Montag, November 23, 2015

Wir gendern

Wir gendern, wir gendern, von einem Wort zum ändern – dies zur Einleitung und in Abwandlung des Kinderliedes „Wir wandern, wir wandern, von einem Ort zu andern. Spaß muss sein. Aber jetzt beiseite damit. Hin zum Schindluder, das mit unserer Sprache jeden Tag getrieben wird. Welche Blüten das treibt, führt BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN auf dem Parteitag in Halle vor, der wohl heute, am 22. November 2015 zu Ende geht.

Da ist die „geschlechtergerechte Sprache“ tatsächlich ein Tagesordnungspunkt. Wenn von „Ärzten“, „Anwälten“ und „Experten“ die Rede ist, „fördert das indirekt die Vorstellung, nur Männer seien gemeint. Das kann in Perzeptionsstudien nachgewiesen werden.“ Perzeptionsstudien! Gibt’s nicht was anderes zu studieren?

Jedenfalls ist in einem Leitfaden notiert, „wie wir geschlechtergerecht formulieren.“ Wir gendern, indem wir im Regelfall den Gender-Star verwenden (Bürger*innen, Student*innen…). Schriftlich geht das ja noch – aber muss beim Sprechen der „Gender-Stern“ mitgesprochen werden?

Gegendert wird auch, indem nicht nur die Bürger usw., sondern auch die Bürgerinnen erwähnt werden. Da stellt sich immer wieder als sehr umständlich heraus, als unnötig – genauer gesagt.

Und dann das Partizip präsens. Das macht aus Studenten und Studentinnen Studierende. Glücklicherweise kommt mir hier Roland Kaehlbrandt zuhilfe mit seinem Aufsatz „Aber Halloo, das ist kein Thema“ – Cicero, Ausgabe Dezember 2015. Er notiert dort:

„Genau genommen sind nicht alle Studierenden auch Studentinnen und Studenten, und natürlich sind umgekehrt leider nicht alle Studentinnen und Studenten auch Studierende. Das Partizip Präsens bezeichnet eine gerade im Vollzug befindliche Tätigkeit, ein Studierender studiert in diesem Moment – im Unterschied zur Substantivierung… Schulen sprechen von ‚Lehrenden‘, in Volkshochschulen gibt es ’Kursteilnehmende‘, Unternehmen laden zum ‚Mitarbeitendenjahresendgespräch‘.“ Noch mehr Unfug  ist kaum vorstellbar.

Und noch ein kleines Glück obendrauf: Zwei GRÜNE, Karsten Böttjer und Fischer Thomas M, sind mit diesem Antrag nicht einverstanden. Den Vogel schießt dabei Karsten Böttjer ab.

Ich zitiere: „Eine Landesvorsitzende hielt mal eine 20-minütige perfekt gegenderte Rede bei einer LDK, die sie sicherlich gut vorbereitet hat. Im Begrüßungsteil jedoch lobte sie frei sprechend ledig die BÜRGER für den tollen Veranstaltungsort und die fleißigen ARCHITEKTEN für die Gestaltung der Halle.“

Bei allem Respekt vor den gendersprechbesessenen GRÜNEN: An die Arbeitsgemeinschaft Feministisches Sprachhandeln von Lann Hornheidt an der Humboldt-Universität Berlin, kommen sie nicht heran. Da geht es um mehr, nicht nur den Gender-Stern, sondern auch den Gender-Unterstrich, das Gender-X und weiß der Teufel was. Ach ja, da das „er“ bei Koffer oder Computer männlich ist, hätten sie lieber Koffa und Computa. Bestimmt heißt die Sangrita-Strandsause „Ballermann“ auf Mallorca bei diesen Damen auch „Ballamann“. Schließlich saufen da nicht nur die Männa, sondern auch die Weiba aus den Eiman. Oh, ich glaube, hier bin ich zu weit gegangen. Das „a“ beim Plural ist wohl nicht korrekt. Aber bessa ein „a“ zu viel als eins zu wenig.

PS: Für die SprachGEWALT der Humboldt-Damen spricht das von ihnen erfundene Donnerwort UNHINTERFRAGBARKEIT. In diesem Zirkel scheinen sich übersteigertes Selbstbewusstsein und ein unbesiegbares Minderwer-tigkeitsgefühl aufs Innigste zu vermischen. Dass der Mensch Hornscheidt sich weder als Mann noch als Frau sieht, ob irgendwo dazwischen oder mal so mal so, ist eine ganz persönliche Sache, in die sich niemand einmischen sollte. So ist es auch zu akzeptieren, dass der Mensch Hornscheidt seinen von der Eltern einmal gegebenen Vornamen durch einen Kunstnamen ersetzt hat: „Lann“.

Ein kleines Anhängsel noch: Was ist ein Wahlpflichtkurs? (Hamburger Abendblatt Kreis Pinneberg, 19. November 2015).