Mittwoch, August 22, 2012

Aufgelesenes

Ich weiß, es ist nicht leicht, immer das richtige Wort zu finden. Manche können es nicht, andere wollen es möglicherweise nicht.

Weit verbreitet ist der Hang, etwas einfaches sehr kompliziert auszudrücken. Vielleicht soll damit Eindruck gemacht werden.

Beispiel: „Es gab eine sehr ausgeprägte negative Anomalie in der Eisfläche.“ Einfach gesagt: „Ungewöhnlich viel Eis war verschwunden.“

Was ist unter „ungenutzem Arbeitspotential“ zu verstehen? Gemeint sind Menschen, die, aus welchen Gründen auch immer, lieber mehr arbeiten würden. Aha!

Oft ist von einem „hohen Gut“ oder gar vom „höchsten Gut“ die Schreibe. Man sieht geradezu, wie sich die Pfauenfedern spreizen, wie wichtig sich der Schreiber nimmt. Die Aussage „das ist etwas Wichtiges“ würde in den meisten Fällen genügen.

Wenig überraschend, aber nervend, weil unnötig, ist der offenbar unwiderstehliche Hang zum Englischen. So soll bei aktuellen Kleinstwagenmodellen ein „hoher Lifestylefaktor“ eine wesentliche Rolle spielen. Was könnte damit gemeint sein? Das scheint eine gute Quizfrage zu sein. Die Antwort muss jeder für sich geben, ich kann es nicht.

In dem für den Augenblick letzten Fall kann ich allerdings helfen. Die Arbeitsagen-turen haben eine neue Aufgabe bekommen. Mit einem „Speed dating“ sollen sie helfen, Jugendliche und Firmen schneller zusammenzuführen. (Es geht darum, Ausbildungsplätze zu besetzen.) „Speed dating“ ist nichts anderes als eine Schnell-
vermittlung, ein Schnellverfahren. Was ist denn an diesen Wörtern so schrecklich?

Warum fällt es so schwer, alles eine Nummer kleiner zu machen, ohne Pomp aufzu-treten und die Dinge so einfach und verständlich wie möglich beim Namen zu nennen? Es ist wohl nicht nur die Eitelkeit, sondern häufiger die Bequemlichkeit. Nach dem passenden Wort muss man suchen. Aber wer hat dafür heute schon Zeit?