Dienstag, August 25, 2015

Denn sie wissen nicht, wovon sie reden

Von „überall“ kommen sie zu uns – auf der Flucht vor Krieg, vor Gewalt, vor Armut. Sie suchen Sicherheit, Arbeit, ein menschenwürdiges Leben. Und sie hoffen, es bei uns in Deutschland zu finden. Sie alle wissen wovon sie reden. Nur wir scheinen es nicht zu wissen, wollen es vielleicht auch gar nicht -  wie unsere Politiker, die nicht klüger sind als wir, aber so tun als ob.

Ich bleibe mal bei den Politikern und dem, was sie sagen. Schließlich legen sie großen Wert darauf, dass wir erfahren, was sie denken. Hier einige „Kostproben“:

„De Maizière warnt vor wachsendem Hass. Der Bundesminister verurteilt wie andere Politiker die rechtsradikalen Krawalle im sächsischen Heidenau. Vizekanzler Gabriel sieht Bund gefordert.“ Na und? Was heißt das? Erst mal gar nichts.

Bundesjustizminister Heiko Mass: „Wir dürfen niemals tolerieren, dass Menschen in unserem Land bedroht oder angegriffen werden.“ Na und? Das war doch immer wieder so und setzt sich fort.

Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU): „Bei Fremdenfeindlichkeit gilt in Sachsen null Toleranz.“ Zumindest ein Selbstbetrug und der Versuch, uns für dumm zu verkaufen.  (Quelle: Hamburger Abendblatt 24. 08. 2015)

„Merkel verurteilt Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte“ (SPIEGEL ONLINE  24. August 2015). Alles andere wäre auch nicht zu verstehen.  Eine Selbstver-ständlichkeit also – und doch eine Meldung wert?

„Merkel schweigt“. Eine Flüchtlingsunterkunft soll sie noch nicht besucht haben. Na und? Das würde ja auch nichts ändern.

Zusammengefasst: Die Empörung ist groß. Die Drohungen sind gewaltig. Getan wird so gut wie nichts, und wenn, dann zu spät. Das Schweigen der Frau Merkel spricht Bände: Alles schrecklich, aber doch nicht kanzlerinnenwichtig. Mag sein, dass der Dame das alles noch um die Ohren fliegt. Aber Schadenfreude ist dann nicht angesagt. Dann sitzen wir alle in der Tinte.

Irgendetwas ist schief gelaufen und läuft immer noch schief, und niemand scheint bereit zu sein, die Sache wieder ins Lot zu stellen, schlicht und einfach gerade.

Es war und ist leichtfertig, die Flüchtlinge als Bereicherung zu bezeichnen. Das ist Wunschdenken. So färbt man sich eine graue Welt bunt.

Flüchtlinge als Bereicherung? Das ist doch Unsinn! Wer will mir das einreden? Die stellen Ansprüche, und ich soll dafür bezahlen?  Nein, danke. Diese Ansicht, diese Einstellung ist nicht neu. Es gab sie schon immer und überall. In Deutschland zuletzt in den ersten Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg.

„Die zwölf Millionen aus dem Osten“ waren alles andere als willkommen – von Ausnahmen abgesehen. Bereicherung? Die fressen uns die Haare vom Kopf. Jeder Polacke war Gutsbesitzer usw. usw.  Meine Mutter musste betteln gehen, um uns drei Kinder satt zu bekommen. Das gelang nicht immer. So war das damals.  Und heute?

Natürlich waren „Die zwölf Millionen aus dem Osten“ eine Bereicherung. Das hat sich aber erst später herausgestellt. Zuerst machten sie Angst.

Und so ist das heute. Die Flüchtlinge machen Angst. Und wenn dann die Politik von Bereicherung spricht, dann spuckt man Gift und Galle. Wollen wir das den Verängstigten übelnehmen?

Warum ist „die Politik“ zu feige, um die Dinge beim Namen zu nennen? Warum spricht sie nicht erst von den Sorgen und Befürchtungen und erst dann von dem Lohn, der winkt?
24. 08. 2015