Dienstag, November 06, 2012

Wissensdurst

Seit einiger Zeit wird auf Herrn Steinbrück rumgehackt, weil er in kurzer Zeit anderthalb bis zwei Millionen € mit seinen Reden verdient hat. Honorar für eine Rede beispielsweise 25.000,00 €. Jetzt hat man entdeckt, dass auch Herr Gauck, bevor er Bundespräsident wurde, von den Bochumer Stadtwerken für einen Vortrag 25.000,00 € erhalten hat.

Na und? kann ich da nur sagen. Das sind doch peanuts im Vergleich zu Honoraren, die andere Politiker, Politiker der Weltklasse wie Clinton & Co, kassieren. Ich habe daran immer noch nichts auszusetzen. Auch hier gilt das Gesetz von Angebot und Nachfrage. Und doch habe ich das Gefühl, dass hier irgendetwas nicht stimmt. 

Es ist eine ganz einfache Frage, die sich mir in den Nacken gesetzt hat und Antwort verlangt: Sind die Reden das Geld wert? Im Augenblick weiß ich es nicht. Ich will versuchen, das herauszufinden.

Am besten wäre es, wenn ich den Wortlaut der verschiedenen Rede kennte und nicht nur den Titel. Dann könnte ich feststellen, ob sich der Redner in das ihm gestellte Thema wirklich vertieft hat. Hat er das, und hat er das gründlich getan, dann dürfte sein Honorar gerechtfertigt sein.

Vielleicht hat er aber auch mit Versatzstücken gearbeitet, hat das schon einmal Verkaufte noch einmal verkauft, hat sich selbst plagiiert. So reisen Schausteller durch die Lande, und der Erfolg sei ihnen gegönnt. Aber Politiker sind doch keine Schau-steller, höchsten Schauspieler.

Nachdem ich meine Leser und mich selbst auf die Folter gespannt habe: Die Honorare sind nicht so wichtig. Wichtiger sind die Inhalte.  Der Vergleich von 5,
10 oder auch 20 Vorträgen von Herrn X oder Frau Y würde zeigen, dass ehrlich gedacht und gesprochen wurde, oder ob wir es hier mit eine Massenredenhaltung zu tun haben. Die bringt zwar viel Geld wie die Massentierhaltung, ist aber genauso unanständig.

Langer Schreibe kurzer Sinn: Herr Steinbrück sollte außer seinen Honoraren auch den Wortlaut seiner Vorträge bekannt geben. Dann wissen wir, ob er jedes Mal neu gedacht oder nur – ohne Quellenangabe – kopiert hat. Kopien müssten billiger sein als das Original.

Aber es ist eben alles eine Frage von Angebot und Nachfrage. „Große Namen“ schmücken ungemein. Welcher Stadt- und Politiktkämmerer könnte da schon widerstehen?