Mittwoch, August 19, 2015

Hin- und hergerissen

Am 3. August brachte SPIEGEL ONLINE einen Beitrag mit dem Titel „Uno will bis 2030 Armut und Hunger besiegen“

„Die Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen haben sich auf neue Entwicklungsziele für das Jahr 2030 verständigt. Die Delegierten aus 193 Ländern beschlossen in New York einen etwa 30-seitigen Aktionsplan…

Die wichtigsten Punkte:

Hunger und Armut sollen überall auf der Welt beseitigt werden. Armut betrifft derzeit ein Milliarde Menschen, die mit weniger als 1,25 Dollar pro Tag auskommen müssen. Die meisten von ihnen leben in Afrika und in Asien.

Zudem soll das Wasserproblem gelöst und allen Menschen Zugang zu sauberem Wasser und einer vernünftigen Toilette garantiert werden.

Überall auf der Erde sollen Jungen und Mädchen eine kostenlose Grundschulbildung erhalten.

Eine Benachteiligung von Frauen und Mädchen soll es nicht mehr geben.

Jeder Mensch soll Zugang zu verlässlicher, umweltschonender Energie bekommen.

Die Ozean sollen umsichtig genutzt und das Klima geschützt werden.

Es soll eine weiter Industrialisierung, aber in ‚nachhaltiger’ Form geben.

Die Ziele sollen ab dem 1. Januar 2016 gelten. Ihre Umsetzung ist freiwillig und jeder Staat entscheidet selbst über die Maßnahmen…“

Das alles klingt zu schön, um wahr zu werden; denn das kleine Wörtchen freiwillig lässt befürchten, dass das Meiste ein schöner Traum bleiben wird.

Trotzdem bleibt ein Fünkchen Hoffnung, aber nur ein Fünkchen. 2000 hatten Politiker aus aller Welt die „Millenium Development Goals“ verabschiedet. Innerhalb von 15 Jahren sollte die Zahl der Hungernden halbiert werden, jedes Kind eine Grundschulbildung bekommen, die Kindersterblichkeit um zwei Drittel gesenkt und Frauen und Mädchen gleichberechtigt werden.

Die Ergebnisse? Die Zahl der Menschen, die am Tag mit 1,25 Dollar auskommen müssen hat sich der Uno zufolge in den letzten 25 Jahren mehr als halbiert. Die Kindersterblichkeit fiel ebenfalls um etwas mehr als die Hälfte – angestrebtt waren zwei Drittel… Die Müttersterblichkeit sank um 45 Prozent. Bessere Prävention und Betreuung hätten den Tod von 6,2 Millionen Menschen durch Malaria und 37 Millionen durch Tuberkulose verhindert. Auch bei der Beteiligung von Mädchen und Frauen seien ‚dramatische’ Fortschritte gemacht worden.“

Es hat also Fortschritte gegeben. Dürfen wir deshalb zuversichtlich sein? Der Unterschied zwischen gutem Willen und guter Tat ist zu groß. Vieles, was als Erfolg gemeldet wird, ist nicht nachzuprüfen, sieht oft nach Schönfärberei aus.

Wie berechtigt dieser Vorbehalt ist, sagt klipp und klar ein Warnung des WWF. „WWF warnt: Die Menschheit lebt über ihre Verhältnisse. Für dieses Jahr (2015) sind die natürlichen Ressourcen aufgebraucht. Bis Jahresende betreiben wir Raubbau. (Quelle: Hamburger Abendblatt)

Entmutigend auch der Hamburger Abendblatt-Artikel „Atomüll-Endlagerung erst 2100“ vom 13. August. Das Abendblatt berichtet von einem Gespräch mit Barbara Hendricks, Bundesumweltministerin. Die Dame ist die Ruhe selbst. Síe hat sich offensichtlich damit abgefunden, dass alles seine Zeit braucht – nicht für die praktischen Dinge, sondern für die Verwaltung, die Planung, die Nocheinmalplanung, die Einwände, die Bedenken, die Widerstände der Industrie und ihrer Helfer in der Politik. Wie schnell waren wir beim Aufbau der Atomkraftwerke, der Atom-wirtschaft. Und jetzt: ein Bremsweg ohne Ende.

Aber worüber rege ich mich auf? Bis zum Jahr 2100 sind es ja nur 85 Jahre. Ein Nichts gegen die Jahrhunderte, die uns unsere atomare Hinterlassenschaft noch anstrahlen wird.

Hier große Ziele, dort kleine Fortschritte. Und wo Ungeduld angebracht wäre, eine Engelsgeduld. So ist man hin- und hergerissen.
18. 08. 2015