Sonntag, Juli 29, 2012

Entschuldigung

Mein kleiner Bruder Axel war kein guter Schüler. Später war er dann sehr klug, hatte sich viel Wissen und Können angeeignet. Aber damals? In der Schule im 300-Seelendorf Damm bei Parchim (Pütt) in Mecklenburg?

Alle Klassen wurden in einer Stube unterrichtet. Die Lehrerin hieß Frenzel, war dick und hässlich und grausam. Sie war ein Biest und schnappte zu wie ein Krokodil, wenn sich nur eine Gelegenheit ergab. Und es ergaben sich viele Gelegenheiten.

Mein kleiner Bruder Axel hatte sich, verträumt wie er war, verspätet und kam in die Schule, als der Unterricht schon begonnen hatte. Gut erzogen, wie er war, aber nicht sehr wortgewandt, sagte er mit leiser Stimme zu der dicken und hässlichen und grausamen Lehrerin Frenzel: „Ich entschuldige mich für mein Zuspätkommen.“

So, so, du entschuldigst dich, schwang die Frenzel ihre Schulpeitsche, und machte meinen kleinen Bruder Axel noch kleiner und dünner als er schon war. Das war unglaublich gemein.

Aber die Frenzel hatte recht: Man kann sich nicht entschuldigen. Man kann nur um Entschuldigung bitten. Das ist ein großer Unterschied. Diesen Unterschied können kleine Jungs und Mädchen noch nicht erkennen. Und das sollten wir ihnen zugute halten. Und so war es richtig, als mein kleiner Bruder Axel sagte: „Ich entschuldige mich.“

Dieses Verständnis sollten Erwachsene aber nicht in Anspruch nehmen. Sie tun es aber – unbeschreiblich schamlos. Der folgende Beitrag von SPIEGEL ONLINE vom 27. Juli beweist es. (Leider ist dieser Beitrag nicht erfasst worden.)