Freitag, Mai 12, 2006

Halt! oder halt - ein sprachgeographischer Ausflug

Die drei Buchstaben h-a-l-t können in dieser Zusammensetzung die unterschiedlichste Bedeutung haben. „Halt!“ ist der Befehl, anzuhalten,
„halt“, wie es vor allem in Gesprächen bis zum Unerträglichen oft gesprochen wird, ist nichts anderes als ein Füllwort. „Das sagt man halt so.“ „Das war früher halt so.“
„Das habe ich mir halt gedacht.“ usw. usw. Das geht durch ganz Deutschland, von Ost nach West, von Süd nach Nord.

Dieses von „Süd nach Nord“ hat mich nachdenklich gemacht. Bevor mir jemand Parteilichkeit vorwirft, möchte ich erwähnen, dass meine Geburtsstadt Leipzig ist, dass ich in Dessau, Wiesbaden, Magdeburg, Berlin, in Ostpreussen und in Mecklenburg großgezogen worden bin, auch ein Jahr Wien ist dabei, und nach weiteren Stationen bin ich in Hamburg gestrandet.

Ich bin also überall zu Hause. Meine Vorurteile richten sich demnach gegen alle und jeden oder gegen niemanden – sofern ich Vorurteile habe. Aber ich habe gar keine.
Ich habe nur Fragen.

So frage ich mich, warum das Füllwort „halt“, das aus Süddeutschland stammt, heute auch von Flensburgern so häufig benutzt wird. Reicht Bayern inzwischen bis zur dänischen Grenze? Es schein so zu sein, denn anders ist der Verlust des „norddeutschen“ Füllworts „eben „ gar nicht zu erklären.

„Das sagt man eben so.“ „Das war früher eben so.“ „Das habe ich mir eben gedacht.“ Sagt heute so gut wie niemand.

Zufall oder nicht, mit dem Wochentag vor dem Sonntag verhält es sich genauso.
Was im Norden Deutschlands der Sonnabend war, im Süden aber Samstag, ist heute – mit wenigen Ausnahmen – republikweit „Samstag“.

Natürlich kann man mit diesem Eroberungsfeldzug des Süddeutschen leben, auch wenn es einem nicht gefällt. Aber wie kommt es dazu? Woran liegt das. Warum hat das Wörtchen „halt“ das Wörtchen „eben“ aufgefressen?

Ich behaupte: Uns hat Jahrzehnte die Hauptstadt gefehlt – Berlin. (Bonn war keine).
Die echten Berliner kamen aus Schlesien, aus Ostpreußen, aus Hessen, Bayern, von überall her, sogar aus Russland. Daraus entstand dann erst mal das Berlinerische und dann das Hochdeutsche. Wenn es ginge, sollten wir mal Tucholsky fragen.