Donnerstag, Juli 14, 2016

Zwei Welten, zwei Sprachen


Der Jammer wird immer größer, von Jahr zu Jahr, von Tag zu Tag. Politiker klagen, dass wir, das Volk, sie nicht verstehen. Wir dagegen sagen: Die Politiker verstehen uns nicht. Wer hat recht? Beide. Und woran liegt das?

Wir sprechen verschiedene Sprachen. Wörter, die hier dies bedeuten, meinen dort etwas ganz anderes. Das Ganze wird dann mit einer reichlichen Portion Überheblichkeit und einer nicht zu knappen Prise Rechthaberei gewürzt.

Schauen wir uns als Beispiel das Gespräch mit Katarina Barley an,  der SPD-Generalsekretärin, veröffentlicht in JEWISH VOICE FROM GERMANY, Juli 2016:

Gleich zu Anfang der missglückte Versuch, bildhaft zu sprechen. Frau Barley sagt, Malu Dreyer, SPD-Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz, habe einen klaren Kompass. Klarer Kompass? Vielleicht hat sie klare Vorstellungen. Aber mit dem Kompass ist das so eine Sache bei Politikern. Auch starker Kompass kam im Politikersprech schon vor.

Gut, das sind Lappalien. Wenigstens sieht es so aus. In Wirklichkeit ist es mehr. Es zeigt, wie schludrig gedacht und gesprochen wird. Leider sind wir da nicht besser als unsere Politiker. Auch wir schludern.

Das wirklich Schlimme aber ist, dass die Politiker offenbar in einer anderen Welt leben als wir, dass sie anders denken, und dass wir hinter vieles, was sie sagen, ein Fragezeichen setzen sollten.

Katarina Barley, Zitat: „Wir müssen auf die diffusen Ängste in unserer Gesellschaft mit einer positiven, zukunftsgerichteten Vision antworten.“ Sind unsere Ängste wirklich zu undeutlich? Und warum muss auf diese Ängste erst jetzt geantwortet werden?

„Wir müssen deutlich machen, dass in all den Veränderungen, die vielen gerade Angst machen, auch Chancen stecken… die großen Möglichkeiten der Digitalisierung.“ Habe ich Chancen, oder habe ich Angst, wenn mein Arbeitsplatz wegdigitalisiert wird? Frau Barley spricht über das Große Ganze. Sie vergisst, oder hat sie es nie gewusst, dass dieses Große Ganze dem Einzelnen gar nichts nützt? Dass er sich nicht nur allein gelassen fühlt, sondern allein gelassen ist? 

„Wir müssen deutlich machen…“ – dies und jenes und sonst noch was. Dann, liebe Frau Barley, machen Sie es doch!

Zur Frage, der Redakteure „… ist die SPD am besten, wenn sie als Märtyrer auftritt?“: „Die SPD war immer in Zeiten des gesellschaftlichen Wandels stark. Derzeit erleben wir eine solche Situation. Und das ist die Zeit, wo es Sozialdemokratie besonders braucht.“

Wo sieht Katarina Barkley die Stärke der SPD heute? Der kleine Mann auf der Straße sieht davon nichts. Wie auch? Es gibt sie nicht. Die SPD hat mit der Großen Koalition ihre Seele verkauft. Das kann Frau Barley natürlich nicht sagen, selbst wenn sie das erkannt haben sollte.

So lebt sie in einer Parteienwelt, die mit dem Alltag und den Sorgen, die der mit sich bringt, so gut wie nichts zu tun hat.

Als sie vor 22 Jahren, so sagt sie, in die SPD eingetreten ist, konnte sie sich nicht vorstellen, Berufspolitikerin zu werden. Jetzt ist sie eine. Ist Politik ein Beruf? Und wenn ja, wo erlernt man ihn?

Zum Schluss des Gesprächs wird es richtig niedlich. Macht spielt bei Katarina Barley keine Rolle, sagt sie. Im nächsten Satz dann aber doch: „Ich glaube, ich habe da einen sehr weiblichen Ansatz: Nicht Macht um der Macht willen, aber Macht, um etwas verändern zu können.“ Wie selbstlos! Die Welt, durch die rosarote Brille betrachtet. Und was ist zu sehen? Die SPD in Pink, in rosarot – nur nicht rot, wie es sich gehört.