Samstag, April 09, 2016

Unsere Sprache, ihre Wörter



Unsere Sprache, ihre Wörter – immer wieder ein Vergnügen, aber oft zum Verzweifeln. Entgegen der Regel „erst die Arbeit, dann das Vergnügen“ fange ich mit dem Vergnügen an, mit der Freude an selten gewordenen Wörtern: Jachtern, ein anderes Wort für dahinjagen, hetzen. Abrackern: Arbeiten bis man fast nicht mehr kann. Flunkern: schwindeln und Fatzke gleich Angeber, jemand, den man nicht ernstnimmt.

Schrecklich dagegen: ADHS = AufmerksamkeitsDefizitHyperaktivitätsstörung. Welch ein Wortungetüm für Menschen, die zappelig sind, sich nicht konzentrieren können, sich selbst und allen anderen auf die Nerven gehen. Früher hat man sie ertragen, heute „sediert“ man sie, stellt sie ruhig mit Medikamenten. Das macht man vor allem mit Kindern. Die stören ja durch die Unruhe, die sie verbreiten.

Wissenschaftszeitvertragsgesetz – ein Wort mit mehr Buchstaben als das Alphabet hat. Da sind vier Begriffe zusammengeklebt worden, die nichts miteinander zu tun haben: Wissenschaft, Zeit, Vertrag und Gesetz. Wer will daraus schlau werden? Soll ich versuchen, das zu erklären? Vielleicht. Aber nicht jetzt.

Zielführend. Wahrscheinlich hat jeder von uns schon einen Blinden gesehen, der von einem Blindenhund geführt wird. Jemandem, der ein Ziel führt, ist noch niemand begegnet. Mit dem schwurbeligen Modewort zielführend ist nichts anderes gemeint als erfolgversprechend.

Asymmetrische Demobilisierung – das ist, wie Stoiber meint – die merkelsche Methode. Ob Herr Stoiber uns das mal erklärt. Lieber nicht. Es kommt bestimmt nur Unsinn dabei heraus.

Was Herr Stoiber meint, ist dies: Frau Merkel hat nach seiner Auffassung den Auffassungen der Unionsparteien die der SPD hinzugefügt, hat alles so zusammengerührt, das jedem politisch interessierten Menschen der Appetit vergangen ist.

Unerklärt bleibt das „Asymmetrische“. Hinter diesem Modewort verstecken sich alle, die beleidigt sind, weil man ihre Spielregeln nicht anerkennt. So ist immer wieder von asymmetrischen Kriegen die Rede, immer dann, wenn einer hochgerüsteten Macht kleine, kaum fassbare Einheiten gegenüberstehen. Die Großen kommen mit den Kleinen nicht zurecht. Sie wollen nicht begreifen, dass schon David Goliath besiegt hat.

Zum Schluss noch für heute: Hotspot. Ein Brennpunkt? Vielleicht. Ist wahrscheinlich nicht ganz verkehrt. Ursprünglich war etwas anderes gemeint, etwas aus der digitalen Welt: die Möglichkeit, sich an öffentlich zugänglichen Orten ins Internet einzu-schalten, einzu-loggen („öffentliche drahtlose Zugriffspunkte“).

Inzwischen hat das Wort eine ganz andere Bedeutung bekommen. Es ist die oifemistische = euphemistische = schönfärberische Bezeichnung von Lagern, in denen Flüchtlinge für einige Zeit untergebracht werden – ob sie wollen oder nicht. Also doch ein Brennpunkt, im Politikersprech ein sozialer Brennpunkt. Ein Thema, das uns auf den Nägeln brennt?