Mittwoch, November 04, 2015

Nicht mehr allein

Wohin du siehst, wohin du hörst, überall wird Schindluder mit unserer Sprache getrieben. Du schreibst hierhin und dahin, bittest, sorgfältiger zu sprechen und zu schreiben, und alles scheint vergebens zu sein. Fehler über Fehler, jeden Tag mehr, den alten werden mit Fleiß neue hinzugefügt.

Du fühlst dich verlassen, verloren im Kampf gegen diese Schlamperei, diese Schindluderei. Und dann begegnet dir „Die Rettung der Kritik“ – Literarische Welt, 31. Oktober 2015, von Sigrid Löffler mit ihrer Laudation auf Daniela Strigl.
Frau Löffler zitiert Strigl:

„Die Sehnsucht nach der Erfrischung im Jungbrunnen der Literatur ergibt sich nicht zuletzt aus dem Versagen des Journalismus. Der Journalismus ist inzwischen so vordringlich mit dem eigenen Überleben beschäftigt, dass er Probleme der Sprache als Luxusprobleme begreift. Gegenüber Fragen des Stils, aber auch banalen Grammatik- und Rechtschreibfehlern herrscht eine lähmende Gleichgültigkeit. Nichts ist wirklich peinlich. Der schreibenden Zunft ist die Zunftehre abhanden gekommen. Sichtbar wir dies in einer kollektiven Kapitulation vor der Phrase, dem Modewort, dem Jargon. Denn die sprachliche Uniformierung ist ein Sympton für den Verzicht auf eigene Denkarbeit. Dort, wo man sich selber nichts denkt, übernimmt man das Vorgedachte, das heißt: das von der Macht einem Zugedachte. In diesem Sinne ist Sprachkritik demokratische Geistesschärfung.“

Seit ich das gelesen habe, fühle ich mich mit meinen kritischen Blicken auf den Umgang mit unserer Sprache nicht mehr allein.  02. 11. 2015