Dienstag, Juli 25, 2017
Unsere Sprache verändert sich
ständig. Sie lebt. Sie ist erfinderisch und liebt die Abwechslung. So manches
alte Wort legt sie schon mal beiseite, um es dann doch wieder hervorzukramen,
und um neue Redewendungen ist sie bis heute nicht verlegen. Sie kennt auch
keine Hemmungen, sich mit Genuss das eine oder andere Wort aus fremden Sprachen
einzuverleiben.
Nicht jeder weiß das zu schätzen,
und im hastigen Alltagsgespräch ist die Versuchung groß, sich auch der
abgegriffenen Formeln zu bedienen, so wie wir im Supermarkt schnell in die
Regale greifen. Aber wenn es ums Schreiben geht?
Bei aller Hetze, die eine
Tageszeitung ihren Schreibern diktiert, auch die Wochenzeitungen und Magazine
haben es eilig. Wenig Zeit zu denken und noch weniger Zeit, das richtige Wort
zu finden. Das erklärt den ständigen Griff in die Kiste mit den Wortbausteinen.
Statt Maßarbeit Konfektion. Blaupause ist so ein Wort aus dieser Kiste.
„Als Medienwort ist Blaupause
erst seit den Achtzigerjahren des vorigen Jahrhunderts in Mode gekommen.
Bezeichnenderweise wird es in sämtlichen Ausgaben der ZEIT in den
Fünfzigerjahren nur zweimal benutzt, in den Sechzigerjahren zwölfmal, in den
Siebzigern 21-mal, in den Achtzigern 91-mal, in den Neunzigern 105-mal, in den
Nullerjahren 205-mal und seither bis Mitte 2015 305-mal.“
Je öfter das Wort benutzt wird,
desto weniger hat es mit seiner ursprünglichen Bedeutung zu tun. Mit der
Blaupause war die Kopie eines Originals gemeint, vornehmlich einer
Konstruktionszeichnung.
Ältere Herrschaften erinnern sich
noch daran, dass sie etwas gepaust, abgepaust, durchgepaust haben, von einem
Blatt auf ein anderes. Vielleicht hat Coca Cola mit dem Slogan „Mach mal Pause“
mitgeholfen, die andere Bedeutung in Vergessenheit geraten zu lassen. Aus der
Coca Cola-Pause ist inzwischen chillen geworden. Wie gesagt: die Sprache lebt.
Zurück zum Thema. Natürlich ist
es viel bequemer, Blaupause in die Tasten
zu kloppen statt beispielsweise Plan, Vorlage, Vorbild, oder ein anderes
Wort, das die Sache genau beim Namen nennt.
Natürlich braucht man für das
richtige Wort Zeit. Deshalb ist es für jeden, der schreibt, wichtig, ob
Journalist oder nicht, sich vorher die Zeit zu nehmen, die ihm die tägliche
Arbeit nicht gibt – die Zeit, sich in ruhigen Stunden mit unserer Sprache zu beschäftigen,
ihre Stärken zu nutzen, ihre Schwächen zu vermeiden.
24. 07. 2017
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