Sonntag, August 09, 2015

Koch und Kellner

Die Rollenverteilung ist klar: Was der eine kocht, muss der andere servieren. So verstand Gerhard Schröder als Bundeskanzler sein Verhältnis zu seinem Vize Joschka Fischer. Das klang lustig, war aber  ernst gemeint. Es war die Wirklichkeit.

Wenn wir fünfe gerade sein lassen, ist das eine harmlose Geschichte. Da haben sich zwei Politiker arrangiert. Es bleibt sozusagen in der Familie. Eine kleine Szene auf der Politbühne, nicht mehr.

Anders ist es, wenn Koch und Kellner die wirklich große Bühne betreten. Die nächste Show wird gerade vorbereitet, die Wahl des nächsten US-Präsidenten. Ist sie so wichtig, dass man sich Gedanken darüber machen muss? 

Na ja. Die USA gelten vielen immer noch als demokratisches Vorbild weltweit, obgleich es nicht immer sehr weit damit her ist. Wirklich ein Vorbild? 

Zweifel sind mehr als berechtigt. Von Vorbild kann nicht die Rede sein, schon lange nicht mehr. Schon bei der Auswahl des Kochs, der in Wirklichkeit der Kellner sein wird, zeigt sich, dass Geld die Welt regiert und nicht der gute Wille.

Der Präsident der USA wird im Allgemeinen als Koch dargestellt, sieht sich selbst vielleicht auch so. Tatsächlich ist er der Kellner, der auftischen muss, was in der Küche angerichtet wird. Und wer steht in der Küche?

Da haben wir zurzeit den Milliardär Trump und die Koch-Industries*-Brüder Charles G. Koch und David H. Koch, ebenfalls Milliardäre Sie sind bereit, Milliarden in den Wahlkampf um die nächste US-Präsidentschaft zu stecken, und sie werden es tun. Sie vertreten den Kapitalismus in seiner bösesten menschenverachtenden Form und machen kein Hehl daraus. Das Ganze würzen sie nicht zu knapp mit übelstem Rassismus. Ihre Küchenjungen sind die Teaparty-Leute. Ein vielversprechendes Team. Ein Team, das man fürchten muss, weil es so tückisch vorgeht – einerseits ganz ungeniert öffentlich, andererseits in der Finsternis des Lobbyismus so gut wie unsichtbar.

Sobald sie ihren Kellner, ihren Präsidentschaftskandidaten, zum Koch ernannt haben, und der Präsident den Bürgern serviert, was sie angerichtet haben, verschwinden sie aus der Küche und setzen sich an die Tische, um das Ergebnis ihrer Arbeit zu genießen. Sie werden darauf achten, dass ihr als Koch verkleideter Kellner ihre Erwartungen erfüllt.

Ist das wirklich Demokratie? Und wie sieht es bei uns in Deutschland aus? Genauso? Ich glaube, nicht. Auch bei uns werden Unsummen ausgegeben, um die Interessen bestimmter Gruppen durchzusetzen, Gelder, die hauptsächlich von Unternehmern, Unternehmen, Interessenverbänden gespendet werden. Auch hier geht es vor allem darum, vorhandenen Reichtum zu fördern, dem Kapital sein vermeintliches Recht zu sichern und sonst nur das Allernotwendigste zu tun.

Vorbildliches ist im Augenblick nirgendwo zu sehen. Brauchen wir überhaupt Vorbilder? Demokratie ist in Europa doch kein Fremdwort. Vielleicht sollten wir uns auf uns selbst besinnen, auf unsere Ideen von Demokratie.  *Koch-Industries ist einer der größten international aktiven Konzerne. 08. 08. 2015