Dienstag, Mai 02, 2006

Unsere Hauptwörter legen uns lahm

Hauptwörter sind Substantiva - so hieß es gelegentlich in der Schule, im Grammatikunterricht. Sie sind etwas Substantielles, haben Substanz, Inhalt und Gewicht. Gewicht vor allem wie wir sehen werden - und die damit verbundene Unbeweglichkeit.

Dann haben wir - es gibt noch ganz andere Wortsorten - die Verben, die Tätigkeitswörter. Da tut sich was. Da geht es nicht um Gewicht, sondern um Kraft, um Beweglichkeit.

Aus dieser Mischung von Gewicht und Beweglichkeit, von Schwere und Leichtigkeit bezieht unsere Sprache ihre Kraft und das, was wir sagen und schreiben, seine Überzeugungskraft.

Versuchen wir, uns das ein paar Beispielen klar zu machen:

"Da gibt es noch Handlungsbedarf." = "Da muss noch was getan werden."
"Nach meinem Kenntnisstand..." = "So weit ich weiß..."
"Im Portfolio haben" = anbieten können"

Drei Beispiele von hundert und aberhundert anderen.

Die Aneinanderreihung von Hauptwörtern macht unsere Sprache unbeweglich, schwer und schwerfällig und - undeutlich, unverbindlich und oft genug auch ein wenig oder sogar ein wenig mehr verlogen.

Das Wort Verantwortungsträger will uns weismachen, dass es sich hier um besonders bedeutende Personen handelt. Kann sein. Häufig genug sind es Menschen, die der Verantwortung liebend gern aus dem Weg gehen.

Anders gesagt: "Ich trage dafür die Verantwortung" klingt sehr bedeutend. "Ich verantworte das, ich stehe dafür gerade" macht nicht so viel her, ist aber geradeheraus und unmissverständlich. Das allerdings will offenbar oft genug vermieden werden.