Montag, November 19, 2012

Anscheinend scheinbar

Die Überschrift hätte auch „Scheinbar anscheinend“ heißen können. Beide Wörter – anscheinend und scheinbar – meinen etwas völlig anderes und werden doch ständig verwechselt.

„Scheinbar haben wir es hier mit Landesverrat zu tun“, sagt, dass der Schein trügt; es geht um alles Mögliche, nur nicht um Landesverrat.

„Anscheinend haben wir es hier mit Landesverrat zu tun“, sagt, dass es sich darum handeln könne, aber sicher sei das nicht, eher eine Vermutung.

Klare Verhältnisse, sollte man meinen. Trotzdem findet die Verwechslung täglich statt, überall. Da hilft nur eins: Genau hinsehen, Schein und sein nicht verwechseln!

Eine Tür weiter gibt es ein anderes Sprachproblem. Da geht es um „fähig“ und „geeignet“.

Wer über bestimmte Fähigkeiten verfügt, könnte auch für bestimmt Aufgaben geeignet sein. Das klingt einleuchtend und erklärt vielleicht, warum „fähig“ und „geeignet“ so oft falsch angewendet werden.

Da ist – um nur ein Beispiel zu nennen – von einem verhandlungsfähigen Gesetz-entwurf die Rede.  Das ist der reine Quatsch. Eine Sache kann nicht fähig sein. Man kann über einen Gesetzentwurf sprechen, kann verhandeln, kann streiten, kann versuchen, zu einem Ergebnis zu kommen, das alle billigen können. Aber mehr geht nicht. Fähig wird der Entwurf nicht werden. Möglicherweise eignet er sich für eine
gemeinsam zu vertretende Lösung.

„Schnell ist die Jugend mit dem Wort“ heißt es. Diesen Vorzug der Jugend scheinen ältere Politikherrschaften für sich in Anspruch zu nehmen: Fähig oder geeignet? Ist doch egal. Mach nicht so ein Gedöns.