Freitag, August 04, 2017
Herr Schreiber, ein ausreichend
erfolgreicher freier Journalist und Werbe-schriftsteller, stellte eines Tages
fest, dass es aufgrund seines Alters angeraten sei, sich nach mehr Sicherheit
umzusehen, nach einer festen Anstellung.
Wie es ein glücklicher Zufall
wollte, stieß er auf die Möglichkeit, beim Presse- und Informationsamt der
Bundesregierung unterzukommen, nicht von Fall zu Fall, sondern fest angestellt
und auf Dauer. Genau das hatte ihm vorgeschwebt, und es fiel ihm nicht schwer,
eine überzeugende Bewerbung einzuschicken.
Es dauerte nicht lange, und alles
war unter Dach und Fach: die unbefristete Beschäftigung, eine zumutbare
Arbeitszeit, Urlaub, Urlaubs- und Weihnachtsgeld, ein angemessenes Gehalt.
Schreiber, was willst du mehr?!
Jetzt wollte Herr Schreiber nur
noch eins: schreiben. Damit hat er dann auch sofort losgelegt. Worum es ging,
war ihm klar. Die Leistungen der Bundesregierung sollten im besten Licht
dargestellt werden. Da kamen ihm die Erfahrungen als Werbeschriftsteller
zugute. Darum ging es ja auch immer in der Werbung: das Produkt, die
Dienstleistung, das Angebot – alles musste strahlen.
Natürlich, da gab es Grenzen. Zu
voll durfte man den Mund nicht nehmen. Zumindest die Unwahrheit durfte man
nicht sagen. So gut es ging, sorgte dafür das Gesetz gegen unlauteren
Wettbewerb. Noch gefährlicher war es, wenn die Kunden der Sache auf die
Schliche kamen und ein unehrliches Produkt mit Verachtung straften und nicht
mehr kauften. Das war und ist die höchste Strafe, und jeder will sie vermeiden.
Das alles hatte Herr Schreiber im
Kopf, als er seine ersten Texte für das Presse- und Informationsamt der
Bundesregierung schrieb. Damit hatte er kein Glück. Seine Texte wurden
überarbeitet. Sie wurden richtig gestellt. Was er als kleinen Schritt „in die
richtige Richtung“ darstellte (welch entsetzliche Polit-Formel!) sollte als der
Fortschritt, die Lösung, der Durchbruch, zu lesen sein. Wenn nicht Lüge, so
doch an der Wahrheit haarscharf vorbei.
Und nun schreibt Herr Schreiber
nicht mehr, jedenfalls nicht für das Presse- und Informationsamt der
Bundesregierung. In seinem Vertrag war auch eine Probezeit vereinbart. Die hat
er nicht bestanden.
PS: Wie alle Märchen ist auch
dieses Märchen wahr.
0 Comments:
Kommentar veröffentlichen
<< Home