Samstag, Juli 14, 2012

Von Wörtern und ihren Tätern

Wörter sind Waffen. Wörter sind Gift. Jedenfalls kann man sie so einsetzen. Für den Mord eines Politikers braucht man keine Pistole. Das richtige Wort im richtigen Augenblick genügt. Eine Erkenntnis, die nicht nur für die Politik gilt.

Natürlich lässt sich mit Wörtern auch Gutes stiften. Aber das ist nicht so aufregend. Die besten Geschäfte lassen sich doch immer wieder mit den schlechten Nachrichten machen: Bad news are good news – ein Mediengesetz, das noch niemand außer Kraft gesetzt hat.

So viel zu den Wörtern. Jetzt zu den Tätern. Da finden sich die unterschiedlichsten Typen:

Wer von Wohlstandsmüll spricht und damit Arbeitslose meint, hat jede Achtung von seinen Mitmenschen verloren. Möglicherweise hatte er sie nie. Der Zyniker.

Der Erfinder des vorläufigen Endlagers für Atommüll ist schon etwas schwieriger einzuordnen. Ist er ein Dummkopf, der sich für besonders klug hält? Wir müssen davon ausgehen. Also: Der Dummkopf. Typ Nummer 2.

Man muss nicht dumm sein, um unserer Sprache Böses anzutun. Faulheit genügt. Fokus ist das angesagte Wort für Mittelpunkt, Brennpunkt, für das Wichtige, das Entscheidende. Im Fokus steht und liegt einfach alles. Der Denkfaule – der Dritte, der sich an unserer Sprache vergeht.

Die Nummer vier: Der Angeber. Alles Einfache ist ihm zu einfach. Aus der Technik macht er Technologie, aus Handwerk eine Wissenschaft. Und aus allem Möglichen und Unmöglichen wird Kultur gemacht.

Dann haben wir die Leute, die Hausmeister Facility Manager nennen (ihn aber wahrscheinlich nicht so hochtrabend bezahlen). Das hat mit der Raumpflegerin angefangen, die früher eine Putzfrau war. Der Dreck war und ist immer der gleiche.
Damals ist dieses „upgrading“ niemandem aufgefallen, zu dumm! Das Großmaul ist unsere Nummer 5.

Nein, damit sind wir noch nicht am Ende. Eine Hand reicht nicht, um alle aufzuzählen.

Dann also: Die Backshop-Leute, die Jungs und Mädels, die zwei Sprachen zu etwas Ungenießbarem zusammenrühren. Zumindest die Engländer werden sich fragen, wieso die Hinterhofläden sich überall finden, nur nicht in den Hinterhöfen. Das wäre die Nummer 6.

Nach der 6 schnell noch die 7: Die Barbaren. Sie sagen gewunken statt gewinkt. Und wenn etwas durchgewinkt wurde – wie neulich das Meldegesetz im Bundestag – dann wurde das selbstverständlich durchgewunken. In einem HEUTE-Journal wurde gleich vier Mal durchgewunken gesagt. Die Damen und Herren vom ZDF sollten sich schämen! – Es heißt zwar stinken, stank, gestunken, aber nicht winken, wank, gewunken. Aber vielleicht hören oder lesen wir demnächst: Sie wank mir zu.

Achtens: Der Duden. Der Duden genehmigt das schwachsinnig falsche gewunken als Alternative zu gewinkt. Von richtigem Deutsch, das der Duden für sich in Anspruch nimmt, kann nicht die Rede sein. Die Duden-Redakteure: Die Scheinheiligen.

Über den scheinheiligen Duden kommen wir mühelos zu Goethe und Schiller. Die schrieben, wie ihnen die Feder gerade gespitzt war. Mal so, mal so. Das hat der Größe ihrer Gedanken und Schriften keinen Abbruch getan. Sie wussten mit der Sprache behutsam umzugehen: Gewunken wäre ihnen nicht aus der Feder geflossen.

Bliebe als die Nummer 9: Political Correctness.  Die politisch Korrekten sind aber doch wohl ein anderes Kapitel. Kann ja bei Gelegenheit geschrieben werden.