Sonntag, April 30, 2006

Nichts hat sich gebessert

Schoolworkerin. Unsere Sprache lebt sich zu Tode.

Unsere Sprache ist so lebendig wie nur irgendwas. Täglich kommen neue Wörter hinzu, andere gehen verloren. Das ist ganz normal. Das war schon immer so.

Und doch ist heute etwas anders. Das Gefühl für unsere Sprache geht immer mehr verloren. Abgebrüht wie wir sind und dementsprechend bedenkenlos greifen wir auf das Englische zurück – und verfälschen es zum Gotterbarmen.

Dabei fängt alles ganz harmlos an. Das Wort Streetworker übernehmen wir anstandslos, vielleicht, weil wir das Wort Sozialarbeiter nicht mögen. (Ein Straßenarbeiter, der die Straße pflastert, ist ja offensichtlich nicht gemeint.)

Von einem Schoolworker (vielleicht der Pedell aus der Feuerzangenbowle?) war bisher nicht die Rede. Aber am 10. März dieses Jahres tauchte das Wort Schoolworkerin auf. Es wurde schwarz auf weiß gedruckt.

Eine Workerin. Etwas ganz neues. Eine Sensation. Eine außerordentliche Erfindung. Ja, wirklich: etwas ganz Neues: Die workerin.

Im Englischen gibt es das weit und breit nicht, nur bei uns. Kreatives Deutschland!


PS: Wie weit es der leichtfertige Umgang mit unserer Sprache gebracht hat? Noch viel weiter als bis zum unverständigen und großenteils unverständlichen Gebrauch des Englischen.

Das fing aber schon im Deutschunterricht an – zugegeben vor ziemlich vielen Jahren.

Da war von Tätigkeits- oder Tuwörtern die Rede, von Selbstlauten und Mitlauten, also Vokalen und Konsonanten. Das ging damals ziemlich durcheinander. : Mal hieß es so, mal anders.

Eigentlich war es so wie es heute ist: Niemand sieht so richtig klar.

So kommen wir zu Goethe und Schiller zurück. Sie schrieben, wie es ihnen passte. Wichtig war, was sie zu sagen hatten. Die Form war nicht so wichtig. Auf ihre Grammatik pfeifen wir, auf das, was sie uns gesagt haben, nicht.

Ganz zum Schluss zum Sprachsumpf, durch den wir uns heute kämpfen müssen:
Überall wird gewunken. In den Zeitungen, den Zeitschriften, im Fernsehen. Versteht denn niemand, wie weh das tut?

Es gibt da in der deutschen Grammatik einen kleinen, aber wichtigen Unterschied, den zwischen starken und schwachen Tätigkeitswörtern (Verben). Das liest sich dann so:

Sinken, sank, gesunken Oder – besser in diesem Fall: Stinken, stank, gestunken. Das ist wie sinken ein starkes Verb. Das kann man sozusagen riechen.

Aber: Winken, wank, gewunken? Ist das richtig? Prüfen wir das mal. Ich winke, ich winkte, ich habe gewinkt, ich werde winken, ich werde gewinkt haben, usw.

Wissen Sie, was mir da einfällt? „Winke, winke, winke winke, mit den Händen, mit den Augen, mit dem Mund.“