Mittwoch, Oktober 21, 2015

Horribile dictu

„Es ist furchtbar, dies sagen zu müssen.“ Weil ich 1947 und 1948 in der Oberschule sehr viel Russischunterrricht hatte, aber nur ein paar Stunden Latein, musste ich erst mal nachsehen, was die beiden lateinischen Wörter sagen, für die wir sage und schreibe sieben Wörter brauchen. So, nun weiß ich es.

Allerdings frage ich mich, was horribile dictu in einer Tageszeitung für Hinz und Kunz, also HAMBURGER ABENDBLATT  oder DIE WELT oder die FAZ, zu suchen hat. Als Nichtlateiner behaupte ich – horrible dictu! – da spielt sich einer auf, spielt den Pfau und gibt mir zu verstehen, wie dumm, wie ungebildet, ja bildungsfern, ich bin.

Der Duden, dem meine Liebe nun wirklich nicht gehört, hat für diese Art sich auszudrücken ein passendes Wort gefunden: „bildungssprachlich“.

Wie schrecklich diese bildungssprachliche Ausdrucksweise ist, zeigt beispielsweise das Unwort Fokus, fokussieren. Die Deutsche Bank will sich fokussieren, heißt es im HAMBURGER ABENDBLATT vom 20. Oktober. Wie fokussiert man sich selbst? Keine Ahnung, und die Bank weiß es wohl auch nicht.

Nett auch die Aussage von Herrn Achleitner, Aufsichtsratschef der Deutschen Bank, zur Reorganisation der Bank: „Das geht nicht ohne Härten einher.“ Einher? Es geht nicht ohne Härten, Herr Achleitner. Das ist doch das, was Sie meinen.

So geht das im Politiker- und Managerdeutsch munter weiter. Da ist von Wirkmächtigkeit die Rede. Ein „unmögliches“ Wort, das erst 2006 im Duden seine Heimat gefunden hat. Bis dahin war es üblich, von starker Wirkung zu sprechen. Aber das war zu unauffällig, zu normal. Wirkmächtigkeit ist wie Technologie, dem Zauberwort, hinter dem sich in der Regel nichts anderes als Technik verbirgt.