Sonntag, September 06, 2015

Sprachpflege

Die Sprache ist wie ein Garten. Sie ist lebendig. So wie im Garten wächst auch in der Sprache so Allerlei, blüht und verblüht, zeigt seine ganze natürliche Schönheit, bringt Neues hervor, lässt Altes verdorren, und so manches ist im Garten wie in der Sprache unerwünscht, weil es das Schöne überwuchert und unterdrückt. Da ist der Gärtner gefragt, hier wie da.

Heute soll nicht gleich zu grobem Werkzeug gegriffen werden, einige Fingerzeige im Sprachgarten sollen genügen. Jeder mag dann sehen, wie er damit umgeht.

Es mag sein, dass sich unter einem Amtsvormund die meisten Menschen einen Mann vorstellen, aber dass der Amtsvormund auch eine Frau sein kann (dass die Amtsvormundschaft auch von einer Frau ausgeübt werden kann und ausgeübt wird), wissen inzwischen viele, und es werden immer mehr. Da fragt es sich, ob Amtsvormünderin (neulich zu lesen im Hamburger Abendblatt) nicht zu den Blüten in unserem Sprachgarten gehört, die eher unwillkommen sind.

Was sonst noch in diesen Tagen bei der Lektüre der Zeitungen auffiel? Da wäre das Wörtchen Lernstandsentwicklungsgespräch, ein typisch deutsches Sprachge-wächs. Ein Gespräch, in dem ein Lernstand entwickelt wird? Und was ist ein Lernstand? Etwa eine Sprachfrittenbude?  In unserer Sprache sollte uns nicht alles Wurst sein.

Mit dem Wort Zeitraum können wir gut umgehen. Mit dem Zeitfenster ist es schwieriger, aber es plappert sich so leicht dahin, ist vermeintlich bildhaft. Wirklich?  Fenster kann man öffnen, schließen, man kann sie putzen – aber verpassen? Ein Zeitfenster verpassen? Ein Politiker warnte neulich davor. Wer von uns hat schon mal ein Fenster verpasst? Schon mal ausprobiert? Nicht auzudenken, wenn jemand auf den Gedanken kommt, die Scheibe eines Zeitfensters einzuschlagen. Das dürfte zu einem Scherbengericht sondergleichen führen.

Kritischer wird es, wenn Mietpreise nicht mehr verlangt, sondern aufgerufen werden. Aufrufen statt verlangen. Aufrufen statt fordern. Schon mal von politischer Korrektheit gehört?

Noch einmal zurück zum Sprachgarten. Muss wirklich jedes ausländische Pflänzlein hinein? Vieles ist eine Bereicherung, noch mehr ist überflüssig und störend, weil es einfache deutsche Wörter überwuchert, bis sie einem nicht mehr einfallen. (Wie haben wir das denn früher genannt?) Foodtruck ist so ein Wort. Glücklicherweise wurde Imbisswagen gleich mitgeliefert. Wie wir sehen: Es geht doch.