Dienstag, Juli 25, 2017

Politische Sprachakrobatik. Heute schon "getschentschert"?

Politiker beeindrucken uns immer wieder mit den beneidenswertesten Fähigkeiten. Sie wissen immer alles – meist sogar besser. Sie verlieren sich nicht in Kleinigkeiten, sondern haben das große Ganze im Blick, wenn nicht gar im Griff. Die Sprachakrobaten unter ihnen verdienen unsere besondere Achtung, also Hochachtung. Es gelingt ihnen mit wenigen Worten, die Dinge auf den Kopf zu stellen, und keiner merkt es. Sollen wir sie dafür wirklich bewundern? Nein, denn sie reden nicht sich selbst um Kopf und Kragen, sondern uns. Wir müssen die Sache hinterher ausbaden.

Hamburgs Finanzsenator Peter Tschentscher zeigt uns das am Beispiel der HSH Nordbank. Die muss spätestens im nächsten Jahr verkauft werden. Die Aussichten sind nicht gut, und wenn es so läuft, wie zu vermuten ist, könnte die Sache Hamburg und Schleswig-Holstein 10 Milliarden Euro kosten. Warum das so ist (Bad Bank, unverkäufliche Kredite, die Rolle der Sparkassen), ist in dieser Betrachtung nicht wichtig.

Entscheidend dürfte sein, ob die sogenannte Kernbank und die Abbaubank getrennt verkauft werden können. Niemand ist sicher, ob das zulässig ist, ob das geht. Damit endlich zur Wortakrobatik des Herrn Tschentscher.

Als Herr Tschentscher gefragt wurde, ob es denn angesichts dieser Unsicherheit auch einen Plan B gäbe, sagte er: „Rechtlich ist vieles möglich.“ Es gehe immer darum, die ökonomisch sinnvollste Lösung zu finden. „Dann wird man es auch rechtlich abbilden können.“

So also läuft der Hase, den hamburgs Finanzsenator  ins Rennen schickt: Suchen wir erst mal die Lösung, und dann passen wir das Recht dieser Lösung an. Ist das die feine hanseatische Art? Wohl kaum. Ein Beispiel für politische Sprach-akrobatik aber allemal.

Mit Fug und Recht könnten wir hier von „tschentschern“ reden in Anlehnung an „tschintschen“, die nicht ganz astreine Art, etwas zu regeln.


(Quelle: Hamburger Abendblatt, 19. Juli 2017, „Wer trägt die Milliarden-Risiken der HSH?“, Andreas Dey)