode hinterher rennen.
Bis vor drei
Jahren konzentrierte man sich
auf irgendetwas,
heute fokussiert man sich.
Überhaupt wird
alles und jedes in den Focus
gestellt.
Wenn du ein Zauberer wärst,
würde ich dich
bitten, das Wort Focus jedes
Mal in Lokus zu
verwandeln. Das würde helfen.
Aber du bist Dr. Martin
Luther, und du bist
weit weg. Trotzdem bitte ich
dich um Hilfe.
Vielleicht nützt es.
0 Comments:
Kommentar veröffentlichen
<< Home