Montag, November 19, 2012

Der große Schwindel

Ich will nicht ungerecht sein. Vielleicht ist es auch der große Selbstbetrug. Vielleicht reden wir uns selbst alles schön. Ich fürchte aber, es wird auf den großen Schwindel hinauslaufen. Wir werden an der Nase herumgeführt.

Da „ringen“ die Parteien um den Mindestlohn. Der soll erstens der geleisteten Arbeit entsprechen, zweitens so viel Geld bringen, dass man davon ohne besondere Ansprüche, aber mit Anstand, davon leben kann – ohne Unterstützung vor irgend-einer Seite. Für ein auskömmliches, wenn auch bescheidenes, Leben soll die Rente sorgen, in die Arbeitsjahr für Arbeitsjahr eingezahlt wird.

Was passiert? Die einen sind dagegen, weil der Mindestlohn die Unternehmen rui-nieren würde, sagen sie. Die anderen sind dafür, weil sie der Ruin der Unternehmen nicht interessiert, wird behauptet. So einfach ist das und so falsch.

Die Wirklichkeit sieht anders aus, und zwar so:

Ein Unternehmen zahlt Hungerlöhne, von denen niemand leben kann und macht genau deshalb Gewinn. Gut für den Arbeitgeber, schlecht für die Arbeitnehmer. Das sieht natürlich nicht gut aus, ist es auch nicht.

Da mischt sich dann unser Sozialstaat ein und sagt, das würde man denken: so geht das nicht. Und tatsächlich. Genau das sagt unser Sozialstaat.  Dann ist doch alles in Ordnung, oder? Zu früh Hurra geschrieen!

Unser Staat subventioniert unfähige Unternehmen, unfähige Unternehmer. Er müsste sagen: Wenn du nicht in der Lage bist, die Leistung deines Unternehmens zu einem angemessenem Preis zu verkaufen, dann verschwinde vom Markt. Mach dich aus dem Staub.

Ach du liebe Güte! Das geht doch gar nicht. Dann würden doch so und so viele Arbeitsplätze wegfallen. Quatsch.  Das Unternehmen, der Unternehmer, die würden wegfallen, zu leistende Arbeit bliebe. Und die Arbeitnehmer würden zugreifen und arbeiten – für einen Lohn, von dem sie leben können.

Auf den Punkt gebracht:

Unser Sozialstaat traut sich nicht. Lieber subventioniert er die vielen unfähigen Unternehmer. Das kostet Milliarden. Daraus wird nicht mal ein Geheimnis gemacht. Es wird nur so dargestellt, dass niemand diesen Riesenschwindel begreift.

Das ist ja der Gipfel, könnte man sagen. Aber es ist noch schlimmer. „Im Bundestag werden Schreibkräfte, die als Leiharbeiter beschäftigt sind, teilweise zu Niedrig-löhnen beschäftigt. Sie verdienen laut ARD-Magazin „Report Mainz“ so wenig, dass sie ihren Verdienst auf Hartz-IV-Niveau aufstocken müssen.“ (Dumping-Löhne für Schreibkräfte im Bundestag – Spiegel-Online, 13. November 2012, 15:55 Uhr.)

Empörend, aber kein Einzelfall. In Hamburg haben stadteigene Unternehmen Zeitarbeitsfirmen gegründet und dort für Hungerlöhne arbeiten lassen. Die Versuche, das zu unterbinden, scheinen mir halbherzig zu sein.

Wir, wir, wir – wir alle zahlen für diesen Irrsinn! Der Staat zahlt die Zuschüsse? Ja, aber wer ist denn denn Staat? Das sind doch wir. Wir zahlen. Das heißt: Uns wird das Geld  abgenommen, ohne dass wir gefragt werden. Wenn ich das nicht
Schwindel ist!