Mittwoch, August 09, 2017

Schon radikalisiert?

Radikalisieren ist seit einiger Zeit angesagt. Mal ist die Rede davon, wie Leute radikalisiert werden und mal von denen, die sich selbst radikalisieren. Das ist kein einfaches Thema. Es geht in die Tiefe – radix: die Wurzel.

Wie geht das eigentlich, sich selbst radikalieren? Wie machen wir es, dass wir nur noch eine Lösung kennen und und sie durchsetzen wollen. Rücksichtslos, alles sozusagen mit Stumpf und Stiel ausrotten?

Wir sehen nur noch schwarz oder weiß, Freund oder Feind, gut oder böse. Wir sehen nicht nach links oder rechts, nicht nach vorn, nur noch zurück auf das, was wir nicht wollen, um keinen Preis.

Und wie ist es mit der Radikalisierung anderer? Da gibt es zwei Möglichkeiten. Die erste: Wir brennen so für unsere radikale Ansicht, dass wir dieses Feuer mit allen unseren Mitteln weitertragen wollen, vielleicht sogar das Gefühl haben, das tun zu müssen. Ein gefährliches Spiel.

Die zweite: Wir wollen einfach nur herausfinden, wie weit wir andere Menschen verführen können. Wir wollen uns unsere Überlegenheit beweisen und die anderen mit unserer Stärke beeindrucken. Das ist die teuflische Variante.

Eine ziemlich philosophische Betrachtung? Nein, überhaupt nicht. Es ist nur die Reaktion darauf, dass alle Welt mit dem Begriff Radikalisierung nur so um sich wirft – bis zur Unerträglichkeit.

Weil das Wörtchen radix schon gefallen ist: Mindestens genauso auf die Nerven gehend ist die seit einiger Zeit um sich greifende Unsitte, jeden Menschen irgendwo wurzeln  zu lassen.

Zugegeben: Ohne unser Vorfahren gäbe es uns nicht – Eltern, Großeltern, Urgroßeltern, von Adelsgeschlechtern mal abgesehen – aber ist es nicht beleidigend, wenn unsere Eltern so zu Wurzelzwergen degradiert werden?

Haben wir deutsche Wurzeln oder ganz einfach deutsche Eltern? Und – beispielsweise – unsere türkischen Nachbarn, hier geboren und genauso wie wir hier zu Hause, sind die vielleicht entwurzelt?

Überhaupt: Das Rumgezicke mit Migrationshintergrund usw. Was heißt hier Hintergrund? Haben wir nicht einfache Begriffe, die jeder versteht? Einwanderer, Zuwanderer meinethalben, Flüchtling (ach, dieses verquälte „Flüchtende“ grammatisch und in jeder Hinsicht falsch, so wie das Wörtchen gebraucht,  verbraucht wird.)
Dieses Gezicke haben wir der sogenannten political correctness zu verdanken. Aber wer hat die erfunden? Und mit welchem Recht? Und wer befindet darüber, was korrekt ist und was nicht? Wir sollten uns nicht länger auf der Nase herumtanzen lassen von selbsternannten Tugendwächtern. Es genügt, wenn wir ganz einfach höflich sind.