Freitag, April 15, 2016

Ein kleiner Abstecher ins Feld der Sprache


Da wäre zum Beispiel das Thermofenster. Darunter kann man sich durchaus etwas vorstellen. Wahrscheinlich handelt es sich um eine Ausführung, die Kälte oder Hitze von außen nicht in die Zimmer gelangen lässt, bzw. dafür sorgt, dass die Wärme der geheizten Zimmer sich nicht durch die Fenster davonmacht. Alles falsch.

Unter Thermofenster versteht die Automobilindustrie eine elektronische Vorrichtung, die ab  bestimmten Temperaturen (Mercedes: 10º, Opel 17º) die Stickoxydreinigung abschaltet. Das sei natürlich kein Betrug, das sei legal, diese Maßnahme diene nur dem Schutz der Motoren. Der Schutz der Menschen vor Stickoxyden zählt also nicht. Toll, was man mit geschickter Wortwahl alles machen kann!

Ertappt? Kein Problem. Mit den richtigen Worten lässt sich alles richten. Eine der besonders beliebten Floskeln liest sich so: „Selbstverständlich gehen wir auf die Staatsanwaltschaft zu und arbeiten eng mit der Behörde zusammen.“ Eigentlich sollten sich Unternehmen solche dummen Äußerungen verkneifen. Aber in der Not fängt der Teufel Fliegen und schluckt jede Kröte. Bekömmlich ist unbedachter Umgang mit der Sprache nicht, jedenfalls nicht auf Dauer. Von Glaubwürdigkeit kann nicht die Rede sein.

Aus diesen Niederungen nun zum Höchstdeutsch, bevorzugt nicht nur von Juristen, aber sie lieben es, wie die Äußerungen eines Gerichtsººº zeigen. Die Richter mussten sich mit Herrn Böhmermanns Satire (Text oder Gedicht?) befassen. Und was zeichnet Böhmermanns Satire nach Auffasung der Richter aus? Durch „distanzierende Einbettung in einen quasi-edukatorischen Gesamtkontext, um so die Grenzen der Meinungsfreiheit zu verdeutlichen.“ Verstanden? Nee? Dann versuchen wir mal eine Übersetzung.

„Herr Böhmermann wollte die Grenzen der Meinungsfreiheit verdeutlichen. Er hat das sozusagen erzieherisch gemeint.“ Vielleicht geht’s noch besser. Aber verständlich ist es jetzt schon, nicht wahr?

Vergaloppiert. Das passiert offensichtlich auch bildungsnahen, bildungsaffinen, also hochge-bildeten Menschen wie dem Politikwissenschaftler Ulrich von Alemann. Er sagt, dass die Groko, die Große Koalition, zwar handlungsfähig sei, aber sich selbst blockiere. Wie soll das gehen? Wenn ich blockiert bin, dann bin ich nicht handlungsfähig.

Und zum Schluss ein paar Albereien. Wenn ich nicht handlungsfähig bin, dann bin ich unhandlungsfähig – oder? Ach ja, schnell noch die Eckpunktpapiere. Vermutlich sind das Papiere, die vier Ecken haben. Jeder ordentlich geschnittene DIN-Bogen hat sie. Ich habe allerdings den Verdacht, dass sich Eckpunktpapiere vor allem durch Eselsohren auszeichnen. Der häufige und hastige Umgang mit Eckpunktpapieren spricht für diese Vermutung.